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Wirtschaftskrise und die Folgen

Corona: Geld allein rettet Bauern und Wirtschaft nicht

Corona-Krise
am Freitag, 27.03.2020 - 09:00 (1 Kommentar)

Wirtschaft und Landwirtschaft trifft die Corona-Krise hart. Abstürzende Preise, wegbrechender Absatz, fehlende Arbeitskräfte und schrumpfende Einnahmen sind nur einige der Krisenfaktoren.

Corona-Krise

Lange halten Bauern und Agrarwirtschaft das nicht aus. Natürlich auch die Gesamtwirtschaft nicht. Ökonomen überlegen deshalb, wie ein schneller Ausstieg aus dem Runterfahren der wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten – neudeutsch Shutdown – möglich ist, um noch größere wirtschaftliche Schäden, Insolvenzen und explodierende Arbeitslosenzahlen zu vermeiden.

Deutschland, Europa und die Welt geraten wegen der Corona-Pandemie jedenfalls in eine schlimme Wirtschaftskrise. Die Bundesregierung beschließt deshalb Notpakete von mehreren hundert Milliarden Euro. Ökonomen warnen jedoch davor, dass Geld allein unsere Wirtschaft nicht rettet. Die große Frage lautet also: Wie lange lässt sich der Shutdown der Wirtschaft überhaupt durchalten?

Der Chef des Münchner Ifo-Instituts Clemens Fuest glaubt: „Wenn wir diesen Shutdown verlängern, kann kein Hilfspaket der Regierung uns helfen. Wir müssen also auch den Exit aus diesem Shutdown hinbekommen, ohne dass wir die Bekämpfung der Epidemie vernachlässigen. Genau dafür müssen wir jetzt Strategien entwickeln.“

Wirtschaft könnte bis zu 20 Prozent schrumpfen

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Sollte sich die Wirtschaft relativ schnell aus dem Shutdown befreien, dann wird der Einbruch wahrscheinlich fünf bis sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen“, sagt Ifo-Chef Fuest. „Wenn der Shutdown allerdings länger dauert, beispielsweise drei Monate und dann dauert es ein paar Monate, bis wir wieder das Normalniveau erreicht haben, dann ist man sehr schnell bei sehr hohen Wachstumseinbrüchen von bis zu 20 Prozent“, ist Fuest überzeugt.

So einen Einbruch hat es zuletzt in der Weltwirtschaftskrise des vorigen Jahrhunderts gegeben. „Wir müssen deshalb daran arbeiten, wie wir die Wirtschaft möglichst bald wieder hochfahren oder zumindest teilweise hochfahren können“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler. Die Folgen eines längeren Stillstands für die Wirtschaft und die Beschäftigen wären jedenfalls gravierend.

Für die USA sagte die Commerzbank bereits jetzt einen massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit voraus. Die Bank-Analysten glauben: Sollte sich die Arbeitslosenquote in gleichem Maße ausweiten, wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpft, könnte das einen Anstieg der Arbeitslosigkeit in den USA von 3,5 auf 11,5 Prozent bedeuten. Dann wären 19 Millionen US-Amerikaner arbeitslos. Das wären mehr Menschen als zum bisherigen Nachkriegsrekord von 1982. Und für Deutschland wäre das Szenario – trotz besserer Sozialsysteme – möglicherweise ähnlich dramatisch.

Massenverarmung oder Exit-Strategie?

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Der Ökonom Rüdiger Bachmann von der Notre Dame University in Illinois, hat sich ebenfalls für eine rasche Exit-Strategie ausgesprochen. In einem Interview mit dem Nachrichtenportal Watson sagte Bachmann: „Wir können nicht ein ganzes Jahr lang im Ausnahmezustand bleiben. Das würde zu Massenverarmung führen. Wir haben uns ein bisschen Zeit gekauft, aber wir brauchen jetzt eine Exit-Strategie.“

Derzeit würde durch den finanziellen Schutzschirm und andere Maßnahmen der Bundesregierung die deutsche Wirtschaft künstlich am Leben erhalten, sagt der Wirtschaftswissenschaftler. „Aber natürlich kann man das nicht ewig machen, irgendwann gibt es bleibende Schäden“, betont der Ökonom. Wichtig ist für Bachmann zudem: Dadurch, dass die Unternehmen die Krise überleben, bleiben auch die Kunden- und Zulieferernetzwerke erhalten. Diese Lieferketten sind für die Industrie und die Landwirtschaft essentiell, haben wird beim Shutdown in China gelernt.

Wichtig sei auch, dass man jetzt schon damit beginnt, Vorkehrungen zu treffen, um eine Rückkehr an die Arbeitsplätze zu ermöglichen: „Wir müssen mehr Kapazitäten für Corona-Tests haben, wir brauchen Atemschutzmasken und Schutzkleidung. Dann müssen wir überlegen, wie man die Produktion so umstellt, dass man trotz Coronavirus wieder produzieren kann.“

Landwirtschaft bereits in Schwierigkeiten

Feldarbeiten

Auch die Landwirtschaft ist bereits massiv von dem Shutdown und den zahlreichen Folgen der Corona-Epidemie in Deutschland und Europa betroffen. Unterbrochene Lieferketten, abstürzende Preise, schrumpfende Einkommen und fehlende Arbeitskräfte sind nur einige der aktuellen Probleme der deutschen Bauern. Bundesernährungsministerin Julia Klöckner hat deshalb einen Maßnahmenplan vorgelegt, mit dem sie drohende Engpässe bei der Lebensmittelversorgung verhindern will.

Dafür will die Ministerin zunächst die Lebensmittelversorgungsketten in Takt halten. "Was nicht gesät, gepflanzt, geerntet, verarbeitet und transportiert wird, fehlt am Ende zur Versorgung unserer Bevölkerung“, sagt Klöckner. Zudem drohe nach Einschätzung der Ministerin „ein massiver Engpass an Arbeitskräften mit enormen Auswirkungen auf unsere Urproduktion".

Die Ursache: Das Bundesinnenministerium hat ein Einreiseverbot für Saisonarbeiter angeordnet. Der Bauernverband forderte deshalb, die Beschränkungen möglichst kurz zu halten. Ein wichtiger Punkt im Plan Frau Klöckner ist: Die Agrar- und Lebensmittelbranche soll als  eine „systemrelevante Infrastruktur" anerkannt werden. So könnten beispielsweise auch Betriebsschließungen durch Quarantänemaßnahmen verhindert werden. Doch am wichtigsten scheint zu sein, dass die Maßnahmen und Vorschläge möglichst schnell umgesetzt werden. Nur so kommen die Bauern einigermaßen durch die Krise.

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