Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Fracking und Gasversorgung

Frieren oder lieber Fracking? - Gasversorgung in Deutschland

Fracking in den USA.
am Freitag, 14.10.2022 - 11:12 (21 Kommentare)

Fracking war in Deutschland tot. Doch jetzt gibt es eine Energiekrise. Und es gibt erhebliche Vorkommen. Rund ein Fünftel des Bedarfs könnten gedeckt werden.

Fracking bietet nach Ansicht von Geowissenschaftlern für Deutschlands die Chance auf mehr Unabhängigkeit bei der Gasversorgung. Doch die Politik lehnt die Gasförderung über Fracking mehrheitlich ab. In Niedersachsen, dem Bundesland mit dem größten Schiefergas-Vorkommen in Deutschland, hatten sich SPD, CDU und Grüne vor den Landtagswahlen im Oktober gegen die Technologie ausgesprochen.

Andreas Hagedorn, Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Geowissenschaftler (BDG), sagt jedoch gegenüber dem Handelsblatt: „Das Volumen des in Deutschland technisch gewinnbaren Schiefergases beläuft sich auf zwei Billionen Kubikmeter“ – etwa vierzigmal so viel Gas, wie Russland zuletzt jährlich nach Deutschland geliefert hat. Durch den Ukrainekrieg werden für abgeschlossen gehaltene Diskussionen aber wieder belebt."

Dabei geht es um die sogenannten unkonventionellen Gas-Lagerstätten und damit um das sogenannte hydraulische Fracking: Dort wird anfangs mit hohem Druck ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien in tiefe Gesteinsschichten gepumpt, um Risse in ihnen zu bilden, so dass das eingeschlossene Erdgas entweichen kann, sagt Eike Bruns, Sprecher des niedersächsischen Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie in Hannover gegenüber dem Deutschlandfunk.

„Wenn wir jetzt in die Debatte einsteigen, ob auch aus unkonventionellen Lagerstätten irgendwas gefördert werden sollte, dann reden wir eben über Lagerstätten, die nicht im Sandstein liegen, sondern in Schiefer-, Ton- oder Mergelgestein und wo es dann eben dieses Impulses bedarf, etwas aufzubrechen, um dann eben das Schiefergas auch fördern zu können,“ sagt Bruns.

Hohe Gaspreise machen Fracking wirtschaftlich

Kommerzielle unkonventionelle Fracking-Vorhaben sind in Deutschland aber bis auf weiteres verboten. Das Verbot betrifft das sogenannte unkonventionelle Fracking bei der Erdgasgewinnung in Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein. Und auch die Industrie hat sich nicht für Fracking interessiert, weil die gesellschaftliche Akzeptanz nicht da war, sagt Hans-Joachim Kümpel, bis 2016 Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe gegenüber der Freien Presse aus Chemnitz.

Er hält es für möglich, dass der Anteil an Frackinggas an er Versorgung innerhalb weniger Jahre wieder auf 20 Prozent des Jahresverbrauchs steigt. Die größte Hürde sieht er in der massiven Ablehnung des Fracking-Verfahrens, von dem Politik und Medien lange ein verzerrtes Bild gezeichnet hätten. Vor diesem Hintergrund wurde 2016 ein Gesetz verabschiedet, das quasi ein Fracking-Verbot ist. Dieses Verbot und der damals niedrige Gaspreis sorgten dafür, dass Fracking in Deutschland im Grunde tot war.

Wenn die Gesetzeslage bleibt, wie sie ist, wird von der Industrie auch weiter null Interesse da sein, die Ressourcen zu nutzen, sagt Kümpel. Aber der Gaspreis, der ist inzwischen so hoch, dass es über viele Jahre wirtschaftlich wäre, bei uns zu fördern - und zwar ansehnliche Mengen über Jahrzehnte, sagt der Experte.

Vorkommen in Niedersachsen, NRW und am Oberrheingraben

Vor allem im Nordwesten Deutschlands gibt es große Mengen Schiefergesteins. Darin befindet sich genug Erdgas, um bis zu 20 Prozent des deutschen Bedarfs zu sichern, sagt der der Branchenverband der Förderindustrie BVEG. Noch vor 20 Jahren stammte ebenfalls rund ein Fünftel des in Deutschland verbrauchten Gases aus heimischer Förderung.

Inzwischen liegt die Selbstversorgungsquote bei fünf Prozent, Tendenz abnehmend, weil sich die erschlossenen Vorkommen dem Ende zuneigen. Die heimische Erdölförderung deckt zwei Prozent des Verbrauchs. Neue Gasfelder wurden gar nicht mehr gesucht, schließlich wollte man weg vom Gas und solange genügte der Import billigen Gases aus Russland.

Stefan Ladage von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover hat das mögliche Fördervolumen in einer Studie abgeschätzt: „Im Ergebnis ist es eine große Spannbreite von 300 Millionen Kubikmeter bis zwei Milliarden Kubikmeter in etwa, im Mittel rund 700 Millionen Kubikmeter. Aber die große Spannbreite zeigt halt auch schon natürlich die großen Wissenslücken oder Unsicherheiten zu diesen Gesteinsformationen im Untergrund.“

Die größten Vorräte liegen in Niedersachsen, erklärt der Geologe im Deutschlandfunk. Es gibt aber auch Vorkommen im Oberrheingraben und in Nordrhein-Westfalen. Die Menge an Schiefergas, die sich daraus fördern ließe, schätzt er mit 380 bis 2340 Milliarden Kubikmeter ab. Bei einem deutschen Jahresverbrauch von rund 90 Milliarden Kubikmeter könnte man also einen erheblichen Teil des deutschen bedarfs selber decken. Wenn man will.

Kommentare

agrarheute.comKommentare werden geladen. Bitte kurz warten...