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Stromerzeugung und Energiequellen

Wie viele Windräder ersetzen ein Atomkraftwerk? - Die Fakten

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am Montag, 20.02.2023 - 16:36 (15 Kommentare)

Drei Atomkraftwerke erzeugen noch Strom in Deutschland. Wie viele Windräder sind nötig, ihre Leistung zu ersetzen und wie viel Fläche würde zusätzlich verbraucht?

Stromerzeugung in Deutschland.

Derzeit sind noch drei Atomkraftwerke in Deutschland in Betrieb: Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2. Sie sollten am 31. Dezember 2022 heruntergefahren werden. Aufgrund der Energiekrise werden die drei AKW in einem befristeten Streckbetrieb bis längstens 15. April 2023 weiterlaufen. Ihre elektrische Nettoleistung liegt bei jeweils etwa 1400 Megawatt. Zusammen also 4.200 MW.

Moderne Windraftanlagen haben eine Nennleistung von etwa 5 bis 6 Megawatt. Geht man einmal von 5 Megawatt aus, bräuchte man, um die Nennleistung eines Atomkraftwerks zu ersetzten, rund 280 Windräder. Allerdings sind weder die Atomkraftwerke noch die Windräder dauerhaft mit 100-prozentiger Auslastung im Betrieb. Atomkraftwerke werden von Zeit zu Zeit gewartet – wie das zuletzt in Frankreich zu beobachten war. Windräder stehen regelmäßig still – nämlich dann, wenn kein Wind weht. Und auch bei normalen Windverhältnissen drehen sich die Windräder nur selten in Vollleistung.

Deshalb ist die für den Ersatz benötigte Anzahl an Windrädern auch deutlich höher als 280 – jedoch schwankt sie je nach unterstellten Leistungsdaten ganz erheblich (siehe unten). Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) hat im Oktober vorigen Jahres deshalb eine Rechnung aufgemacht: Die drei noch am Netz befindlichen Kernkraftwerke produzieren danach jährlich zusammen 33,2 Mrd. kWh Strom. Das reicht aus, um 9,4 Millionen Haushalte mit je 3 Personen (bei 3.500 kWh jährlichem Verbrauch) ein Jahr lang mit Strom zu versorgen.

1250 Windräder für ein Atomkraftwerk

Im Vergleich dazu erzeugt ein einzelnes Windrad 4 bis 7 Millionen kWh pro Jahr. Möchte man ein Kernkraftwerk durch Windkrafträder ersetzen, würde man pro Kernkraftwerk rund 1.300 bis 3.250 Windräder benötigen, haben die MIT-Experten ausgerechnet. Würde man etwa das Kernkraftwerk Emsland mit einer jährlichen Stromproduktion von 10 Milliarden kWh durch moderne Windräder mit einer Produktion von 8 Millionen kWh pro Jahr ersetzen, bräuchte man dafür 1.250 Windräder, heißt es weiter. Bei einem Rotordurchmesser von 70 m und dem Mindestabstand von großen Windparks, würden die Windräder eine Fläche von rund 100 Quadratkilometern einnehmen. Das entspricht beispielsweise der Hälfte der Fläche Stuttgarts, sagt das MIT.

Allerdings gibt es für diese Rechnung auch Kritik - beispielsweise Online-Magazin Cleanthinking. Die Cleanthinking-Experten sagen, man braucht keine 1.250 Onshore-Windräder um ein Atomkraftwerk zu ersetzen, sondern eher weniger als 835. Und sie bezweifeln den von MIT genannten Flächenverbrauch. Nach den Aussagen von Cleanthinking braucht ein Windrad im Schnitt 0,4 Hektar Fläche. Bei den oben genannten 1.250 Anlagen wären das 500 Hektar oder 5 km² – also 1/20 der von MIT angegebenen Fläche. Bei der von Cleanthinking errechneten Anzahl von 835 Windrädern, würde der Flächenbedarf bei 0,4 ha pro Windrad bei insgesamt 334 Hektar liegen, das entspräche einer Fläche von 3,34 km².

Ende 2021 ging das niedersächsische Atomkraftwerk Grohnde vom Netz. Die elektrische Nettoleistung lag bei etwa 1360 Megawatt. Der damalige Umwelt- und Energieministers Olaf Lies (SPD) forderte eine ehrliche Debatte über die künftige Stromversorgung in Deutschland. In Richtung der Atomkraftgegner sagte Lies: „Ich würde mich freuen, wenn man sich nicht nur zum Klatschen vor der Anlage trifft, sondern wir gemeinsam für die Errichtung von gut 1.500 Windkraftanlagen kämpfen. Die brauchen wir nämlich, um allein die vom KKW Grohnde produzierte Strommenge sicher zu ersetzen.“

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