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Umwelt

Weltklimarat fordert zum raschen Handeln auf

am Dienstag, 04.11.2014 - 14:09 (Jetzt kommentieren)

Kopenhagen - Der Weltklimarat IPCC hat am Sonntag in Kopenhagen seinen Abschlussbericht vorgestellt. Bei sofortigem Handeln seien die Kosten für Gegenmaßnahmen zum Klimawandel noch beherrschbar.

"Wir wissen, dass wir die Emissionen drastisch reduzieren müssen", sagte IPCC-Chef Rajendra Pachauri bei der Vorstellung des 5. Weltklimaberichts. "Wenn wir weitermachen wie bisher, werden uns die Möglichkeiten, den Temperaturanstieg zu begrenzen, in den nächsten Jahrzehnten entgleiten", mahnte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon. Es sei ein unbelegter "Mythos", dass der Kampf gegen den Klimawandel teuer sei. "Es gibt noch ein Zeitfenster von zwei bis drei Jahrzehnten, in dem der Klimawandel zu akzeptablen Kosten gebremst werden kann", erläuterte der IPCC-Autor Ottmar Edenhofer.
 
Nach dem Bericht sind sich die Forscher sehr sicher, dass der Mensch der dominierende Faktor für den Temperaturanstieg seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist. Diese Erkenntnis in solcher Klarheit sei neu, sagte der stellvertretende IPCC-Chef Jean-Pascal van Ypersele. Nach den Erkenntnissen des Expertengremiums hat sich die Oberflächentemperatur zwischen 1880 und 2012 um 0,85° C erhöht, während der Meeresspiegel zwischen 1901 und 2010 um 19 cm stieg.
 
Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel seien klarer denn je zuvor, sagte Pachauri. Es bleibe nur noch wenig Zeit, um die Chance zu nutzen, die Erderwärmung auf unter 2° C zu halten. Sollte der Ausstoß von klimaschädlichen Gasen nicht drastisch reduziert werden, drohe eine Erwärmung um bis zu 4° C, was die Zunahme extremer Wetterphänomene wie Stürme, Hitzeperioden und Überschwemmungen zur Folge hätte. 

CO2-Ausstoß bis 2100 auf null reduzieren

Notwendig sei eine Reduzierung des Ausstoßes der Treibhausgase wie Kohlendioxid um 40 bis 70 Prozent (%) zwischen 2010 und 2050 und auf null bis 2100, erklärte das unabhängige Gremium, das Experten aus 195 Ländern vereint. Dafür müsse von fossilen Energiequellen wie Öl, Gas und Kohle auf Energie aus erneuerbaren Quellen wie Sonne, Wind und Wasser umgeschwenkt und der Energieverbrauch deutlich reduziert werden.
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Nach den Berechnungen des IPCC würde das globale Wachstum von den Kosten zur Reduzierung der CO2-Emissionen nicht "stark betroffen". Selbst "ehrgeizige" Maßnahmen würden demnach nur jährlich 0,06 % des weltweiten Konsums im 21. Jahrhundert kosten, wobei mit einem jährlichen Wachstum zwischen 1,6 % und 3 % gerechnet wird. Sollte dagegen nicht rasch etwas unternommen werden, würden die Kosten stark ansteigen.

Erster umfassender Bericht seit 2007

Der Synthesebericht fasst die drei Teilberichte zusammen, die zwischen September 2013 und April 2014 vom IPCC vorgelegt worden waren. Er schließt damit den fünften Sachstandsbericht ab - den ersten umfassenden Bericht zur Klimaveränderung seit 2007. Die Berichte, die von mehr als 800 Experten aus aller Welt auf der Grundlage wissenschaftlicher Studien erstellt wurden, sollen den Regierungen als Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung des Klimawandels dienen.
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Frankreich, das im Dezember 2015 den globalen Klimagipfel in Paris ausrichtet, forderte eine "sofortige, allgemeine Mobilisierung", um in Paris "eine politische Antwort" auf die Erkenntnisse der Wissenschaft zu finden. US-Außenminister Kerry warnte davor, die Erkenntnisse in dem Bericht zu ignorieren oder zu bestreiten. "Je länger wir in einer Debatte über Ideologie und Politik feststecken, umso mehr werden die Kosten der Tatenlosigkeit steigen und steigen", zitiert ihn die Nachrichtenagentur AFP.
 

Deutschland als "Klimschutz-Labor"

"Wir kennen die dramatischen Folgen des Klimawandels für Mensch und Natur, aber wir kennen auch die Werkzeuge, die man für den Klimaschutz braucht", erklärte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks in Berlin zum vorgelegten Bericht. Die Staatengemeinschaft müsse jetzt alles daransetzen, 2015 in Paris ein ambitioniertes Klimaschutzabkommen zu verabschieden.
 
Bundesforschungsministerin Johanna Wanka und Bundesumweltministerin Hendricks sehen Deutschland in einer zentralen Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels. Die Bundesrepublik sei nicht nur bei der Erforschung und Entwicklung von Grundlagen, Strategien und Lösungsmöglichkeiten ein weltweit führendes "Klimaschutz-Labor". Mit der Energiewende sei Deutschland auch ein praktisches Beispiel für die Anwendung von Technologien, die den Klimaschutz weltweit voranbringen könnten. "Deutschland kann international eine wichtige Rolle spielen, wenn wir zeigen, dass Klimaschutz in einem Industrieland funktioniert", erklärte Hendricks.
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CO2 weiter mindern

Im Kampf gegen den Klimawandel will die Bundesregierung auch Kohlekraftwerke stilllegen. "Es wird wohl nichts anderes übrigbleiben, als dass wir auch Kohlekraftwerke abbauen", so Hendricks. Dabei werde man aber die schwierige Lage der Energieversorger ebenso im Auge behalten wie die Arbeitsplätze. "Wir haben noch die Wahl zwischen zwei oder vier Grad Celsius – je nachdem, ob wir gute oder schlechte Klimapolitik machen", sagte der Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Otmar Edenhofer. "Wenn wir die Kohle-Subventionen abschaffen, wäre schon vieles getan für den Klimaschutz".
 
Bis 2020 will die Bundesregierung ihr Ziel erreichen, den CO2-Ausstoß um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Mit den bisher beschlossenen Maßnahmen erreicht sie etwa 33 Prozent. Hendricks sieht Chancen, bei der Stromproduktion und der energetischen Gebäudesanierung, CO2 einzusparen. Emissionshandel reformieren Ein wichtiges Handlungsfeld sei auch der Emissionshandel. "Das Problem ist, dass es zu viel CO2-Zertifikate auf dem Markt gibt. Das führt zu Preisen, die keine Klimaschutz-Anreize mehr setzen", sagte die Ministerin. Sie setze sich dafür ein, das Überangebot an Zertifikaten vom Markt zu nehmen und in eine Reserve zu führen. "So wird der Emissionshandel wieder zum Klimaschutzinstrument", sagte Hendricks. "Dass wir die Unternehmen im internationalen Wettbewerb entlasten, versteht sich von selbst, denn Standortverlagerungen helfen dem Klima nicht", so die Ministerin.

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