Während in Sonntagsreden der Erhalt der bäuerlichen Familienbetriebe beschworen wird, treiben die Großen des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) derzeit die Entwicklung in die entgegengesetzte Richtung. "Lidl umwirbt Großbauern", titelte kürzlich die Lebensmittelzeitung und berichtete, dass der Konzern bei Obst und Gemüse künftig verstärkt mit Großbetrieben direkt zusammenarbeiten möchte. Zwischenhändler, die Frischware mühsam von vielen kleinen Erzeugern bündeln, sollen ausgeschaltet werden. Lidl geht derzeit auf große Gemüseerzeuger zu, um mit ihnen auf direktem Wege Lieferverträge zu schließen. Erzeuger, die in der Lage sind, einen ganzen Lkw mit Salat zu füllen, werden von dem Discounter mit offenen Armen empfangen.
"Landwirtschaft zwischen Wunsch und Wirklichkeit"
Lidl ist nur ein Beispiel, wie die Landwirtschaft derzeit zwischen Wunsch und Wirklichkeit hin- und hergerissen wird. Der Wachstumsdruck ist in der Landwirtschaft nicht kleiner geworden, sondern beschleunigt sich im Gegenteil immer mehr. Die Lebensmittelhändler kennen für sich nur ein Ziel: groß, größer, am größten. Und ihre Lieferanten sollen sich diesem Größenwahn gefälligst anpassen.
Wenn die Lieferanten nicht mitziehen, schrecken die LEH-Konzerne auch nicht davor zurück, selbst in die landwirtschaftliche Produktion einzusteigen. Der Edeka-Konzern hat jetzt in Mecklenburg-Vorpommern einen 200 ha großen Betrieb mit Bio-Obstanbau gekauft. Man wolle dadurch unabhängiger von anderen Bio-Lieferanten werden, heißt es bei Edeka. Kurz zuvor hat sich der Konzern an einer Molkerei in Bayern beteiligt. Andere Bereiche der Verarbeitung betreibt er schon länger selbst: Edeka wurstet und bäckt in eigenen Betrieben und fördert Mineralwasser.
Wo wird das enden? Der bäuerliche Familienbetrieb war niemals zuvor stärker in Gefahr als heute.
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