Die Magere Flachland-Mähwiese ist ein besonderes Biotop; artenreich und weit verbreitet in Deutschland. Doch dieser Typ mit seiner Flora und Fauna ist quasi überall auf dem Rückzug. Sein Erhaltungszustand ist laut Bundesamt für Naturschutz schlecht mit Tendenz zu mies. Wieder einmal liegt das an der Landwirtschaft. Vermeintlich. Doch an diesem Stück Grünland lässt sich die ganze Schwierigkeit in Diskussionen um Naturschutz und Verantwortung zeigen.
Kulturland hat Artenvielfalt geschaffen
Die Kritik ist schnell erzählt. Die Flachland-Mähwiese verschwindet, weil Landwirte zu viel düngen, zu viel und zu früh mähen. Das Beste wäre, wenn solches Grünland extensiv genutzt würde, inklusive später Mahd. Spannend ist es, sich anzuschauen, wie es zu dem heutigen Stand gekommen ist.
Viele und frühe Mahdtermine
Ursprünglich gehören die mageren Flachland-Mähwiesen zu den Kulturlandschaften. Wie die Heide, Streuobstflächen oder auch Steinbrüche. Das heißt, erst der Mensch und seine Nutzung haben diese Lebensräume hervorgebracht.
Weil der Mensch im Fall das Wiese sie generationenlang so bewirtschaftet hat, kam die einzigartige Artenmischung heraus. Das war auch gut. Heute sind die Zeiten anders. Heute mäht der Landwirt nicht erst Ende Juni, Anfang Juli, sondern bereits im zeitigen Mai. Das heißt aber auch, dass es manche Blumen gar nicht schaffen, Samen zu bilden. Zudem ist es mit einem Schnitt nicht getan. Zwei ist eher das Minimum, bis zu fünf nicht ungewöhnlich.
Düngung der Wiese heute Standard
Das Gras nimmt das Mähen nicht übel. Es gedeiht noch besser, wenn es ausreichend mit Nährstoffen versorgt ist. Da bietet sich Wirtschaftsdünger an. Die Stickstoffgaben helfen, dass auch bei mehrfacher Mahd noch etwas vom Grünland zu ernten ist. Nach der Düngeverordnung sind das über die Gülle 170 Kilogramm Stickstoff pro Hektar und Jahr. Einige Gräser vertragen das gut, aber viele der Wildblumen verlieren dadurch in der Konkurrenz.
Nicht jedes Heu macht Rinder satt
Die Bedürfnisse der Blumen kollidieren mit den Zwängen einer modernen Landwirtschaft. Das muss man nicht gut finden. Doch für viele Landwirte ist das Düngen alternativlos. Aus dem einfachen Grund, dass sie ihre Tiere sonst nicht satt kriegen. Denn Heu ist nicht gleich Heu.
Und auch hier spielt der Mahdzeitpunkt eine Rolle. Denn auch Gras blüht und bildet Samen Ende Juni. Damit einher geht das Verholzen des Halms. So taugt es aber nicht für Silage. Auch als Heu im Futtertrog ist es unattraktiv. Der Nährstoffgehalt ist für viele moderne Rinderrassen zu dürftig. Rein vom Energiegehalt ist frühes Heu nahrhafter: So enthält ein Kilogramm Heu aus früher Ernte bis zu neun MJ Energie. Spät geerntetes Heu kommt hingegen nur auf bis zu sechs MJ pro Kilogramm. Allenfalls für Pferde ist es interessant. Und auch da: Wenn Bitterpflanzen im Schnitt sind, nehmen die Tiere das nicht mehr gern.
Heu wird gemulcht statt entsorgt
Keine Frage: Die Magere Flachland-Mähwiese ist ein einmaliger Lebensraum. Wer solche schönen Wiesen hat, muss auch sie pflegen, das heißt mähen. Es ist ein Missverständnis, dass ein Nutzungsverzicht prinzipiell immer der Natur nutzt.
Wird der Landwirt und Wiesenfreund das Heu seiner Mageren Flachland-Mähwiese nicht los, steht er vor der Frage, wohin mit dem Schnitt? Kann er es nicht verfüttern, bleibt nur es zu entsorgen. Dann wird der Naturerhalt zum kostspieligen Grünschnitt.
Eine Alternative ist das Mulchen. Mitunter kann das aber zu veränderten Licht- und Feuchtigkeitsverhältnissen führen und nicht im Sinne bestimmter Arten sein, die Trockenheit und Licht bevorzugen. Trotzdem ist zumindest auch durch Mulchen eine gewisse Aushagerung zu sehen.
Biotop findet keine Insekten
Nimmt man nun an, dass nimmt ein Landwirt in Kauf. Und nehmen wir an, er bekommt Unterstützung in Form einer Vergütung so einer Ökosystemdienstleistung. Die Voraussetzungen sind also ideal für den Erhalt oder sogar die Rekonstruktion einer Biodiversität. Immerhin hat sich die EU in ihrer Biodiversitätsstrategie der Europäischen Kommission zum Ziel gesetzt, die biologische Vielfalt bis 2030 zu verbessern.
Doch damit allein ist noch keine seltene Art wieder auf der Wiese, die der Landwirt darbietet. Wildbienen fliegen in der Regel nicht weiter als 150 Meter von ihrem Nest. Viele der hübschen Wildblumen wandern pro Jahr auch nur zwischen einem und drei Metern. Und das nur, wenn der Lebensraum passt. Das ist wichtig, um auch das Thema Insektensterben einzuordnen.
Verinselung hilft dem Artenschutz wenig
Das heißt, selbst wenn der Landwirt Grünlandstandorte allein aufwändig verarmt, ist dem Artenschutz kaum geholfen. Die Verinselung der Biotope ist in Deutschland sehr weit fortgeschritten. Ohne eine Vernetzung oder sogenannte Trittstein-Biotope funktioniert der Artenschutz auf Dauer nicht. Da können Nationalparke oder Naturschutzgebiete noch so attraktiv sein.
Und da sind wir wieder bei dem Sündenbock vom Beginn: Wer nur auf den Landwirt zeigt und seine Art der Bewirtschaftung, wird weder etwas für den Artenschutz erreichen noch ihn dafür gewinnen. Und ohne den Landwirt funktioniert Naturschutz nicht. Aber der Naturschutz muss auch für den Landwirt funktionieren. Das heißt, er muss ein Auskommen haben.
Deutschland für Natur verantwortlich
Damit ist die ganze Gesellschaft in der Verantwortung. Es gibt Arten und Lebensräume, die finden sich fast nur hier zwischen Nordsee und Alpen. Und für die hat Deutschland eine besondere Verantwortung. Das gilt etwa für den Roten Milan, das Breitblättrige Knabenkraut, Buchwälder und eben auch für die Magere Flachland-Mähwiese. Gerade die Wiese hat im besten Fall eine sehr hohe Artenvielfalt.
Hier ist Ihre Meinung gefragt
Werden Sie Teil unserer Community und diskutieren Sie mit! Dazu benötigen Sie ein myDLV-Nutzerkonto.