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Umwelt

Wasserqualität: Fakten zum Faktor Landwirtschaft

am Montag, 27.07.2015 - 15:19 (Jetzt kommentieren)

Die Landwirtschaft wird immer wieder als eine Quelle für verunreinigtes Wasser angeprangert. Derweil ist es um die Trinkwasser-Qualität in Deutschland gut bestellt. Der BBV hat einige Fakten gesammelt.

In Bayern erfüllen 97 Prozent des Wassers, in Bezug auf Nitrat und Pflanzenschutzmittel, ohne zusätzliche Aufbereitung die strengen Anforderungen an das Trinkwasser. Trotzdem ist die Qualität der Gewässer und des Trinkwassers seit einiger Zeit Gegenstand einer oft emotional geführten Debatte, wie der Bayerische Bauernverband (BBV) schreibt. Mit der jüngsten Risikoanalyse, die das Bayerische Umweltministerium Mitte 2014 veröffentlicht hat, sei der öffentliche Druck demnach noch größer geworden.
 
Aus diesem Grund hat der BBV einen Faktencheck zum Thema Gewässerschutz und Wasserqualität in Verbindung mit der Landwirtschaft erstellt. "Dabei wird vor allem deutlich: es ist nicht alles so einfach und eindeutig, wie es auf den ersten Blick erscheint“, sagt Maria Stemmer, Umweltexpertin des Bayerischen Bauernverbandes. Lesen Sie hier die Ergebnisse in Kürze.

Nitrat - Pflanzennährstoff oder Krankmacher?

In Europa und Deutschland gilt für Nitrat im Trinkwasser ein Grenzwert von 50 mg/l. Darüber hinaus hört man immer wieder Empfehlungen, dass bei Säuglingsnahrung noch strengere Maßstäbe angelegt werden sollen. In der Diskussion um Wasserqualität und Gewässerschutz wird zudem häufig angeführt, dass beispielsweise die USA einen viel niedrigeren Nitratgrenzwert hätten.
 
Fakt: Nitrat selbst ist nicht gefährlicher wie Kochsalz. Erst wenn Nitrat durch Bakterien im Mundraum oder Magen (oder in nitrathaltigen Lebensmitteln wie Gemüse) teilweise in Nitrit umgewandelt wird, können sich unter bestimmten Umständen und bei entsprechend hohen Konzentrationen Gesundheitsgefahren ergeben. Jedoch konnten in den letzten Jahrzehnten auch durch intensive Untersuchungen beispielsweise keine Fälle durch Nitrat im Trinkwasser ausgelöste beispielsweise bei Säuglingsblausucht festgestellt werden, so der BBV.
    Für Erwachsene sei es zudem unproblematisch, während eines begrenzten und gemäß Trinkwasserverordnung 2001 zuzulassenden Zeitraumes auch Trinkwasser mit einem Nitratgehalt über dem Grenzwert von 50 mg/l aufzunehmen. Laut Umweltbundesamt kann in einem solchen Fall ein Nitratgehalt bis zu 130 mg/l zeitlich befristet toleriert werden.

    Pflanzenschutzmittel: Gute fachliche Praxis ein Muss

    Chemische Pflanzenschutzmittel (PSM) werden in der öffentlichen Wahrnehmung meist kritisch gesehen. In Deutschland gilt für Trinkwasser ein Grenzwert für den einzelnen Pflanzenschutzmittelwirkstoff von 0,1 µg/l (1 Mikrogramm (µg) = 1 Millionstel Gramm). Die Summe aller relevanten Wirkstoffe darf 0,5 µg/l nicht überschreiten.
     
    Fakt: PSM unterliegen in Deutschland einem strengen Zulassungsverfahren und wer sie gewerblich anwenden will, muss eine spezielle Ausbildung und regelmäßige Fortbildungen nachweisen. Zum Schutz von Gewässern, Grund- und Trinkwasser gibt es zudem Vorschriften für Mindestabstände von Gewässern und für einige PSM auch Verbote für wassersensible Gebiete. Für das Grundwasser schreibt die Grundwasserverordnung eine Qualitätsnorm von maximal 0,1 µg/l für den einzelnen PSM-Wirkstoff vor (0,5 µg/l für die Gesamtheit aller Wirkstoffe) - dies gilt analog auch als Grenzwert für das Trinkwasser. Dieser Wert hat allerdings keinerlei gesundheitliche Bedeutung, sondern entsprach bei seiner Einführung der damaligen Nachweisgrenze für PSM im Labor. Gesundheitlich relevant sind die wesentlich höheren (bis zu 1.000 µg/l), vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) errechneten Trinkwasser-Leitwerte (LWTW).

    Wasserqualität im EU-Vergleich: Bundesrepublik im Mittelfeld

    Es ist schon verwirrend, schreibt der BBV: "Einmal liest man, dass die Trinkwasserqualität in Deutschland eine der besten in Europa sei - ein anderes Mal ist davon die Rede, dass das Grundwasser europaweit nur in Malta schlechter sei wie in Deutschland. Wie passt das zusammen?"
     
    Fakt: Deutschland hat nicht das zweitschlechteste Grundwasser in Europa. EU-Vergleiche sind wegen der stark unterschiedlichen Datengrundlagen in den einzelnen Ländern äußerst schwierig und oft gar nicht möglich. Wie stark die Verzerrungen sein können, wenn trotzdem verglichen wird, zeigt sich anhand der sogenannten "Malta-Grafik". In dieser Grafik werden Messdaten zur Nitratbelastung des Grundwassers verglichen, die die EU-Mitgliedsländer regelmäßig nach Brüssel melden müssen, um die Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie über das jeweilige nationale Aktionsprogramm zu dokumentieren. Leider hätten die EU-Länder ihre Messnetze nicht nach einheitlichen Kriterien aufgestellt, so dass hier Äpfel mit Birnen verglichen werden, so der BBV.
     
    Deutschland hat 162 langjährig gleiche Messstellen (34 davon in Bayern) ausgewählt, die besonders stark belastet sind. Würde die EU das repräsentative Messnetz (rund 800 Messstellen in Deutschland, 115 in Bayern) berücksichtigen, würde sich Deutschland im Mittelfeld zwischen Österreich und Italien einreihen, argumentiert der BBV. Im deutschen Nitratbericht an die EU-Kommission wurden die Ergebnisse aus dem repräsentativen EUA-Messnetz ebenfalls ausführlich dargestellt, jedoch für das EU-Ranking nicht anerkannt.
     
    Mittlerweile arbeitet die deutsche Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser an einer Neukonzeption des Messnetzes für den EU-Nitratbericht, um den Anforderungen der EU-Kommission aber auch dem Anliegen der Vergleichbarkeit mit anderen EU-Ländern gerecht zu werden und gleichzeitig die Vorgaben der Nitratrichtlinie zu erfüllen.
     

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