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Anbindehaltung und Höfesterben

Anbindehaltung geht stark zurück – viele kleine Milchbauern geben auf

anbindestall.
am Mittwoch, 15.09.2021 - 11:49 (1 Kommentar)

Die Anbindehaltung bei Rindern nimmt stark ab. Das ist nur auf den ersten Blick gut. Es steigen vor allem die kleinen Betriebe aus.

anbindehaltung.

Die Anbindehaltung bei Rindern ist eine umstrittene Haltungsform. Politisch werden heftige Debatten geführt. Für die betroffenen Bauern ist eine Umstellung auf andere Haltungsformen aber oft schwierig. Warum? Aus mindestens zwei Gründen. Zum einen sind für einen Umbau der Ställe hohe Investitionen nötig – in Zeiten, in denen die Halbwertzeit politischer Entscheidungen nahe Null geht, ist das auch ökonomisch ein hohes Risiko.

Zum anderen – und das macht die Landwirtschaftszählung 2020 sehr deutlich – trifft es vor allem die kleinen und sehr kleinen Betriebe. Diese denken aus Kostengründen vielleicht ohnehin über einen Ausstieg aus der Tierhaltung oder der Landwirtschaft nach. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass sich die Anbindehaltung sehr stark auf die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg konzentriert und für die Tierhalter im Norden und im Osten nur geringe Bedeutung hat.

Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt allerdings auch: Die Anbindehaltung hat auch ohne staatliche Auflagen und politischen Druck im letzten Jahrzehnt deutlich an Boden verloren. Bauern haben nämlich bei Neuinvestitionen oder beim Neubau aus verschiedenen Gründen in Laufställe  investiert – wenn möglich auch mit Auslauf.

Die Daten der Landwirtschaftszählung verdeutlichen diesen Trend ganz eindeutig: Während im Jahr 2010 noch etwa 3 Millionen Rinder in Anbindeställen standen – waren es im Jahr 2020 nur noch 1,15 Millionen. Das sind zwar noch etwa 10 Prozent des gesamten Rinderbestandes – vor 10 Jahren standen  noch 21 Prozent der Tiere in Anbindeställen. Gleichzeitig ist das ein Rückgang um rund zwei Drittel!

Was die Tierhalter betrifft so schrumpfte die Zahl der Betriebe mit Anbindehaltung von fast 30 Prozent im Jahr 2010 auf nur noch 11,5 Prozent aller Betriebe im Jahr 2020. Ein gewaltiger Rückgang.

Anbindehaltung: Vor allem im Süden und Südwesten

Milchkühe.

Noch eine andere Sache zeigen die Daten: Die Anbindhaltung ist regional sehr stark konzentriert – nämlich auf Bayern und  Baden-Württemberg. Dort stehen zwei Drittel der überhaupt in Anbindeställen gehaltenen Rinder – allein in Bayern sind es 55 Prozent aller Anbindetiere. Mit großem Abstand folgen dann Hessen, Rheinland Pfalz – und Niedersachsen. Auch am insgesamt gehaltenen Rinder- und Milchkuhbestand ist der Anteil der Anbindehaltung im Süden noch relativ hoch – auch wenn es auch hier in den letzten 10 Jahren einen erheblichen Wandel hin zur Laufstallhaltung gab.

In dieser Haltungsform stehen mittlerweile auch in Bayern 71 Prozent aller Rinder und 74 Prozent aller Milchkühe – sagt die Statistik. Im Bundesmittel werden allerdings 83 Prozent aller Rinder und 89 Prozent der Milchkühe in Laufställen gehalten – also deutlich mehr. Nach Bayern halten die Bauern in Baden-Württemberg die meisten Tiere in Anbindeställen – nämlich rund 13 Prozent aller Rinder und knapp 17 Prozent aller Milchkühe in diesem Bundesland.

Auf Position vier im regionalen Ranking der Anbindehaltung folgt Hessen, mit knapp 9 Prozent aller Rinder und reichlich 10 Prozent der Milchkühe. Und auch in Rheinland-Pfalz stehen noch etwa 8 aller Tiere in Anbindeställen. Anteilmäßig deutlich weniger Rinder stehen zwar in Niedersachen in Anbindehaltung – nämlich nur knapp 7 Prozent. Wegen der Größe des niedersächsischen Rinderbstandes ist es in absoluten Zahlen mit 170.000 Tieren jedoch – nach Bayern – der zweitgrößte „Anbindebestand“.

Nur geringe Bedeutung hat die Anbindehaltung im Osten Deutschlands  - heri werden zwischen 0,6 % (Sachsen-Anhalte) und 3,6 % (Sachsen) der Rinder in Anbindställen gehalten und fast keine Milchkühe. Und auch im hohen Norden – in Schleswig-Holstein - ist der Anteil der angebundenen Tiere mit 4,2 Prozent sehr gering.

Anbindehaltung: Es trifft mal wieder die kleinen Betriebe

Rinderhalter.

Besonders deutlich werden die mit der Anbindehaltung verbunden Probleme, wenn man nicht auf Tiere sondern auf die Zahl der Betriebe mit dieser Haltungsform schaut. Zwei Sachen fallen dabei auf: Zum einen sind die Betriebe mit Anbindehaltung meist klein oder sehr klein – und viele von ihnen arbeiten offenbar im Nebenerwerb. Und ihre Zahl nimmt sehr schnell ab – was darauf hindeutet, dass die Betriebe, je kleiner sie sind, bei neuen Auflagen und Problemen um so schneller aussteigen.

Aber noch mal zu den Zahlen: Die Statistiker sagen, dass die Zahl der Tierhalter mit Anbindeställen in den letzten 10 Jahren von 82.500 auf nur noch 35.100 abgenommen hat – Ein Rückgang um knapp 60 Prozent. Deutlich wir das Dilemma der kleinen Betriebe in Bayern: Dort stehen zwar „nur“ knapp 22 Prozent der Rinder in Anbindeställen – diese Tiere repräsentieren jedoch mehr als die Hälfte aller Rinderhalter. Im Umkehrschluss heißt das aber auch: 78 Prozent der bayrischen Rinder stehen in der anderen Hälfte der Betriebe und damit nicht in Anbindehaltung.

In Baden-Württemberg repräsentieren die Rinderhalter mit Anbindeställen noch 41 Prozent aller Rinderhalter in Hessen sind es 30 Prozent – und in Rheinland- Pfalz 28 Prozent. Mehr als 20 Prozent aller noch vorhandenen Rinderhalter halten ihre Tieren aber noch in anderen Ländern in Anbindeställen: Dazu gehören Sachsen, Niedersachsen, Thüringen und das Saarland.

Am geringsten ist der Anteil der Bauern mit Anbindeställen in Mecklenburg-Vorpommern mit nur 6,4 Prozent und in Sachsen-Anhalt mit 11,1 Prozent sowie in Brandenburg mit 12 Prozent. Auch in Schleswig-Holstein wirtschaften lediglich noch 17,5 der Bauern in  Anbindeställen.

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