Die Molkerei Zott, Mertingen, hat derzeit mehr Milch als sie gebrauchen kann. Daher hat sie einigen Milcherzeugergemeinschaften die Lieferverträge gekündigt. Insgesamt geht es um rund 144 Mio. kg Milch. So müssen etliche Milchbauern im nordbayerischen Raum in den kommenden Monaten eine neue Molkerei suchen.
Die Lage ist nicht einfach, denn wegen der wirtschaftlichen Schieflage der Bayerischen Milchindustrie eG (BMI) wollen viele Landwirte die Genossenschaft verlassen.
Kaum eine Molkerei will Anbindehalter aufnehmen
Doch die Alternativen sind in Nordbayern nicht so groß, da die Molkereidichte geringer ist als beispielsweise in Oberbayern. Besonders misslich ist die Lage für Milchviehbetriebe mit Anbindehaltung. Wie zu hören ist, will kaum eine umliegende Molkerei neue Anbindehalter als Lieferanten haben. Finden die betroffenen Tierhalter keine Abnehmer für ihr Milch, beschleunigt dies den Strukturwandel.
Betroffen von der Abstoßungswelle der Molkerei Zott ist beispielweise die MEG Rhön Saaletal w.V. mit etwa 25 Mio. kg Milch. Auf agrarheute-Nachfrage teilt Zott mit, dass der Milchkaufvertrag mit der MEG Rhön-Saaletal w. V. Ende 2021 ausläuft.
„Bereits zweieinhalb Jahre vor Auslaufen des Milchkaufvertrages der MEG Rhön-Saaletal w.V. haben wir den Vorständen dieser MEG mitgeteilt, dass wir den zum 31.12.2021 endenden Milchkaufvertrag nicht verlängern werden. Bei der Suche nach einem neuen Abnehmer stehen wir dieser MEG unterstützend zur Seite,“ so die Molkerei.
Milchanlieferungen größer als erwartet
Um deutlich mehr Milch geht es bei der MEG Nordbayern eG. Sie vermarktet rund 108 Mio. kg. Die MEG Nordbayern eG liefert jedoch bereits ab Januar 2020 an die Naabtaler Milchwerke GmbH & Co. KG Privatmolkerei Bechtel. Die Privatmolkerei Bechtel hatte diese Milch bereits bisher über eine Kooperation mit Zott verarbeitet. Laut Zott beinhaltete die Kooperation Synergien für beide Unternehmen. Ab 2020 sollte ursprünglich ein Teil der Menge direkt an nach Wertingen gehen. Die MEG Nordbayern war zum Januar 2017 von der BMI zu Zott gewechselt.
Ebenso hat die Molkerei Zott den beiden Vorständen der MEG Augsburg West w.V. mitgeteilt, dass sie den zum 31. Dezember 2021 endenden Milchkaufvertrag nicht verlängern werde. Die Milchmenge beläuft sich hier auf ca. 11 Mio. kg/Jahr.
Als Gründe für das Abstoßen von rund 144 Mio. kg Milch führt Zott an, dass sich die Lage am Milchmarkt anders entwickelt habe als geplant. So ging die Molkerei von steigenden Absatzmengen, insbesondere im Export von Milchprodukten aus.
Gleichzeitig rechnete sie mit rückläufigen Vertragsmilchmengen durch den Strukturwandel. „Unsere Einschätzungen haben sich in beiden Bereichen leider nicht bewahrheitet!“, stellt Unternehmenssprecherin Michaela Matthäus fest.
Schwächen im Joghurtabsatz und Export
In den volumenstarken Segmenten Fruchtjoghurt und Dessert haben sich laut Zott die Absatzmengen in den vergangenen Jahren im Gesamtmarkt kontinuierlich nach unten entwickelt. Dies betrifft die für Zott wichtige Kernländer Deutschland und Polen, aber auch andere wichtige Zielländer im Export.
Gleichzeitig habe die Molkerei seit drei Jahren aufgrund der besseren Detailschärfe ihrer Mengenplanung durch Umfragen bei Erzeugern ein klares Bild hinsichtlich der Milchmengenentwicklung. Zwar nehmen die Erzeugeranzahl über die nächsten sechs Jahre weiterhin kontinuierlich und in beachtlichem Umfang ab. Gleichzeitig steige aber die angelieferte Milchmenge weiterhin von Jahr zu Jahr erheblich, so der Milchverarbeiter.
„Beide Sachverhalte machten es uns unmöglich, die Milchmenge der MEG Nordbayern e.G. planmäßig über die nächsten Jahre zu integrieren und adäquat zu vermarkten“, so die Unternehmenssprecherin.Die Kündigung der MEG Rhön Saaletal w.V. führt Zott im Wesentlichen auch auf diese Gründe zurück. Andererseits habe die Molkerei auch vor dem ökologischen Hintergrund ihre Milchlogistik optimiert.
Verarbeitungmenge sinkt kaum
Obwohl Zott rund in den kommenden Jahren rund 144 Mio. kg Mich abgibt, wird laut Unternehmen die Verarbeitungsmenge nur geringfügig sinken. So hatte die Zott die Milchmenge der MEG Nordbayern e.G. bis heute nicht in Mertingen verarbeitet, sondern die Naabtaler Milchwerke GmbH & Co. KG Privatmolkerei Bechtel hatte die Milch abgenommen.
Die Mengen der MEG Augsburg West w.V. und der MEG Rhön Saaletal w.V. wurden bzw. werden über den Zeitraum 2018 bis 2022 über Mehrmengen in anderen Einzugsgebieten weitestgehend kompensiert, teilt die Molkerei mit.
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