Vielerorts steht das Wirtshaus und die Schankkneipe leer. Und der Leerstand der Schankwirtschaften nimmt jährlich zu. Seit den 90er Jahren hat jedes zweite Wirtshaus die Schänke für immer geschlossen. Betroffen sind insbesondere ländliche Regionen. Laut dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) machten zwischen 2012 und 2019 bundesweit über 5.000 Schankwirtschaften und Kneipen dicht. Das ist ein Rückgang von über 15 Prozent. Corona hat vielen Wirten zugesetzt. Nach den Lockerungen blieben nicht wenige Wirtshäuser geschlossen.
Dorfwirtshäuser sind Dreh- und Angelpunkt
„Wo die Wirtschaft stirbt, stirbt der Ort“, heißt es in einer Studie zur Wirtshauskultur in Bayern der Universität Eichstätt-Ingolstadt. Dorfschänken und Wirtshäuser sind wichtige kulturelle und soziale Institutionen, wie die Studie feststellt. Als wichtige Orte der Begegnung dienen sie dem Austausch der Dorfbewohner. Der Stammtisch war und ist seit jeher ein Platz, um Neuigkeiten zu erfahren und trägt bekanntermaßen zur politischen Meinungsbildung bei. Auch als Ort für kulturelle Veranstaltungen spielt die Schankwirtschaft eine wichtige Rolle.
Wirtshaussterben: Das sind die Gründe
Es gibt viele Gründe für das Wirtshaussterben. In vielen Fällen finden Wirte keine Nachfolger mehr. Die Schankgastronomie ist zudem oft ein Minusgeschäft. Gesetzliche Regelungen wie das Rauchverbot, vermehrte Alkoholkontrollen und hohe Hygiene- und Brandschutzvorschriften seien laut Studie öfter Gründe für ein Aufgeben. Wirte klagen zudem über die zunehmende Bürokratie, angefangen von Mindestlohn-Dokumentationspflichten, Hygieneschulungen bis hin zur Allergen-Kennzeichnung. An einigen Orten machen Vereinsheime den Wirtshäusern Konkurrenz. Zudem verlangt die Tätigkeit lange Arbeitszeiten und Wochenendarbeit. Während des Corona-Lockdowns haben sich außerdem viele gastronomische Arbeitskräfte eine neue Stelle außerhalb der Gastronomie gesucht. Wirte suchen derzeit deshalb händeringend nach Personal.
Bürgerinitiativen gegen das Wirtshaussterben
Um Schankwirtschaften zu retten, bilden sich hier und da Bürgerinitiativen. Wie zum Beispiel im nordrhein-westfälischen Geldern-Pont. Hier hat der Land- und Heimatverein die geschlossene Kneipe „Zum Lünebörger“ wieder geöffnet. Ehrenamtliche schenken hier nun das Bier aus, damit die Wirtshauskultur im Ort weiterlebt.
Im oberbayerischen Giggenhausen wollen die Dorfbewohner mithilfe einer Genossenschaft verhindern, dass das letzte Wirtshaus für immer zusperrt. Dafür haben die Unterstützer bereits eine Million Euro gesammelt. Sie wollen die Schankwirtschaft vom Eigentümer erwerben, der aus gesundheitlichen Gründen aufhört.
Mit der Aktion 'SOS Wirtshaussuche' hat der Verein Kulturerbe Bayern ein Zeichen gegen das Wirtshaussterben gesetzt. Der Stiftung sammelt Spenden, um ein bedrohtes Wirtshaus in Bayern vor dem Untergang zu retten. Die Bewerbungsphase ist bereits abgeschlossen. Derzeit wird von einer Jury ein Objekt ausgewählt.
Um den Wirtshausschwund aufzuhalten, hat das bayerische Wirtschaftsministerium 2019 ein Gaststätten-Modernisierungs-Programm aufgelegt, das über eine Brutto-Gesamtfördersumme von 30 Millionen verfügte. Antragsberechtigt waren „gewerbliche Unternehmen, die ein für jedermann zugängliches Gaststättengewerbe in Bayern“ betreiben, wobei das Förderprogramm explizit eher an kleinere Kommunen und Betriebe gerichtet war. Nach der Online-Freischaltung war das Antragsvolumen innerhalb weniger Minuten ausgeschöpft.
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