
Die Ozeane erwärmen sich. Im Ost-Pazifik passiert jedoch etwas Seltsames. Er kühlt sich immer weiter ab. Wissenschaftler berichten darüber in der Zeitschrift New Scientist. Wenn diese so genannte „kalte Zunge“ anhält, könnte sie die Treibhausgaserwärmung um 30 Prozent reduzieren – aber auch zu einer Megadürre in den USA führen.
Die „kalte Zunge“ des Pazifiks, ein Meeresgebiet, das sich westlich von Ecuador erstreckt, ist kühler als erwartet. Seit Jahren sagen Klimamodelle voraus, dass sich das Meerwasser mit steigenden Treibhausgasemissionen erwärmen wird. Im Großen und Ganzen hatten sie Recht.
Doch in einem Teil des Pazifischen Ozeans geschieht genau das Gegenteil. Von der Küste Ecuadors aus erstreckt sich über Tausende Kilometer westlich ein riesiges Gebiet, dass sich seit 30 Jahren abkühlt.
Warum widerspricht dieser Teil des Ostpazifiks den Klimamodellen fragen sich die Wissenschaftler und finden keine einfache Erklärung.
Auswirkungen auf Klima und Landwirtschaft
„Dies ist nicht nur ein akademisches Rätsel. Pedro DiNezio von der University of Colorado Boulder nennt es „die wichtigste unbeantwortete Frage in der Klimawissenschaft“. Das Problem besteht darin, dass wir, wenn wir nicht wissen, warum diese Abkühlung stattfindet, auch nicht wissen, wann sie aufhört oder ob sie plötzlich in eine Erwärmung übergeht.
Dies hat globale Auswirkungen. Die Zukunft der kalten Zunge könnte unter anderem darüber entscheiden, ob Kalifornien von einer dauerhaften Dürre heimgesucht wird oder Australien von immer heftigeren Waldbränden heimgesucht wird.
Es beeinflusst die Intensität der Monsunzeit in Indien und die Wahrscheinlichkeit von Dürren und Hungersnöten am Horn von Afrika. Es könnte sogar das Ausmaß des Klimawandels weltweit verändern, indem es die Empfindlichkeit der Erdatmosphäre gegenüber steigenden Treibhausgasemissionen verändert.
Viele Theorien und keine Erklärung
Angesichts all dessen ist es nicht verwunderlich, dass Klimaforscher mit zunehmender Dringlichkeit versuchen, herauszufinden, was vor sich geht. Wie jeder gute Krimi ist dies eine Geschichte voller Intrigen, Verwirrung und konkurrierenden Theorien, sagen die Autoren der Studie auf New Scientist.
Einige glauben, dass die Antwort in den kalten Meeresgebieten des Südlichen Ozeans rund um die Antarktis liegt. Wie der östliche Pazifik gehören diese zu den wenigen Orten auf der Welt, an denen die Meeresoberflächentemperaturen in den letzten Jahrzehnten gesunken sind.
Ein möglicher Grund dafür ist, dass die antarktischen Gletscher durch steigende globale Temperaturen schmelzen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass eine dünnere Ozonschicht und die steigenden Treibhausgasemissionen zu stärkeren Winden in der Region führen, die mehr kalte Luft von der antarktischen Landmasse zum Oberflächenwasser des Südlichen Ozeans transportieren
Werden die Klimaprognosen überschätzt?
Was auch immer die Ursache für die Abkühlung ist, David Battisti von der University of Washington in Seattle und andere vermuten, dass sie auch Auswirkungen auf den tropischen Pazifik hat.
Klimamodelle beziehen das Schmelzwasser der Antarktis nicht immer in ihre Berechnungen ein und haben Schwierigkeiten, die Veränderungen der Meerestemperaturen, Winde sowie Strömungen im Südlichen Ozean korrekt wiederzugeben.
Yue Dong von der Columbia University hat jedoch gezeigt, dass die Klimamodelle zu einer Abkühlung im tropischen Pazifik führen, wenn man diese Parameter mit einbezieht.
Infolgedessen »könnten die Prognosen der aktuellen globalen Klimamodelle für die nahe Zukunft überschätzt werden«, heißt es in der Arbeit.
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