Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Produktionskosten und Betriebsmittel

Bauern in der Kostenfalle: Wer soll das bezahlen?

Feldarbeit.
am Mittwoch, 18.08.2021 - 13:19 (Jetzt kommentieren)

Die landwirtschaftlichen Produktionskosten steigen immer höher. Das kann man von den Erlösen nicht gerade sagen.

Produktonskosten.

Bauern müssen immer rechnen. Doch die Kostenexplosion bei Energie, Bauten, Maschinen und bei fast allen Verbrauchsmaterialen und Rohstoffen verteuert die landwirtschaftliche Produktion aktuell im Rekordtempo. Bereits im ersten Quartal 2021 waren die Kosten für die landwirtschaftliche Produktion auf ein neues Allzeithoch gestiegen. Soll heißen: So viel Geld mussten die Bauern nie zuvor ausgeben, um die Produktion am Laufen zu halten und um zu investieren.

Dabei spielte es keine Rolle, ob man Ackerbauer oder Tierhalter war: Fast sämtliche Kostenarten kletterten auf neue Rekordwerte. Nun zeigt die aktuelle Erhebung des Statischen Bundesamtes (Destatis) über die Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte (das sind die Verkaufspreise der Unternehmen), dass die Kostenlawine weiter auf die Bauern zurollt und von den Erlösen kaum noch etwas übriglässt.

Vielen Landwirten dürfte das tiefrote Zahlen bescheren. Das wird ganz besonders die Tierhalter treffen – wie Schweinemäster oder Milchbauern –, deren derzeitige Erlöse sind nämlich auch ohne die hohen Kosten nur dürftig und reichen wohl nicht zur Deckung der betrieblichen Aufwendungen.

Aber auch Ackerbauen müssen für Dünger, Treibstoff, Pflanzenschutz, Energie und Landmaschinen Rekordpreise zahlen, so dass von den hohen Getreidepreisen nicht viel übrig bleibt – oder anders gesagt: Die Kosten fressen die Erlöse.

Stärkster Kostenanstieg seit fast 40 Jahren

Futtterkosten.

Fakt ist jedenfalls: Die von Destatis zuletzt im April veröffentlichen Produktionskosten der Landwirtschaft sind auch danach weiter kräftig gestiegen – und dürften ähnlich wie die Preise für gewerbliche Produkte einen neuen Rekordstand erreicht haben. Allein schon der weitere Preisanstieg für Treibstoffe, Dünger, Pflanzenschutz. Maschinen und Futtermittel, dürfte die Kosten für die Bauern weit nach oben getrieben haben.

Vergleicht man die bisherige Entwicklung in der Landwirtschaft, mit der fortgesetzten Preisexplosion bei den gewerblichen Produkten, dann wird eines klar: Das wird für viele Landwirte wirtschaftlich ein sehr hartes Jahr! Denn trotz guter Erlöse, zumindest im Ackerbau, dürfte bei den meisten Landwirten nur wenig im Portemonnaie hängen bleiben. An neue Investitionen in Bauten und Maschinen – bei denen die Preise ebenfalls sehr kräftig gestiegen sind, ist schon gar nicht zu denken.

Zu den Fakten: Die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte waren im Juni 2021 um 8,5 Prozent höher als im Juni 2020. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) sagt, "war dies der höchste Anstieg gegenüber einem Vorjahresmonat seit Januar 1982, als die Preise im Rahmen der zweiten Ölkrise stark gestiegen waren". Gegenüber dem Vormonat kletterten die gewerblichen Erzeugerpreise nochmals um 1,3 Prozent und im Vergleich zum April lag die Teuerung bei knapp 3 Prozent.

Die Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte – also die Verkaufspreise der Unternehmen - gelten in der Wirtschaft als wichtiger Frühindikator für die weitere Preis- und Kostenentwicklung (auch in der Landwirtschaft) und sind außerdem ein Gradmesser für die Inflation.

Kostentreiber: Energie, Treibstoff, Chemie

Pflanzenschutz

Greift man die Kostentwicklung einiger wichtige Produktgruppen heraus, wird deutlich, was auf die Landwirte zukommt – bzw. womit sie aktuell schon konfrontiert sind: So waren die Preise der sogenannten Vorleistungsgüterproduzenten im Juni 12,7 Prozent höher als im vorigen Jahr. Kraftstoffe kosten 32,6 Prozent mehr – der Preisanstieg für Diesel liegt bei 26,7 Prozent und für Heizöl bei 70,3 Prozent.

Interessant ist auch ein Blick auf die Abgabepreise für Lebensmittel: Diese liegen im gewerblichen Bereich nur 1,9 Prozent über dem Vorjahr. Viele Produkte wie Schweinefleisch oder Geflügel sind sogar billiger. Deutlich teurer sind lediglich pflanzliche Öle und Milchfett. Da passt doch etwas nicht! Auf der anderen Seite sind die Abgabepreise für Futtermittel 21 Prozent höher als im Jahr zuvor. Soviel zur Kostenschere.

Deutlich teurer geworden sind auch chemische Grundstoffe, sonstige organische Grundstoffe und Chemikalien – die auch zur Herstellung von Pflanzenschutzmitteln und anderen landwirtschaftlichen Produkten benötigt werden. Hier liegt der Preisaufschlag laut Destatis bei den gewerblichen Produkten zwischen 18,8 Prozent und 33,6 Prozent.

Viele dieser wichtigen Grundstoffe kommen aus China und hier sind die Lieferketten noch lange nicht wieder intakt. Im Gegenteil: Verstopfte Häfen, Containermangel und horrende Transportkosten treiben die Kosten weiter nach oben.

Kosten für Maschinen und Bauten nicht zu bremsen

Baukosten

Weiter verteuert haben sich auch die wichtigsten Investitionsgüter wie Maschinen, Anlagen und landwirtschaftliche Bauten. So waren etwa Ackerschlepper im Juni 2,5 Prozent teurer als im Jahr zuvor. Bei Bodenbearbeitungsmaschinen lag der Preisaufschlag bei 2,0 Prozent und Erntemaschinen haben sich um 1,3 Prozent verteuert. Damit liegt die Teuerung bei den landwirtschaftlichen Maschinen deutlich über dem Kostenanstieg bei gewerblichen Arbeitsmaschinen mit 1,0 Prozent.

Noch viel stärker ist die Teuerung bei Bauten und Baumaterial. Ähnlich wie bei Maschinen, hatten die Kosten hier bereits im April ein neues Allzeithoch erreicht. Die gewerblichen Preisdaten zeigen jedoch: Es ging weiter steil nach oben. So sind Abgabepreise für Erzeugnisse aus Beton, Zement und Kalk für den Bau 4,3 Prozent höher als im Jahr zuvor. Platten, Folien und Profile aus Kunststoff haben einen Preissprung von 12,4 Prozent gemacht und Metallwaren für den Bau sind im Preis zwischen 6,6 und 8,0 Prozent gestiegen.

Besonders hoch ist der Preisaufrieb jedoch bei Holzerzeugnissen für den Bau. Während Bauern und Waldbesitzer hier nur ganz langsam in den Genuss höherer Preise kommen, sind die gewerblichen Abgabepreise für Nadelschnittholz 85 Prozent höher als im Jahr zuvor und Verpackungsmittel und Paletten aus Holz kosten 43,6 Prozent mehr.

Kommentare

agrarheute.comKommentare werden geladen. Bitte kurz warten...