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Hochwasser: Arla Foods zahlt für nicht abgeholte Milch

Hochwasser Katastrophe Überschwemmung
am Freitag, 23.07.2021 - 11:00 (Jetzt kommentieren)

Die Hochwasser-Katastrophe im Westen hat auch in der Agrarwirtschaft Millionenschäden hinterlassen. Molkereien und Zuckerhersteller Pfeifer & Langen arbeiten mit Hochdruck daran, in Logistik und Produktion den Normalbetrieb wiederherzustellen. Darüber hinaus versuchen die Unternehmen, den betroffenen Landwirten zu helfen.

Hochwasser Starkregen Überflutungen

So will die Molkerei Arla Foods mit ihrem Eifel-Standort Pronsfeld für die Milch auch bezahlen, wenn sie von den geschädigten Milchviehbetrieben nicht abgeholt werden konnte. Das bestätigte ein Sprecher der Genossenschaft gegenüber agrarheute. Dies soll die Liquidität der Betriebe in dieser Notlage sicherstellen. Inzwischen hat Arla nach eigenen Angaben aber auch wieder Zugang zu allen Milchlieferanten.

Die ebenfalls im nördlichen Rheinland-Pfalz angesiedelte Hochwald-Molkereigruppe hat eine Spendenaktion für Milcherzeuger und Mitarbeiter ins Leben gerufen, um Hilfe schnell und unbürokratisch zu den Betroffenen zu leiten. Die Milchabholung hat sich bei Hochwald normalisiert. Allerdings erfordern zerstörte oder gesperrte Straßen und Brücken Umwege, wodurch sich die Touren verlängern.

Produktionsstopp in der neuen Hochwald-Molkerei Erftstadt

Über die Schadenshöhen können die beiden großen Molkereien in dem Hochwasser-Katastrophengebiet noch keine genauen Angaben machen. Das neue Hochwald-Werk in Erftstadt wurde zwar nicht überschwemmt. Trotzdem musste die Molkerei zeitweise die Produktion einstellen, weil die für den Betrieb notwendige Kläranlage ausgefallen ist. Bis Anfang kommender Woche soll die Milchverarbeitung aber wieder nahe am Normalbetrieb sein.

Bei Arla Foods verursachte Tief Bernd mit seinen enormen Regenmengen Störungen am Standort Pronsfeld und in der Logistik. Im Werk wird seit Mittwochabend mit Hochdruck daran gearbeitet, die Auswirkungen auf das Geschäft zu minimieren. Nur in wenigen Fällen soll es zu Verzögerungen bei der Belieferung der Kunden gekommen sein.

Zuckerfabrik Euskirchen stand meterhoch im Wasser

Bei der Zucker-Gruppe Pfeifer & Langen überflutete das Erft-Hochwasser das Werk Euskirchen. Teilweise standen die technischen Anlagen mehr als 1 Meter hoch in den braunen Fluten, berichtet Dr. Hermann Schmitz, Leiter Landwirtschaft bei Pfeifer & Langen. Personen kamen glücklicherweise nicht zu Schaden.

Nachdem sich das Wasser zurückgezogen hat, reinigen und reparieren Techniker jetzt die Anlagen. Keller, auch unter Zuckersilos, mussten leergepumpt werden. Aktuell ruht die Produktion in Euskirchen daher vollständig. „Wir arbeiten jedoch mit Hochdruck daran, die Anlagen möglichst schnell wieder hochfahren zu können“, sagt Schmitz. Wie lange das dauern wird, ist noch nicht absehbar. Das volle Ausmaß der Schäden ist noch nicht bekannt. Es wird ermittelt, welche Ersatzteile benötigt werden und ob diese verfügbar sind. Der wirtschaftliche Schaden bewegt sich in Millionenhöhe.

Rübenbestände wurden von den Fluten mitgerissen

Ähnlich unübersichtlich ist die Lage auf den Rübenäckern. Schmitz berichtet: „Wir haben noch keinen umfassenden Überblick, in welchem Umfang die Zuckerrübenflächen geschädigt wurden.“ Grundsätzlich sind die Rüben gegen vorübergehende Überschwemmung relativ unempfindlich.

Auf manchen Flächen wurden die Pflanzen von der starken Strömung jedoch einfach weggerissen. „In Einzelfällen hat es Totalausfälle gegeben“, sagt Schmitz. Und dort, wo es jetzt zu Staunässe im Unterboden kommt, wird man die Folgen für die Zuckerrüben erst in etwa zwei Wochen beurteilen können. Daher ist es noch zu früh, um die Auswirkungen auf die Rübenernte im Rheinland einzuschätzen.

Vereinigte Hagel verzeichnet 9.000 Hektar geschädigte Kulturen

Die Vereinigte Hagelversicherung verzeichnet vom Niederrhein bis in die Eifel Starkregenschäden auf etwa 7.500 ha. Heinsberg, Bedburg, Jülich, Kerpen und Bad Münstereifel sind die am schwersten betroffenen Ortschaften. Weitere 1.500 ha sind im Vogtland sowie Bayern und Baden-Württemberg beeinträchtigt.

Die betroffenen Kulturen bilden einen Großteil des Anbauspektrums ab: Kartoffeln, Mais, Zu- ckerrüben, Bohnen, Möhren sowie erntereifes Getreide und Raps. Mehr als 50 Sachverständige der Vereinigten sind im Einsatz, um die Schäden schnell und unbürokratisch zu regulieren. Bernd Edeler, Bezirksdirektor in Münster, rechnet mit einem Schaden in Millionenhöhe. Ich gehe von mindestens 1 Million, eher von 2 Millionen Euro in Nordrhein-Westfalen aus", sagt Edeler.

Zahl der Todesopfer steigt auf 175

Vorige Woche hatte ein Unwetter mit Starkregen eine verheerende Flut in Rheinland-Pfalz und NRW ausgelöst. Die Opferzahlen stiegen auch am Donnerstag weiter. Bei der Hochwasserkatastrophe kamen mindestens 175 Menschen ums Leben - in Rheinland-Pfalz nach bisherigen Erkenntnissen 128, in NRW 47. Mehr als 150 Menschen werden in Rheinland-Pfalz noch vermisst.

Die Schäden sind immens. Im Kreis Ahrweiler wurden nach Angaben von Lewentz unter anderem 62 Brücken zerstört, 19 Kindertagesstätten sowie 14 von 60 Schulen stark beschädigt oder zerstört. Das finanzielle Ausmaß der Hochwasserkatastrophe ist nach den Worten der Mainzer Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) noch unklar.

Mit Material von dpa

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