Ist es sinnvoll, ausgerechnet vor einer Molkerei zu demonstrieren, die regelmäßig einen der höchsten Milchpreise aller Milchverarbeiter in Deutschland auszahlt? Darüber gehen die Meinungen unter den Milchbauern auseinander.
Für den kommenden Freitag rufen der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) und die Verbändeallianz „Milchdialog“ zu einer Kundgebung bei der Privatmolkerei Hochland in Heimenkirch auf. Zur Begründung heißt es, auch die Hochland-Lieferanten könnten ihre Produktionskosten nicht annähernd decken. Zudem verwehre sich die Unternehmensspitze jeglichen Vorschlägen, die Rahmenbedingungen des Milchmarktes so zu reformieren, dass die Milchviehhalter gewinnbringende Milchpreise erzielen könnten.
Auch beim Deutschen Milchkontor (DMK) wollen BDM und Milchdialog am Freitag an den Standorten Edewecht und Zeven protestieren. Nach Angaben der Organisatoren wurden Hochland und DMK nicht ausgewählt, weil speziell deren Milchpreise zu niedrig seien, sondern weil sie mit ihrer Marktbedeutung und Größe die nötige Durchsetzungskraft und Leuchtturmfunktion hätten, um entscheidende systemische Veränderungen für die Milchviehbetriebe anzuschieben.
Milcherzeugergemeinschaften unterstützen Demonstration nicht
Der BDM und seine Anhänger haben in der Vergangenheit schon häufiger mit Protestaktionen auf die Anliegen der Milcherzeuger aufmerksam gemacht. Erst Ende Mai hatten BDM-Vertreter vor dem Bundeskartellamt in Bonn eine wettbewerbsrechtliche Untersuchung des Milchmarktes eingefordert.
Bemerkenswert am jüngsten Protestaufruf ist jedoch, dass sich acht Milcherzeugergemeinschaften (MEG), die Vertragspartner von Hochland sind, deutlich gegen die geplante Demonstration in Heimenkirch aussprechen.
Proteste würden den Falschen treffen
In einer Erklärung, die agrarheute vorliegt, betonen die MEG-Vorsitzenden, „überhaupt kein Verständnis“ für die „exemplarische Auswahl der Molkerei Hochland für die Protestaktion“ zu haben. Die Molkerei Hochland zeichne sich nicht nur seit Jahren durch einen weit überdurchschnittlichen Milchauszahlungspreis aus, sondern lasse die Milcherzeuger auch am wirtschaftlichen Erfolg teilhaben, in dem vertraglich vereinbarte Milchpreise überzahlt würden.
Hinzu komme, das Hochland 2018 Milcherzeuger aus Baden-Württemberg, die plötzlich aufgrund einer Molkereiinsolvenz keinen Abnehmer mehr hatten, aufgenommen habe. Die Proteste am 11. Juni würden ein Unternehmen treffen, das nicht nur Vorreiter im Milchpreis sei, sondern überdies soziale Verantwortung beweise, so Thomas Bertl, der Sprecher der Hochland-Milcherzeugergemeinschaften.
Eine Sprecherin von Hochland erklärte gegenüber agrarheute, eine Kundgebung sei ein legitimes Instrument, um auf seine Anliegen aufmerksam zu machen. Grundsätzlich müsse aber gemeinsam an Lösungen gearbeitet werden. Die Initiative der Erzeugergemeinschaften zeige, dass viele Milchlieferanten von Hochland das offenbar auch so sähen. "Wir schätzen die klare Haltung, die dadurch zum Ausdruck gebracht wird", so die Sprecherin.
Risiko für geplante neue Tierwohl-Produkte
Die Milcherzeugergemeinschaften befürchten, dass eine negative Darstellung des Unternehmens vielversprechende Konzepte für einen hochpreisigen Absatz von Molkereiprodukten gefährden könnten. Gemeint ist damit die Produktion von Milcherzeugnissen unter dem Siegel des Deutschen Tierschutzbundes „Für mehr Tierschutz“. Gegenwärtig führt Hochland dazu einen Markttest durch.
Vor diesem Hintergrund fordern die MEG ihre Mitglieder auf, die Proteste am Freitag nicht zu unterstützen. Milcherzeuger von anderen Molkereien rief Bertl auf, vor ihren eigenen Molkereien zu demonstrieren, da diese einen weitaus schlechteren Milchpreis bezahlten.
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