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Vertical Farming

Landwirtschaft aus dem Untergrund - unter den Straßen von London

Vertical Farming Im Bunker
am Freitag, 25.09.2020 - 05:00 (1 Kommentar)

Landwirtschaft tief unter den Straßen Londons. Genauer gesagt: Vertical Farming.

Tief unter den Straßen von London, betreiben Steve Dring und seine Kollegen in einem ehemaligen Luftschutzkeller Landwirtschaft. Genauer gesagt: Vertical Farming. Aber anders als sonst bei dieser Methode erfolgt der Anbau nicht in Hochhäusern oder alten Fabrikhallen – sondern sehr tief unter der Erde.

Die von Dring mitgegründete Firma „Growing Underground“ baut auf engstem Raum eine große Auswahl an Gemüse und Kräutern in vertikal gestapelten Regalen an. Dieses Verfahren ist Teil eines wachsenden Trends vor allem in den großen Städten Europas, der USA und Asiens.

„Wir müssen auf unserem Planeten mehr Nahrung erzeugen", sagte Dring gegenüber dem Onlinedienst Marktplace. „Aufgrund des Klimawandels, der Bodenerosion und des Bevölkerungswachstums müssen wir neue Technologien einsetzen, um Wege zu finden, Pflanzen nachhaltig anzubauen und gleichzeitig die Erträge zu steigern,“ sagt der Unternehmer.

Landwirtschaft im Luftschutzbunker

Vertical Farming LED-Leuchten.

Zu erreichen ist die Farm ausgesprochen unkonventionell. Beschäftige und Besucher müssen sich in einen alten Aufzug quetschen und dann 100 Fuß unter der Erde fahren, um eine etwas unheimliche und nicht besonders ländliche Szene zu erreichen: Zwei parallele Tunnel, eine halbe Meile lang, in ein rosa Licht getaucht, mit etwa 20 Arbeitern, gekleidet in weiße Laborkitteln, mit OP-Stiefeln, Haarnetzen und Gesichtsmasken.

„Wir sind hier unten frei von Schädlingen. Diese Kleidung ist eine zusätzliche Schutzschicht“, erklärte die Mitarbeiterin Bethany Thurston, die eher wie ein Labortechniker aussieht als wie ein Landwirt. "Es ist hier unten fast chirurgisch, wie in einem Operationssaal," sagt sie.

Die Tunnel wurden zwischen 1939 und 1942 gebaut, um die Bevölkerung vor Bombenangriffen zu schützen. Zeitweise waren sie mit Etagenbetten für rund 8.000 Menschen ausgestattet. Heute wächst hier eine große Auswahl an Gemüse und Kräutern. Angebaut werden Brokkoli, Rucola, Koriander, Fenchel, Erbsen, Sonnenblumen, zwei Arten von Rettich, und Wasabi-Senf", sagte Thurston.

Kein Boden, keine Schädlinge, kein Wetter

Auf dieser Farm gibt es keinen Boden. Die Samen werden auf recycelten Teppichstücken gekeimt, und auf Tabletts unter dem Schein einer rosa LED-Beleuchtung gezüchtet und in Wasser gebadet, das alle wichtigen Nährstoffe enthält. Die unterirdischen Landwirte haben einige Vorteile gegenüber ihren traditionell wirtschaftenden Kollegen, sagt Dring.

Sie befinden sich direkt in der Großstadt und können frische Produkte an einen großen städtischen Markt liefern. Sie haben keine Schädlinge und müssen daher keine Pflanzenschutzmittel einsetzen. Und sie müssen sich niemals um das Wetter sorgen – das Hauptproblem für die meisten Landwirte über der Erde.

„Wir sind hier nicht von den Launen des Klimas betroffen. Es ist hier alles sehr vorhersehbar, sehr kontrolliert. Hier unten gibt es keinen Frost und keine Hitzewellen. Es ist alles standardisiert “, sagte Greg Crawford, dessen Aufgabe es ist, die Gesundheit der Pflanzen zu pflegen und neue Pflanzen zu testen und zu entwickeln.

Ergänzung zur konventionellen Landwirtschaft

Vertical Farming.

Die kontrollierten Wachstumsbedingungen gewährleisten einen sehr hohen Ertrag. „Wenn wir Erbsen im Freien anbauen würden, hätten wir maximal drei Ernten pro Jahr", sagte Dring. „Hier bekommen wir bis zu 62 Ernten pro Jahr hin, weil wir den Pflanzen das ganze Jahr über genau das geben, was sie wollen."

Dring glaubt aber nicht, dass die vertikale Landwirtschaft die traditionelle Landwirtschaft ersetzen kann, aber er glaubt, dass sie an Bedeutung gewinnen wird, da seiner Ansicht nach, die traditionelle Landwirtschaft allein den Planeten nicht ernähren kann.

„Wir müssen mehr Lebensmittel mit verschiedenen Methoden produzieren. Das derzeitige Modell der Landwirtschaft ist nicht zweckmäßig “, glaubt er. Und was sagen die unterirdischen Landarbeiter zu Bedingungen? Würden sie lieber oberirdisch arbeiten?

„Wir sind hier auf dem neuesten technologischen Stand, daher ist es sehr interessant. Wir verschieben die Grenzen und das ist aufregend," sagt Greg Crawford und fügte hinzu: „Ich vermisse aber den Sonnenschein ein wenig."

Aber: Nicht rentabel - und was machen die Verbraucher?

Und es gibt noch etwas: Growing Underground ist noch nicht rentabel. Auch für die meisten anderen Vertical-Farming-Unternehmen sind die Kapitalkosten, die mit dem Aufbau einer großen Hydroponikfarm verbunden sind (im Vergleich zur Feld- oder Gewächshausfarm) geradezu astronomisch.

Beispiele aus den USA zeigen das sehr viele der Unternehmen an diesen hohen Kosten gescheitert sind. Die große Abhängigkeit von Investorenkapital und sehr viel teuerem High-Tech (wie etwa steuerbare LEDs) sowie die Herausforderungen in Bezug auf Energieeffizienz (hohe Stromkosten) und Umweltauswirkungen, machen die vertikale Landwirtschaft nicht unbedingt zu einer sicheren Wette, sagen Skeptiker.

Und selbst wenn vertikale Farmen sich am Markt behaupten, ist nicht klar, ob ausreichend viele Verbraucher den Wechsel von Feldprodukten zu deutlich teureren Lebensmitteln, die in Innenräumen produziert wurden, mitmachen werden.

Mit Material von Marktplace

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