Die Agrarholding Ekosem-Agrar AG muss weiter darauf hoffen, dass ihre Gläubiger der Restrukturierung von zwei Anleihen zustimmen. Außerordentliche Versammlungen der Anleger am Montag und Dienstag dieser Woche scheiterten am nötigen Quorum: Die geforderten 50 Prozent des gezeichneten Anleihekapitals waren bei den Versammlungen in Sinsheim nicht vertreten. Damit waren diese Versammlungen nicht beschlussfähig.
Die Holding der von Stefan Dürr gegründeten größten Milchviehhaltung Russlands lädt darauf hin nun zu neuen Terminen am 30. und 31. Mai ein. Bei diesem zweiten Anlauf ist nach Darstellung von Ekosem nur noch ein Quorum von 25 Prozent der ausstehenden Schuldverschreibungen vorgeschrieben, um über eine Restrukturierung der Anleihen beschließen zu können.
Kompromissvorschlag zur Restrukturierung der Anleihen in Arbeit
Laut Ekosem ist der Vorstand der Holding in „konstruktiven Gesprächen“ mit dem gemeinsamen Vertreter der Anleihe-Gläubiger und einem neu geschaffenen Gläubigerbeirat. Ein angepasster Vorschlag zur Verlängerung und Neuverzinsung der Anleihen soll in Kürze als Gegenantrag vorgelegt werden.
Die ursprünglichen Anträge des Vorstands waren bei Anlegerschützern auf Kritik gestoßen. Sie wurden als zu weitreichend empfunden, um dem Unternehmen aus den aktuellen Turbulenzen durch die Sanktionen des Westens wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine zu helfen.
Stabiles Ergebnis bei sprunghaftem Umsatzwachstum
Unterdessen hat die Agrarholding vorläufige Geschäftszahlen für das Jahr 2021 vorgelegt. Danach wuchs der Umsatz der Gruppe gegenüber dem Vorjahr um mehr als ein Viertel auf 583 Mio. Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) lag mit 190 Mio. Euro um 5 Mio. Euro unter dem Vorjahresniveau.
Die Zahlen sind allerdings nicht unabhängig geprüft. Auch für 2020 hat die Holdinggesellschaft noch keinen attestierten Abschluss vorgelegt. Die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young sähen sich dazu aufgrund der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Unsicherheit nicht in der Lage, teilte die Agrarholding mit.
Probleme in der Logistik und Versorgung mit Betriebsmitteln
Stefan Dürr, der deutsche Gründer von Ekosem-Agrar, bezeichnete die operative Entwicklung seiner Gruppe im ersten Quartal 2022 als „weitgehend stabil“. Das Unternehmen erhalte vom russischen Staat aufgrund seiner Bedeutung für die Versorgung mit Lebensmitteln umfangreiche Unterstützung.
Nach eigenen Angaben steigerte der Konzern die Milcherzeugung im ersten Vierteljahr 2022 um knapp 6 Prozent auf 287.113 t. Zum Jahresende standen 112.807 Milchkühe in den Ställen des Unternehmens.
Die Frühjahrsaussaat soll trotz „erheblicher Herausforderungen an Logistik und teilweise mangelnder Verfügbarkeit von Inputstoffen weitgehend zufriedenstellend“ verlaufen sein. Wie es mit Dürrs Agrarholding künftig weitergeht, darüber sollen die Gläubiger nun Ende Mai entscheiden.
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