Das genossenschaftliche Schlachtunternehmen Westfleisch weist im Jahresabschluss 2021 einen Fehlbetrag von 12 Mio. Euro aus. Das gab der Vorstand gestern Abend (9.3.) gegenüber den mehr als 4.700 landwirtschaftlichen Mitgliedern bekannt.
„Fehlende Absatzmöglichkeiten sorgten für einen immensen Preisdruck und für einen extrem niedrigen Schweinepreis“, berichtete Michael Schulze Kalthoff, der im Vorstand das Schweinefleischgeschäft verantwortet. Bei nur leicht rückläufigen Schlachtzahlen sank der Umsatz um über 9 Prozent auf 2,56 Mrd. Euro.
Und die Aussichten für das laufende Jahr sind nicht besser: Der Fleischvermarkter aus Münster erwartet, dass sich der Wettbewerb und der hohe Ergebnisdruck weiter verschärfen werden. Darum hat der Vorstand ein umfassendes Programm zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung mit mehr als 250 Einzelmaßnahmen beschlossen.
Corona und ASP beeinträchtigen das Geschäft
Finanzvorstand Carsten Schruck verwies bei dem digital durchgeführten „Westfleisch-Tag“ auf eine „äußerst herausfordernde Gesamtsituation, in der sich unsere gesamte Branche befindet“. 2021 sei für die deutsche Fleischwirtschaft ein wirtschaftlich schwaches Jahr mit sehr herausfordernden Rahmenbedingungen gewesen.
Als Gründe nannte Schruck vor allem die Corona-Pandemie und die Afrikanische Schweinepest (ASP) mit dem daraus resultierenden Exportstopp für Schweinefleisch nach Asien. Gleichzeitig sank in Deutschland erneut der Pro-Kopf-Fleischkonsum.
Das sind die größten Kostentreiber für Westfleisch
Zugleich stiegen die Kosten im Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr um mehr als 35 Mio. Euro. Kostentreiber waren:
- deutlich gestiegene Personalkosten,
- Corona-Sonderkosten,
- die Rohstoff-Preisrally sowie
- spürbar höhere Energie- und Logistikkosten.
Entsprechend mussten alle Kernsparten Ergebnisrückgänge verkraften. Vor allem das Schlacht- und Zerlegegeschäft stand nach Angaben des Unternehmens deutlich unter Druck. Die Weiterverarbeitung mit Wurst, Convenience und SB-Fleisch wirtschaftete hingegen mit Gewinn und konnte den Absatz über das Vor-Corona-Niveau von 2019 hinaus steigern.
"Konsequenzen des Krieges in der Ukraine noch nicht abschätzbar"
Schruck befürchtet, die ASP-Lage in Deutschland werde sich nicht verändern und die Exportmärkte stark beeinträchtigen. „Die Wettbewerbsfähigkeit von deutschem Schweinefleisch auf den internationalen Märkten wird weiter abnehmen. Dafür sorgen auch die seit 2021 nahezu ungebremst steigenden Kosten“, so der Finanzvorstand.
Zusätzlich hätten die Rohstoffpreise im Zuge des russischen Kriegs gegen die Ukraine in den vergangenen Wochen in nie gekannter Größenordnung angezogen. Die endgültigen Konsequenzen hieraus „sind heute noch nicht abschätzbar“, erklärte Schruck.
Die Fleischindustrie wird sich weiter konsolidieren
Vor diesem Hintergrund hält Westfleisch eine weitere Konsolidierung der Branche für unumgänglich. Für die Genossenschaft bedeutet das, ihr Profil als Qualitätsanbieter weiter zu schärfen. Konkret will Westfleisch noch stärker auf Tierwohl und Regionalität setzen. Der Anteil von Schweinen aus den höheren Haltungsstufen 2, 3 und 4 soll weiter gesteigert werden. Mittlerweile kommen mehr als 70 Prozent der von Westfleisch geschlachteten Schweine aus Betrieben, die mindestens die Anforderungen der Initiative Tierwohl erfüllen.
Im Unternehmen sollen Prozesse gestrafft, Aufgaben gebündelt und Ausgaben gesenkt werden. Neben der angestrebten Effizienzsteigerung in allen Sparten und strukturellen Anpassungsmaßnahmen liegt ein weiteres Augenmerk im Ausbau von Nischen und Wachstumsfeldern. Als Beispiele nannte Johannes Steinhoff, Vorstand Weiterverarbeitung, Rind und Technik, den Bereich Tiernahrung, aber auch das Kalbfleischgeschäft.
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