
Die Preise für Milchprodukte steigen auch im Lebensmittelhandel deutlich. Im März waren es 7,2 Prozent. Dabei wurde Butter für Verbraucher 17,6 % teurer, Vollmilch knapp 10 % und Käse kostete reichlich 5 % mehr als vor einem Jahr. Also im Vergleich zu anderen Produkten, wie etwa Mehl mit 17 %, Rindfleisch mit 14 % und Pflanzenöl mit 30 %, sind Milchprodukte sicher nicht die allergrößten Preistreiber.
Gleichzeitig steigen die Preise auf den vorgelagerten Stufen jedoch erheblich schneller als im Handel. Und das zeigt auch die wahren Gründe für die aktuelle Entwicklung: Zum einen die Knappheit des Rohstoffes Milch auf allen Handelsstufen - und nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa und am Weltmarkt. Auf der anderen Seite stehen die stark steigende Produktions- und Logistikosten. Zusammen führt das zu einer Explosion der Preise.
Der Grund: Preise zeigen immer Knappheiten an und bei Milch ist der Rohstoff offenbar sehr knapp und die Kosten der Produktion gehen durch die Decke - für die Milchbauern und auch für die Molkereien. So lagen die Erzeugerpreise der Industrie - das sind die Preise, die im Prinzip ab Werktor verlangt werden, für Milch und Milcherzeugnisse 17,3 % höher als vor einem Jahr. Zum Vergleich: Die Verbraucherpreise für Milchprodukte waren 7,2 % höher als im Jahr zuvor. Also ein fast dreimal so starker Preisanstieg bei den Abgabepreisen der Industrie.
Und auf dieser Handelstufe (Industrie) sind die Butterpreise sogar um 56 % gestiegen (ebenfalls mehr als dreimal so stark wie auf Verbraucherebene) und bei Käse lagen die industriellen Erzeugerpreise 17,5 % höher - auch hier ergibt sich ein dreifach stärkerer Preisanstieg als bei den Verbrauchern.
Im Übrigen sind die Industriepreise auch bei anderen Nahrungsmitteln wesentlich stärker nach oben gegeangen als die Verbraucherpreise - bisher jedenfalls. So verteuerten sich die Industriepreise für Mehl um 33,6 % und die Preise für Stärkeerzeugnisse gingen um 57 % nach oben. Für für pflanzliche Öle verlanget die Industrie sogar 72 % mehr. Und so weiter und so weiter.
Diese Zahlen zeigen: Die Verbraucher müssen bisher nur eine geringen Teil der höheren Rohstoff- und Verarbeitungskosten tragen - grob gesagt etwa ein Drittel.
Bauern kommen schlecht dabei weg

Und wie sieht es nun mit dem Vorwurf einiger Tageszeitungen aus, „weil die Verbraucher hamstern“ steigen die Preise - auch bei Milchprodukten. Allein die noch bestehende Differenz zwischen den Abgabepreisen der Industrie und den Verbraucherpreisen spricht eigentlich dagegen.
Natürlich trägt die Einlagerung von Butter oder Dauermilch nicht gerade zur Entspannung der Marktlage bei. Jedoch anders als bei Sonnenblumenöl, wo 80 % der globalen Versorgung durch die Ukraine und Russland bestritten werden, kann sich Deutschland bei Milch und Milchprodukten sehr gut selbst versorgen - wenn die Bauern für ihre Milch ausreichend gut bezahlt werden.
Ziemlich sicher ist nämlich: Höhere und kostendeckende Preise würden die Milch-Produktion ankurbeln, auch wenn die Inputpreise ebenfalls sehr hoch sind. Und da sieht es derzeit nicht so gut aus. Das zeigt ein Beispiel: So lassen sich die im Handel und am Terminmarkt erzielten Preise für Butter und Magermilchpulver - die wichtigsten internationalen Handelsprodukte - direkt auf den Milchpreis zurückrechnen.
Das macht das ife-Instititut in Kiel regelmäßig. Und es errechnet derzeit aus den wirklichen Handelspreisen von Butter und Magermilchpulver einen Rohstoffwert der Milch - also einen theoretischen Milchpreis - von 60,9 Cent je kg für den Monat März. Das sind sage und schreibe 25,2 Cent je kg oder 70 %!! mehr als im vorigen Jahr zur gleichen Zeit, als der Rohstoffwert bei 35,7 Cent lag.
Noch krasser wird der Unterschied, wenn man auf den so genannten Börsenmilchwert schaut. Diesen rechnet das ife-Institut aus den aktuellen Börsenpreisen von Butter und Magermilchpulver aus. Und der liegt für den aktuellen Monat April bei 67,2 Cent.
Das sind Milchpreise, die meilenweit von den Auszahlungspreisen der Bauern entfernt sind. So meldet die AMI für den Monat Februar einen durchschnittlichen Milchpreis von 43,1 Cent je kg. Auch wenn die Molkereien selbst mit hohen Kosten zu kämpfen haben und diese ebenfalls decken müssen, ist diese gewaltige Differenz nur sehr schwer zu erklären.
Im Sommer werden Milchprodukte teurer

Aber zurück zu den Verbraucherpreisen. Diese werden natürlich weiter steigen. Und das nicht zu knapp. Denn weder die Industrie noch der Handel werden die hohen Herstellungskosten alleine tragen.
Der Milchindustrie-Verband e.V. (MIV) erwartet deshalb auch, dass viele Molkereien finanziell stark unter Duck geraten und schon deshalb die Produktpreise gegenüber den Kunden - also dem LEH - anheben müssen. "Nicht die Ukraine-Krise ist hier als alleinige Ursache zu nennen, vielmehr gingen in vielen erzeugerstarken Regionen die Milchanlieferungen merklich zurück. Einer der Gründe hierfür liegt in den Kosten des Inputs bei der Milchproduktion, die teilweise drastisch gestiegen sind", erklärt Peter Stahl, Vorsitzender des Milchindustrie-Verbandes die knappe Milchmenge.
Unterbrochene oder gestörte Lieferketten und auch die Folgen von Corona, sind als weitere Gründe zu nennen. Dazu kommt eine überdurchschnittliche Bevorratung industrieller Kunden gerade bei Milchpulver und Butter, sagt jedenfalls der MIV. Aber auch der Kunde des deutschen Lebensmittelhandel greift, um Vorräte anzulegen, gerne zu H-Milch und Co., ist der MIV überzeugt.
Dieser Anteil dürfte angesichts der großen Mengen die am Milchmarkt ingesamt umgeschlagen werden, jedoch relativ gering sein. "Die Meldungen über Preiserhöhungen im LEH, haben jedoch auch zu einer Mehrnachfrage geführt", sagt der MIV. Stahl erwartet deshalb eine größere Runde an Preisanpassungen - jedoch eigentlich erst im Sommer.
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