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Nahrungsmittelversorgung

Insekten essen und an Tiere füttern: Ist das unsere Zukunft?

Insekten.
am Donnerstag, 17.02.2022 - 15:39 (5 Kommentare)

Der weltweite Bedarf an Nahrungsmitteln wird sich bis 2050 verdoppeln. Insekten wollen die meisten Menschen trotzdem nicht essen.

Insekten essen.

Die Vereinten Nationen (UN) erwarten, dass sich der weltweite Bedarf an Nahrungsmitteln bis zum Jahr 2050 verdoppeln wird. Europa will jedoch weniger Lebensmittel produzieren. Auf jeden Fall weniger Fleisch, aber auch weniger Getreide. Doch auch ohne diese Entwicklung könnten Nahrungsmittel knapp werden. Die FAO empfiehlt deshalb den Einsatz von Insekten zur menschlichen Ernährung.

Rund 2.000 Insektenarten werden bereits heute vom Menschen verzehrt - allerdings nicht im Westen - und in zahlreichen nicht-westlichen Kulturen gelten viele Insektenarten als Delikatesse. In Asien, Afrika und Südamerika sind Insekten bereits jetzt wichtige Proteinquellen für fast zwei Milliarden Menschen, schreiben Wissenschaftler der Oklahoma State University in einer Meta-Studie.

Danach sind Insekten eine nahrhafte Nahrungsquelle, reich an hochwertigem Protein und mit ernährungsphysiologischen Vorteilen, die mit traditionellen westlichen Proteinen wie Rind, Schwein und Huhn vergleichbar sind - sagen die Wissenschaftler.

Darüber hinaus sind Insekten aufgrund des geringen Flächenbedarfs und der reduzierten Mengen an Futter und Wasser eine nachhaltiger produzierte Proteinquelle als traditionelle westliche Proteinquellen, stellen die Forscher fest. Außerdem sind die direkten Treibhausgasemissionen in Insektenproduktionssystemen niedriger als in konventionellen Viehbetrieben. Also: Warum nicht Insekten produzieren und essen?

Die meisten Menschen haben Abscheu vor Insekten

Insekten.

Bisher ist Insekten essen - auch Entomophagie - eine seltene Praxis in den Vereinigten Staaten und in Westeuropa. Das Problem ist: Obwohl der Verzehr von Insekten eine Lösung für die Ernährung einer wachsenden Bevölkerung sein könnte, sind viele Menschen in den Vereinigten Staaten und Europa nicht bereit, überhaupt daran zu denken, Insekten zu essen.

Stattdessen reagieren die meisten Menschen mit Abscheu auf den Gedanken, Insekten zu konsumieren, da diese Praxis gegen bestehende kulturelle Normen verstößt, stellen die Wissenschaftler um Melissa Reed in ihrer Untersuchung fest. Die Förderung des Insektenkonsums in westlichen Gesellschaften stellt aus Sicht der Wissenschaftler jedoch eine potenzielle Strategie dar, um die Nahrungsmittelversorgung zu erhöhen und gleichzeitig die ökologische Nachhaltigkeit zu verbessern.

Bisher wurden im Westen aber nur sehr wenige erfolgreiche Strategien entwickelt, den Verzehr von Insekten zu erhöhen. Deshalb haben die Wissenschaftler der Oklahoma State University versucht, die Faktoren zu identifizieren, die die Bereitschaft beeinflussen, Insekten zu probieren, und die Wahrscheinlichkeit, dass sie regelmäßig konsumiert werden.

Ein heißer Trend in der Küche? Wohl eher nicht

Insekten.

Die BBC listete Insekten 2017 als Lebensmitteltrend auf, auf den man achten sollte und in einer Umfrage unter professionellen Köchen gaben 20 Prozent an, dass mit Insekten zubereitete Gerichte ein „heißer Trend“ seien. Um dieser aufkommenden Nachfrage gerecht zu werden, gab es 2017 etwa 200 Startup-Unternehmen, die sich auf Insektenprodukte spezialisierten. Erste Daten deuten darauf hin, dass Menschen Lebensmittel auf Insektenbasis durchaus akzeptieren, wenn sie sie probiert haben.

Amerikanische Verbraucher essen heute regelmäßig Lebensmittel, die früher als Tabu galten, wie Sushi aus Lachs und anderem rohem Fisch. Darüber hinaus könnten viele häufig verzehrte Lebensmittel, wie rohe Austern, aufgrund ihres Aussehens und ihrer Textur leicht als abstoßend angesehen werden.

Können Insekten also ebenfalls zu einem häufig verzehrten Lebensmittel werden? Um dieser Frage nachzugehen, haben die Wissenschaftler eine Umfrage bei über 1000 US-Bürgern zu ihrer Bereitschaft durchgeführt, Lebensmittel aus Grillenpulver zu essen.

Die Ergebnisse zeigen: Etwa ein Drittel der Amerikaner sind bereit, regelmäßig Insektenprodukte zu probieren und zu konsumieren, vorausgesetzt, sie sind schmackhaft und sicher. Diejenigen, die am empfänglichsten für Entomophagie sind, waren männlich, haben einen Hochschulabschluss, sind jünger mit höherem Einkommen, politisch liberal und nicht weiß, heißt es in der Auswertung der Befragung.

Insekten eher als Tierfutter interessant?

Weltweit sind etwa 2100 Insektenarten für den Menschen essbar. Da sie sich schnell vermehren und wachsen können, bieten Insekten wichtige Möglichkeiten als alternative Proteinquelle, stellen Wissenschaftler der niederländischen Universität Wageningen University & Research einer anderen Meta-Studie fest.

Der Nährwert von Insektenfleisch ist vergleichbar mit dem von Fleisch aus traditioneller Viehhaltung. Für die Herstellung von einem Kilo essbarer Ware benötigen kaltblütige Insekten jedoch viel weniger Nahrung als warmblütige Nutztiere. Zudem sind die Treibhausgasemissionen von Insekten bis zu hundertmal geringer als die von Schweinen oder Rindern, heißt es dort. Das macht Insekten zu einer nachhaltigen und wirtschaftlich interessanten Lösung für einen Teil des Welternährungsproblems, glauben die Forscher.

Sowohl die Lebensmittelindustrie als auch die Futtermittelindustrie sind an alternativen Proteinquellen interessiert. Untersuchungen haben gezeigt, dass der Nährwert von Insekten mindestens mit dem Nährwert von Sojabohnen und Fischmehlprodukten vergleichbar ist. Futtermittel von Insekten können also eine wichtige Rolle dabei spielen, die Nahrungskette zirkulär zu machen. 

Insekten können dann auf Nebenprodukten und Resten aus der Agrar- und Ernährungswirtschaft sowie auf Wirtschaftsdünger gezüchtet werden. Dadurch können sie zu einer nachhaltigen Tierhaltung beitragen, sagen  jedenfalls die niederländischen Forscher. Nun müssen nur noch die Konsumenten und die Landwirte daran glauben. Darauf darf man gespannt sein.

Mit Material von Oklahoma State University, Wageningen University & Research

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