Ein kürzlich im Fachjournal "Nature Ecology & Evolution" veröffentlichter Bericht zum Insektensterben sorgt aktuell für viel Aufregung im Netz.
Eine Forschergruppe der University of Georgia um den Biologen Michael Crossley hat in einer Metastudie zur Entwicklung der Insektenbestände in den USA kein massives Insektensterben nachweisen können. Im Gegenteil: Schwankungen in Artenvielfalt und Indivuenmenge höben sich gegeneinander auf, so die Ergebnisse der Metastudie.
Forscherteam: Rückgänge und Anstiege heben einander auf
Die Wissenschaftler hatten die Langzeitdaten (ausgewertet wurden Zeiträume zwischen vier und 36 Jahren) von mehreren Beobachtungsstandorten in den USA zusammengefasst.
Die Regionen seien dabei so ausgewählt worden, dass möglichst viele verschiedene Lebensraumtypen einbezogen waren. Dazu gehörten sowohl urbane Räume wie die Großstädte Phoenix (Arizona) und Baltimore (Maryland), als auch landwirtschaftlich intensiv genutzte und naturnahe Flächen.
Im Ergebnis, so das Forscherteam, habe man zwar örtliche Veränderungen feststellen können. Allerdings seien lokale Rückgänge an Arten und Individuen ausgeglichen worden durch Anstiege an anderer Stelle. Weitere Untersuchungen seien jedoch notwendig.
Zweifel an der Auswahl der Einzelstudien
Aus Deutschland regen sich allerdings Zweifel an der Aussagekraft der Studie. Laut Spiegel online stoßen vor allem die Auswahl und die Vergleichbarkeit der einzelnen Datensätze auf Kritik.
Man habe, so Christoph Scherber vom Institut für Landschaftsökologie an der Universität Münster, alles zusammengekratzt, "was irgendwie nach Insekt" klinge. Einbezogen wurden laut Scherber "Mückenlarven, Krabbengänge, Heuschrecken in Keschern, Zecken auf dem Arm, Flusskrebse, Stadtmoskitos und Insekten unter Steinen in Fließgewässern", deren Häufigkeiten zudem nach ganz verschiedenen Methoden und Kriterien erfasst und ausgewertet worden seien.
Mücken und Läuse statt Falter und Bienen
Tatsächlich fällt auf, dass unter den 22 beispielhaft im "Nature"-Artikel aufgeführten untersuchten Species nirgends Schmetterlinge, Falter, Schwebfliegen oder Wildbienen – also die klassischen Bestäuber – erwähnt werden. Dafür drehen sich die Studien in großem Umfang um Blattläuse, Ameisen, Grashüpfer und Zecken.
Allerdings werden in einigen Fällen auch nur ganz allgemein "Gliederfüßer" erwähnt, was theoretisch alle Arten von Insekten einschließt.
Europäische Studie widerspricht den Ergebnissen
Auch hierzulande haben Forscher gerade eine Metastudie veröffentlicht, nach der das weltweite Insektensterben zwar je nach Region deutlich differiert, Nordamerika aber bei den Rückgängen unangeschlagen an der Spitze steht und bis zu 50 Prozent des globalen Biomasseverlustes (Einzelarten wurden in dieser Studie nicht untersucht) zu verbuchen hat.
Im Interview mit agrarheute erklärt Studienleiter Dr. Roel van Klink, woran das seiner Meinung nach liegen könnte.
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