Nach Angaben des staatlichen Zolldienstes der Ukraine hat das Land seit Beginn des Wirtschaftsjahres 2022/23 bis zum 26. August rund 3,4 Mio. Tonnen Getreide und Hülsenfrüchte exportiert, davon 1,70 Mio. Tonnen bisher im August. Das hat das Landwirtschaftsministerium am Samstag mitgeteilt.
Zum gleichen Zeitpunkt im vorigen Jahr belief sich der Export auf 7,0 Mio. Tonnen, davon allein 3,97 Mio. Tonnen im August.
Die bisher exportierte Menge umfasste
- 937.000 Tonnen Weizen, im Vergleich zu 3,4 Millionen Tonnen im Vorjahr,
- 274.000 Tonnen Gerste im Vergleich zu 2,4 Mio. Tonnen
- und immerhin 2,2 Mio. Tonnen Mais, im Vergleich zu 1,2 Millionen Tonnen im Vorjahr.
Das heißt: Deutlich weniger Exporte von Weizen und Gerste – jedoch eine fast doppelt so große Ausfuhrmenge beim Mais wie im vorigen Jahr - aus alten Beständen.
Noch sehr viel Getreide an den Häfen
Den verfügbaren Daten zufolge verließen vom 1. bis zum 26. August 36 Schiffe die drei ukrainische Häfen Odessa, Pivdennyi (Yuhzny) und Chornomorsk. In den letzten Jahren wurden indessen gut ein Drittel aller Getreide-Ausfuhren über den Hafen Mykolayev abgewickelt und knapp 60 % über die drei oben genannten Häfen. Über diese Häfen wurden neben Getreide auch Sojabohnen, Raps, Sonnenblumenkerne und Öl auch Mischfutter für den Export verschifft.
Aus der alten Ernte lagerten bei Kriegsbeginn nach ukrainischen Angaben noch rund 25 Millionen Tonnen Getreide an den Exporthäfen – davon wurden mit den oben genannten 3,4 Millionen Tonnen knapp 15 Prozent über die drei Seehäfen verschifft, über die Donau abtransportiert - oder auf dem Schienenweg außer Landes gebracht.
Die neue Ernte dürfte – trotz einer kriegsbedingt deutlich kleineren Menge - nach Schätzungen des US-Landwirtschaftsministeriums USDA, ein zusätzliches Exportvolumen von 11 Millionen Tonnen Weizen, 12,5 Millionen Tonnen Mais und knapp 2 Millionen Tonnen Gerste auf den Markt drücken.
Die meisten Schiffe gehen in die Türkei -16 von 36
Die Hauptziele für den laufenden Getreideexport lagen im Juli und im August allerdings nicht in den Hungergebieten Afrikas. Hauptabnehmern von ukrainischen Weizen und Mais war vielmehr die Türkei. Von den bis 26. August registrierten 36 Schiffsabfahren gingen allein 16 Schiffe an türkische Abnehmer. Weitere Zielländer für ukrainischen Mais waren Italien, Irland, der Iran, aber auch Südkorea und sogar Rumänien und Deutschland.
Weizen ging neben der Türkei, noch nach Ägypten, Israel, Rumänien, Djibuti – und in den Sudan. Insgesamt wurden Lieferungen in 12 Länder durchgeführt, davon war der Sudan das einzige afrikanische Land südliche der Sahra.
Viele der Schiffe, die in den ersten Wochen nach Bekanntgabe des Getreidehandels auslaufen konnten, waren monatelang blockiert. Erst Mitte August kamen nach und nach neue Frachter in den Häfen in und um Odessa. "Die Situation mit neuen Verträgen ist noch sehr langsam", sagte Pavlo Martyshev von der Kyiv School of Economics gegenüber der deutschen Welle (DW).
„Die Frachtkosten schwanken deshalb sehr stark, oftmals innerhalb eines Tages, sagte Martyshev. Es gibt jedoch einige Reedereien, die systematisch in potenziell gefährlichen Regionen wie Westafrika oder Jemen arbeiten und die auch bereit sind, die Ukraine zu bedienen, weil sie wissen, dass hohe Risikoprämien gezahlt werden (müssen).
Risikoprämien beeinflussen den Export
Doch die Risiko-Prämien sind zuletzt gefallen. Als das Getreideabkommen unterzeichnet wurde, verlangten Versicherungsunternehmen noch von 4 bis 5 % vom Marktwert der Schiffe für einen Zeitraum von sieben Tagen. Aktuell liegen die Prämien bei 1 bis 1,5 % des Schiffswertes, was immer noch durchschnittlich 200.000 bis 300.000 US-Dollar pro Schiff pro Woche sein können, berichten Getreidehändler.
Die größten Abnehmer von ukrainischem Mais waren in der Vergangenheit die Länder der EU und China sowie Ägypten - und dann mit einigem Abstand Südkorea, die Türkei und der Iran. Beim Weizen wurde die Ware vor Kriegsbeginn vor allem nach Ägypten, Indonesien, die Türkei, Bangladesch, die Philippinen und zahlreiche Länder Nordafrikas verkauft.
Mehrere 100.000 Tonnen Weizen gingen vor dem Krieg außerdem nach Äthiopien, Kenia, Nigeria und den Sudan sowie nach Uganda und Mosambik. Außer in den Sudan konnte in diesem Jahr offenbar noch kein Weizen in die Länder südlich der Sahara verschifft werden. Die hohen Risikoprämien bremsen die Aktivitäten der Exporteure, denn sie schmälern deren Rendite und drücken zudem auf die Einkaufspreise bei den ukrainischen Landwirten.
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