Gegenwärtig läuft der Veganuary. Der Name setzt sich zusammen aus Vegan und January. Die Aktion will dazu aufrufen, sich in diesem Monat vegan zu ernähren. Als Motivation fürs Mitmachen werden zahlreiche Vorteile für Umwelt und Klima aufgeführt. Unter anderem soll reichlich Wasser gespart werden. Aber trifft diese wirklich zu?

Verwirrend große Zahl an Berechnungsformeln
Bei der Antwort auf diese Frage wird es verdammt schwierig. Denn es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Berechnungsformeln für eine angebliche Wasserersparnis bei veganer Ernährung. Sie beruhen zum einen auf verschiedenen wissenschaftlichen Arbeiten, zum anderen auf unterschiedlichen Bezugsgrößen. Mal ist es die erzeugte Masse, dann wieder der Nährwert oder auch nur eine Fraktion, wie das Eiweiß oder das Fett bis hin zu Mikronährstoffen. Ebenso können die zugrunde gelegten Verzehrgewohnheiten stark variieren. Der Wahrheitsgehalt der Aussagen ist aufgrund der verwirrenden Vielfalt deshalb nur sehr schwer zu prüfen.
In nahezu allen zitierten wissenschaftlichen Abhandlungen tauchen aber die Namen M. M. Mekonnen und A. Y. Hoekstra auf. Sie haben die Studie „Der grüne, blaue und graue Wasserfußabdruck von Nutztieren und tierischen Produkten“ verfasst. Das UNESCO-IHE Institut für Wasserausbildung hat die wissenschaftliche Abhandlung im Dezember 2010 im Rahmen ihrer Schriftenreihe herausgegeben und damit in gewisser Weise zu einem Standardwerk erklärt.
Wie sich der Wasserfußabdruck von Nutztieren berechnet
Mekonnen und Hoekstra haben in ihrer Studie Mastrinder, Milchvieh, Schweine, Schafe, Ziegen, Masthähnchen, Legehennen und Pferde einbezogen. Wer sich zum ersten Mal mit dem Modell auseinandersetzt, den dürfte überraschen, dass der Wasseransatz für den unmittelbaren Bedarf der Tiere relativ gering ist. Bei Rindern basieren nur 2 % auf Tränke, Brauch- und Futtermischwasser.
Der Löwenanteil entfällt mit 98 % auf das Futter. Für dessen Berechnung benutzt das Modell die Futterverwertung, also beispielsweise, wie viel kg Getreide nötig sind, um ein kg Fleisch zu erzeugen. Lediglich beim Pferd wird der Gesamtfutterbedarf zugrunde gelegt.
In der Studie lautet die Formel für den Wasserfußabdruck: WF = WFFutter + WFTränke + WFService.
Damit braucht es zur Ermittlung des Wasserfußabdrucks der Nutztiere, den des aufgenommenen Futters. Dieser leitet sich im Wesentlichen aus dem Niederschlag ab. Die Menge an Niederschlag dividiert durch den Ertrag, liefert den entscheidenden Wert. Wird bewässert, wird auch dieser Wasseranteil berücksichtigt.
Der globale Wasserfußabdruck für Weizen beträgt beispielsweise 1871 Liter/kg Weizen. Braucht ein Schwein 3 kg Weizen, um ein kg Fleisch auf die Rippen zu bekommen, lautet die Rechnung: 1871 Liter Wasser/kg Weizen multipliziert mit 3 kg Weizen/kg Fleisch ist gleich 5613 Liter Wasser/kg Fleisch aus dem Futter.
Rinder brauchen relativ viel Biomasse, um Milch oder Körpermasse aufzubauen. Das liegt zum einen an der Futterart, wie etwa Frischgras oder Silage, zum anderen an ihrer Verdauung, der sogenannten enterischen Fermentation. Daraus resultiert ein verhältnismäßig großer Wasserfußabdruck. Dafür können sie für den Menschen Unverdauliches in hochwertige Lebensmittel umwandeln.
Warum spart der Verzicht auf Fleisch nicht zwangsläufig Wasser?
Wie könnte eine Wasserersparnis nun aussehen? Ein beliebtes Muster ist, den Wasserfußabdruck für Rindfleisch herzunehmen und daraus einen Minderverbrauch an Wasser abzuleiten, wenn man auf Rindfleisch verzichtet. Meist wird dann noch der globale Durchschnittswert von 15.415 Liter Wasser/kg Rindfleisch statt der länderspezifische von 7.712 Liter Wasser/kg Rindfleisch für Deutschland herangezogen. Aber egal welchen Wert man benutzt, so einfach funktioniert die Sache nicht. Dafür gibt es drei Gründe.
