
Westfleisch hat 2021 mit einem Verlust von 12 Mio. Euro abgeschlossen. Das Umfeld war 2022 nicht einfacher. Wie ist das Geschäft gelaufen?
Unsere Entwicklung 2022 entsprach der des Gesamtmarktes. Das bedeutet: rund 8 Prozent weniger Schweineschlachtungen, etwas weniger Großvieh und Kälber fast auf Vorjahresniveau. Wir konnten daher unsere Marktanteile im Schlacht- und Zerlegegeschäft weiter festigen. Im Wurst- und Conveniencebereich läuft es besser als geplant. Dort zeigt sich aber ein differenziertes Bild: Das Preiseinstiegssegment wächst, während die Verbraucher bei hochwertigen SB-Rindersteaks deutlich zurückhaltender sind.
Wird das Unternehmen für 2022 schwarze Zahlen vorlegen?
Ja, trotz leicht rückläufiger Schlachtzahlen und stark gestiegener Kosten werden wir 2022 mit einem merklich positiven Ergebnis abschließen; es bewegt sich auf dem Niveau der Jahre 2019 und 2020. Und es hat positive Effekte für unsere Genossenschaft: Zum einen werden wir unsere ohnehin hohe Eigenkapitalquote auf rund 40 Prozent erhöhen. Zum anderen werden wir noch stärker investieren. Unsere Planung sieht für 2023 mehr als 40 Mio. Euro vor. Damit bewegen wir uns fast wieder auf Vor-Corona-Niveau.
Die Zahl der Schweineschlachtungen ging in Deutschland 2022 um etwa 8 Prozent zurück. Staatssekretärin Bender hält eine Halbierung der Tierzahlen für erstrebenswert. Wie gehen Sie damit um?
Wir betrachten die aktuelle Entwicklung aufmerksam und die Prognosen ganz nüchtern: Europaweit wird sich die Nachfrage in den kommenden zehn Jahren im Rotfleischbereich voraussichtlich nur im unteren einstelligen Prozentbereich ändern, bei Schwein etwas spürbarer als bei Rind. In Deutschland wird es vermutlich etwas stärkere Rückgänge geben – insgesamt aber weiterhin auf einem guten Niveau. Was politisch gewollt ist, sehen wir. Wir sehen aber auch, was die Verbraucher wollen: Laut der Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse stehen weiterhin bei über 90 Prozent der Verbraucher in Deutschland Fleisch- und Wurstwaren auf dem Kassenbon.
Wann rechnen Sie damit, die erhöhten Kapazitäten in Coesfeld nutzen zu können?
Anfang Dezember fand in Coesfeld die Bürgerinformationsveranstaltung statt, in der noch einmal sämtliche Bedenken vorgetragen, besprochen und letztendlich von den Gutachtern ausgeräumt wurden. Die vielen verschiedenen von der Stadt beauftragten Gutachten ergaben, dass selbst eine Erweiterung von 55.000 auf 70.000 Schlachtungen pro Woche für die Anlieger durch die damit verbundenen Modernisierungen nichts schlechter, sondern vieles besser machen würde. Nun hoffen wir, dass die Änderung des Bebauungsplans rasch vollzogen wird. Erst dann können wir die Erweiterung per BImSch-Verfahren beantragen. Wann das sein wird? Schwer zu sagen, aber die Fakten sprechen für sich.
Werden Sie nach Gelsenkirchen weitere Standorte schließen?
Nein, das planen wir nicht.
Stehen wir vor einer Konsolidierung der deutschen Fleischwirtschaft?
Das ist bei einem perspektivisch weiter rückläufigen Fleischverzehr zu erwarten.
Welche Auswirkungen erwarten Sie von der staatlichen Tierhaltungskennzeichnung?
Wir sind uns wohl alle einig, dass jede Weiterentwicklung in Sachen Tierwohl gut ist. Der von Cem Özdemir vorgeschlagene Schritt geht aber in die falsche Richtung. Denn zum einen lässt die geplante staatliche Haltungskennzeichnung die Weiterverarbeitung, den Außer-Haus-Verkauf und die Gastronomie außen vor. Zum anderen ist die Kennzeichnung zunächst nur für Mastschweine gedacht. Da sind wir doch heute mit der freiwilligen Haltungsformkennzeichnung für alle Gattungen bereits viel weiter! Die ist mittlerweile gelernt und wird von den Verbrauchern gelebt.
Hat die Initiative Tierwohl damit ausgedient?
Nein, ganz im Gegenteil. Die Erfolgsgeschichte der Initiative Tierwohl muss weitergehen. Dafür muss aber auch die ITW selbst noch aktiver werden, zum Beispiel beim Einbinden des Außer-Haus-Verzehrs.
Sprechen wir über die „Offensive Tiergesundheit“, die Westfleisch nach Berichten über Tierschutzverstöße bei Schweinehaltern im November ausgerufen hat. Was bedeuten die angekündigten engeren Kontrollen konkret?
Die vergangenen Monate haben einmal mehr gezeigt, dass Einzelne das Bild von tausenden redlich arbeitenden Familien beschädigen. Alle an der Wertschöpfungskette Beteiligten sollten daher schauen, wie wir denjenigen noch besser helfen können, die in bestimmten Situationen falsch handeln. Die zu spät nottöten, die zu spät kranke Tiere separieren, die zu spät Hilfe suchen. Hier sind Hoftierärzte, Veterinäre, Handel und Vermarkter in der Pflicht, zu unterstützen. Uns geht es dabei um mehr als nur Kontrolle. Mit unserer Offensive Tiergesundheit stellen wir das Thema Tierwohl und Tiergesundheit auf eine neue Stufe. Wir wollen landwirtschaftliche Betriebe besser und präventiv beraten, sensibilisieren und noch stärker unterstützen. Dabei setzen wir auf eine differenzierte Herangehensweise: verstärkte Kontrolle, systematische Analyse, passende Beratung und schlussendlich strengere Konsequenzen. Ziel ist es, den Blick und die Sinne aller Beteiligten auf jedes einzelne Tier weiter zu schärfen.
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