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Düngerindustrie

Brüssel genehmigt Borealis-Verkauf an Agrofert von Babiš

Frühjahrsdüngung
am Mittwoch, 15.03.2023 - 11:13 (Jetzt kommentieren)

Der Agrofert-Konzern darf den Düngerhersteller Borealis übernehmen. Österreichs Bauern sind besorgt wegen der Freigabe.

Die Europäische Kommission hat die Übernahme des Stickstoffgeschäfts der Borealis AG durch die Agrofert-Gruppe ohne Auflagen genehmigt. Sie hat keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken gegen den Kauf.

Auf Grundlage einer intensiven Marktuntersuchung stellte die Kommission fest, dass das Vorhaben den Wettbewerb auf folgenden Märkten nicht wesentlich einschränken würde:

  • Stickstoffdünger,
  • AdBlue zur Abgasbehandlung bei Dieselmotoren und
  • technische Stickstoffprodukte wie wässriges Ammoniak und schwache Salpetersäure.

Auch hinsichtlich des Vertriebs von Stickstoffdüngern in Tschechien und der Slowakei gebe die Übernahme keinen Anlass zu Wettbewerbsbedenken.

Ein „schwerer Schlag“ gegen die heimische Landwirtschaft

Vertreter des Niederösterreichischen Bauernbundes (NÖ Bauernbund) sprachen dennoch von einem „schweren Schlag“ gegen die Landwirtschaft in Österreich.

Der Verband hatte gemeinsam mit einer Anwaltskanzlei gegen die geplante Übernahme bei der EU-Kommission eine wettbewerbsrechtliche Beschwerde eingelegt. Der Verkauf an Agrofert war am 6. Februar 2023 bei der Kommission zur Genehmigung angemeldet worden.

Marktanteil von Agrofert nicht besonders hoch

Nach Auffassung der EU-Kommission sind die Marktüberschneidungen von Borealis und Agrofert bei Stickstoffdünger nicht bedenklich, weil Handel und Landwirte die Düngerprodukte in der ganzen EU einkauften und die verschiedenen Arten von Stickstoffdüngern austauschbar seien. Auch nach dem Zusammenschluss gebe es weiterhin mehrere starke Wettbewerber und die gemeinsamen Marktanteile der beteiligten Unternehmen wären nicht besonders hoch.

Bauernbund kämpfte über ein Jahr gegen den Borealis-Verkauf

NÖ Bauernbund-Obmann Stephan Pernkopf und NÖ Bauernbunddirektor Paul Nemecek

Der NÖ Bauernbund hatte mehr als ein Jahr gegen den Verkauf der Düngemittelsparte der Borealis an den tschechischen Agrofert-Konzern gekämpft, letztlich vergeblich.

„Ein schwerer Schlag für die heimische Wirtschaft, Landwirtschaft und vor allem für die Versorgungssicherheit und damit für ganz Österreich“, sagten NÖ Bauernbund-Obmann Stephan Pernkopf und NÖ Bauernbunddirektor Paul Nemecek.

Aus Sicht des Verbandes entsteht durch den Zusammenschluss eine monopolähnliche Stellung des Agrofert-Konzerns am niederösterreichischen Düngermarkt. Daher will der Bauernbund den Düngermarkt genau beobachten und Ungereimtheiten sofort der zuständigen österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde melden.

Agrofert-Gründer und Politiker Babis mehrfach unter Korruptionsverdacht

Agrofert mit Hauptsitz in Tschechien produziert und verkauft Stickstoffdünger, AdBlue und verschiedene technische Stickstoffprodukte. Gründer des Unternehmens ist Andrej Babiš, der von 2017 bis 2021 auch Ministerpräsident der Tschechischen Republik war. Gegen ihn beziehungsweise seine Unternehmen wurde mehrfach wegen Betrugsverdacht mit EU-Agrarsubventionen ermittelt.

In Deutschland ist die Agrofert-Gruppe mit ihrer Tochtergesellschaft Stickstoffwerke Piesteritz (SKW) der größte Hersteller von Stickstoffdünger. Zudem vertreibt das Unternehmen Stickstoffdünger in Tschechien, Ungarn und der Slowakei, in geringerem Umfang auch in Kroatien, Polen und Rumänien.

Die Borealis AG mit Hauptsitz in Österreich ist ein Chemieunternehmen. Sein Geschäftsbereich Stickstoff, Borealis NITRO, umfasst die Produktion und den Verkauf von Stickstoffdünger, AdBlue, technischen Stickstoffprodukten und Melamin.

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