- Die Modellierung: Der Wasserfußabdruck ist eine linear verlaufendes Umlageverfahren. Die Niederschläge werden auf die pflanzlichen Produkte angerechnet. In ihrer Studie führen Mekonnen und Hoekstra eine Aufschlüsselung von 87,2 % grünem (Niederschlag auf die Futterfläche), 6,2 % blauem, 6,6 % grauem Wasser über alle Nutztierarten hinweg auf.
Der Löwenanteil des auf die Nutztiere angerechneten Wassers beruht damit auf den Futterpflanzen. Für diese aus der Pflanzenproduktion stammenden Wassermenge gibt es aber keinen Weg zurück. Wie auch? Der im Modell berücksichtigte Verlustprozess in der pflanzlichen Produktion ist die Verdunstung. Die kann nachträglich nicht rückgängig gemacht oder eingespart werden.
- Die Berechnung: „Aber, wenn ich weniger Fleisch verzehre, dann sinkt die Nachfrage und schlussendlich wird weniger Fleisch produziert. Das müsste dann doch eine Wasserersparnis bringen“, lautet ein häufig zu hörendes Argument. Doch das bedeutet keine Wassereinsparung im Sinne des Wasserfußabdrucks.
Sinkt in einem Land die Produktmenge bei gleichbleibender Agrarfläche, dann vermindert sich die Produktivität, was einen steigenden Wasserfußabdruck pro Produkteinheit nach sich zieht. Das Modell neutralisiert also die geringere Menge nicht mit einer Wassergutschrift, sondern mit einem steigenden Wasserfußabdruck.
Auch das Argument, dass die Agrarfläche vermindert werden könnte, fruchtet nicht so recht. Das Modell benutzt eine räumliche Auflösung von 5 Bogenminuten mal 5 Bogenminuten, was in etwa 9,25 km mal 9,25 km entspricht. Das ist bei einer globalen Betrachtung beachtlich, aber bedeutet eben auch, dass in einem 85 Quadratkilometer großen Areal eine signifikante Änderung erfolgen muss. Fliegt eine Region tatsächlich aus der Nutzfläche heraus, kommt Punkt 3 ins Spiel.
- Dem Wasserkreislauf: Das ist der wichtigste Punkt, weil er zum einen der Frage nachgeht, wann überhaupt von einem Wasserverbrauch gesprochen werden kann und zum anderen, warum das Modell drei Wasservarianten unterscheidet.
Was es mit dem grünen, blauen und grauen Wasser auf sich hat
Die entscheidende Frage ist, ob bei der Produktion eines Gutes, das Wasser eine andere Behandlung erfahren würde als ohne.
Bei Grundwasser lässt sich dies bejahen, denn es wird aus seinem natürlichen Reservoir entnommen. Bei grünem Wasser ist dies nicht der Fall. Dass Niederschläge von Pflanzen aufgenommen und wieder verdunstet werden, ist ein natürlicher Vorgang. Würde man die landwirtschaftliche Produktion einstellen, blieben die Niederschläge nicht als Wassersäule auf der Fläche stehen. Das wäre auch kein Vorteil. Stehendes Wasser droht brackig zu werden, da ist es besser, wenn es über den Kreislauf von Verdunstung und Kondensation frisch gehalten wird.
Der Anteil an grünem Wasser lässt sich also überhaupt nicht sparen, selbst wenn die Flächen aus der Produktion genommen werden oder die Pflanzenerträge nicht verfüttert werden, weil der dahinterliegende Prozess des Niederschlags und der Verdunstung ein Naturvorgang ist und auch auf Stilllegungsflächen oder unberührten Landstrichen analog abläuft. Und das ist gut so. Denn die Verdunstung betreibt die wichtige Boden-Atmosphäre-Pumpe, die für den Wasserkreislauf sorgt und ganz wichtig für die Kühlung unseres Planeten ist.
Damit gilt: Die primäre Wasserquelle der Landwirtschaft, das grüne Wasser, kann gar nicht gespart werden. Und es besteht auch kein Bedarf dazu, denn es verbleibt im natürlichen Wasserkreislauf. Es geht nicht verloren und muss damit anders betrachtet werden als blaues und graues Wasser.
Wer die Modellierung des Wasserfußabdrucks für Verbrauchs- bzw. Einsparungsberechnungen heranzieht, muss deshalb unbedingt die Differenzierung in grünes und blaues Wasser berücksichtigen. Dass dies dennoch häufig unterbleibt, liefert einen Hinweis darauf, dass die Absicht besteht, bestimmten Agrargüter oder der Landwirtschaft insgesamt einen verschwenderischen Umgang mit Wasser zu unterstellen. Über das warum kann sich jeder seine eigenen Gedanken machen.
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