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Corona und die Folgen +++ aktualisiert, 9. April 2020, 12:30 Uhr +++

Keine Drosselung der Milchproduktion auf breiter Front

Melkzeit auf einem Betrieb in Abbenrode im Landkreis Harz im Bundesland Sachsen-Anhalt
am Donnerstag, 09.04.2020 - 05:00 (1 Kommentar)

Molkereigenossenschaften wollen je nach Absatzlage die Menge individuell steuern. Die DMK Group und Arla Foods Deutschland sehen keinen Anlass zu bremsen. Das Geschäft mit dem Einzelhandel brummt wie nie zuvor. Unterdessen rufen die Agrarminister in Berlin und Paris nach der Eröffnung der privaten Lagerhaltung.

Holzenkamp-Franz Josef-DRV

Molkereigenossenschaften, die in der aktuell schwierigen Situation am Milchmarkt mit Absatzeinbußen zu kämpfen haben, sollten ihre Lieferanten zur Drosselung ihrer Milchmengen auffordern. Das hat Franz-Josef Holzenkamp, der Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV), erklärt.

Zugleich stellte Holzenkamp heraus, die Mengensteuerung liege allein in den Händen der Marktakteure. Während eine Gruppe von Molkereien derzeit einen hohen Milchbedarf habe, würden sich andere mit Absatzproblemen konfrontiert sehen. Diese unterschiedliche Entwicklung verlange von den Unternehmen individuelle Antworten.

Die Bayern MeG und die Schwälbchen Molkerei hatten zu Beginn der Karwoche die Milcherzeuger aufgerufen, die Anlieferung zu drosseln.

Drosselung der Milcherzeugung nicht geplant

Zumindest Deutschlands größte Molkereigenossenschaft, die DMK Group, sieht derzeit hingegen keinen Anlass, auf die Bremse zu treten. „Wir haben uns nicht mit einer Bitte zur Drosselung der Milchproduktion an unsere Lieferanten gerichtet“, erklärte ein Sprecher des Unternehmens auf Anfrage gegenüber agrarheute.

Ähnlich ist die Einschätzung der Lage bei Arla Foods in Düsseldorf: "Eine Drosselung der Milchanliefermenge ist aktuell keine Thema für uns und wir haben auch keine Pläne für eine Einführung", so ein Unternehmenssprecher.

Wie Ostern, Weihnachten und Silvester an einem Tag

Nach Angaben des DMK-Sprechers sind die Aufträge aus dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH) für die DMK Group in den letzten Wochen teilweise doppelt so hoch wie in einer „normalen“ Woche um diese Jahreszeit. „Was die Mengenplanung betrifft, ist es so, als ob Ostern, Weihnachten und Silvester auf einen Tag fallen“, so der Sprecher.

Der Fokus liegt auf haltbarer Milch und Sahne, Butter und Käse. Alle weiteren Segmente verzeichnen aber ebenfalls deutliche Anstiege – teilweise werde die dreifache Wochenmenge bestellt. „Wir produzieren und liefern dementsprechend auf MAX, um die Regale des Handels voll zu bekommen“, heißt es in der Bremer Zentrale der Großmolkerei. Aktuelle Liefermengen liegen teilweise 40 Prozent über dem Durchschnitt.

Gleichzeitig ist das Gastronomiegeschäft nahezu komplett zum Erliegen gekommen. Und das weltweite Geschäft ist derzeit von hohen Unsicherheiten geprägt.

Keine Prognose zum Auszahlungspreis im Mai

Rohstoffwert Milch

Den Auszahlungspreis für ihre Milchlieferanten für den Monat April wird die DMK Group gegenüber dem Vormonat März trotz des rasanten Absturzes an den Börsen stabil halten. „Für den Mai lässt sich aufgrund der Marktentwicklungen noch keine seriöse Prognose abgeben“, erklärte der Sprecher.

Auch die Arla wird den Auszahlungspreis im April gegenüber dem Vormonat unverändert halten. Eine darüber hinausgehende Einschätzung wagt die Genossenschaft allerdings nicht angesichts der schnellen Veränderungen am Markt.

Molkereien wollen Zuschüsse zur privaten Lagerhaltung

Eine Stabilisierung des Milchmarktes durch Eingriffe der EU hält man sowohl in Bremen als auch in Düsseldorf für angebracht. Denn die Börsenkurse für wichtige Molkereierzeugnisse sind deutlich zurückgegangen. „Zusammen mit dem Mittel einer temporären Intervention stellt die private Lagerhaltung aus unserer Sicht geeignete Maßnahmen dar, um Resultaten der Corona-Pandemie entgegenzuwirken“, heißt es beim Deutschen Milchkontor.

Und auch Arla unterstützt die Bemühungen der Industrie und Verbände auf europäischer Ebene, auf die durch das Coronavirus verursachte Volatilität und Marktstörungen zu reagieren. Dies beinhalte auch die Forderung an die EU, die private Lagerhaltung zu fördern.

Berlin und Paris für Eröffnung der privaten Lagerhaltung

Julia Klöckner

Bei ihrer Forderung nach Zuschüssen zur privaten Lagerhaltung haben die Molkereien die Unterstützung von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und ihrem französischen Amtskollegen Didier Guillaume. Nach einer telefonischen Beratung riefen die beiden Minister heute die EU-Kommission auf, die Eröffnung der privaten Lagerhaltung für Marktsektoren in der Krise in Betracht zu ziehen.

Die Minister unterstrichen, es sei unter den derzeit schwierigen Rahmenbedingungen erforderlich, die Nutzung der verfügbaren Maßnahmen der EU-Agrarpolitik zur Unterstützung von landwirtschaftlichen Betrieben zu vereinfachen. Benötigt würden dazu deutliche Erleichterungen und größere Flexibilität bei den Kontrollmaßnahmen, insbesondere den Vor-Ort-Kontrollen. Sie forderten die Europäische Kommission auf, die dazu erforderlichen Regelungen rasch zu verabschieden.

Zu Anfang dieser Woche hatte sich der Sonderausschuss Landwirtschaft (SAL) noch nicht auf die Einführung von Marktmaßnahmen verständigen können.

Sollten die Milchviehhalter die Produktion drosseln, um in der Corona-Krise ein Überangebot zu vermeiden?

Ja, die Menge muss ingesamt runter.
33% (630 Stimmen)
Ich finde, das sollte jede Molkerei mit ihren Erzeugern für sich entscheiden.
25% (475 Stimmen)
Das wird sowieso nicht funktionieren, weil nicht alle mitmachen.
25% (473 Stimmen)
Nein, die EU sollte viel besser die private Lagerhaltung fördern.
4% (77 Stimmen)
Das ist nicht nötig, denn die Nachfrage der Großverbraucher wird in zwei bis drei Wochen wieder anspringen.
14% (261 Stimmen)
Stimmen gesamt: 1916
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Kommentar

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