Die Fleischindustrie steckt in der Krise. Die Nachfrage ist tendenziell rückläufig, der Export leidet unter Handelsbeschränkungen und nun schießen auch noch die Produktionskosten gewaltig in die Höhe. Aldi-Manager Mario Elbers rechnet daher mit Preissteigerungen zu Lasten des Verbrauchers. "Wir sehen aktuell explosionsartige Preisentwicklungen. Daher müssen wir warengruppenübergreifend unser Sortiment mit Preiserhöhungen versehen“, sagte Elbers in einem Branchenforum der Unternehmensberatung Ebner Stolz.
Zugleich betonte er, Aldi werde Preisforderungen der Lieferanten nur akzeptieren, wenn sie „sinnvoll und nachvollziehbar sind“. Gegen Mitnahmeeffekte werde sich der Discounter verwehren.
Preisdifferenz zwischen Haltungsformen wird kleiner
Überraschend sind die Aussagen Elbers zum Absatz von Fleisch aus höheren Haltungsformen. Einerseits beobachtet der Aldi-Manager eine zunehmende Preissensibilität der Verbraucher.
Gleichzeitig sieht er in den Preissteigerungen aber einen Vorteil für die Nachfrage nach Haltungsform 3 und 4, „weil die Differenz im Preis zwischen dem Fleisch aus unterschiedlichen Haltungsformen nicht mehr so groß ist." Für den Kunden sei es attraktiver, auf die Tierwohl-Ware zurückzugreifen, meinte Elbers.
Food-Publizist sieht Kommunikationsdefizite der Fleischbranche
Der Food-Aktivist und Publizist Hendrik Haase kritisierte die Fleischwirtschaft in dem Branchengespräch. "Fleisch und Wurst sind in der jungen Generation zum Teil irrelevant geworden", sagte Haase.
Die Generation der Mitte 30-jährigen verzehre nur noch 60 % vom Durchschnitt des deutschen Fleischkonsums. "Die in Deutschland nachgefragte Fleischmenge wird also rapide sinken, wenn das Produkt Fleisch nicht anders kommuniziert wird."
Wurst wird künftig auf TikTok verkauft - oder gar nicht
Haase sieht den Lebensmittelhandel am Zug: "Der Handel muss sich überlegen, wie verkaufe ich Wurst auf TikTok." Das Marketing der großen Händler müsse andere Wege gehen. "Die Verpackung in Deutschland ist zugepflastert mit Label, die aber niemanden überzeugen."
"Die Fleischbranche muss mit Qualität, Transparenz und Emotionalität überzeugen“, so Haase, ansonsten werde sie schon bald von fermentierten Ersatzprodukten aus Pflanzen oder dem Bioreaktor substituiert. Die Startup-Szene mache ein besseres Marketing, biete zum Teil schon jetzt gleichwertigen Genuss und werde bald zu günstigeren Preisen produzieren.
Hier ist Ihre Meinung gefragt
Werden Sie Teil unserer Community und diskutieren Sie mit! Dazu benötigen Sie ein myDLV-Nutzerkonto.