Wie viel Kohlendioxid der Boden enthält, hängt jedoch vom Humusgehalt ab. Besonders hoch ist dieser in Wiesen und Weiden. Sogar höher als in Waldböden.
Für Landwirte könnte diese Eigenschaft der Böden in Zukunft noch wichtiger werden. Vor allem wenn es künftig Preise für den Ausstoß von CO2 geben soll. Dann müsste die Möglichkeit einer zunehmenden CO2-Speicherung in landwirtschaftlich genutzten Flächen ebenfalls mit einem Preisschild bedacht werden.
Nämlich als Gutschrift für den Landwirt. Diese Gutschriften könnten dann als Zertifikate an der Börse verkauft werden oder gegen die Emissionen der Betriebe angerechnet werden.
Agrarböden speichern sehr viel CO2
Wissenschaftler des Thünen-Instituts in Braunschweig haben die landwirtschaftlich genutzten Flächen in Deutschland über viele Jahre untersucht. Daraus entstand im Jahr 2018 die erste Bodenzustandserhebung.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen: Die Bedeutung der landwirtschaftlichen Böden für den Klimaschutz und die Klimaanpassung ist sehr groß. Größer als von vielen Klima-Experten behauptet. Die Böden speichern insgesamt zweieinhalb Milliarden Tonnen Kohlenstoff. Das ist etwa elf Mal so viel wie Deutschland im Jahr 2016 an CO2 emittiert hat.
Zusammen speichern die heimischen Wald- und Agrarökosysteme so viel organischen Kohlenstoff wie Deutschland bei dem derzeitigen Emissionsniveau in 23 Jahren an CO2 emittiert. Diese Zahlen verdeutlichen die Verantwortung und auch die Möglichkeiten, die den deutschen Landwirten durch den Kohlestoffspeicher Boden und durch eine nachhaltige Nutzung entstehen.
Mehr CO2 im Boden als im Wald
Die Wissenschaftler fanden heraus: Die rund 2,5 Milliarden Tonnen organischer Kohlenstoff sind im obersten Meter der deutschen Äcker gespeichert. „Das ist mehr als doppelt so viel organischer Kohlenstoff wie derzeit in allen Bäumen in den Wäldern Deutschlands bevorratet ist“, schreiben die Autoren in der Studie.
Die Ergebnisse belegen, dass landwirtschaftlich genutzte Böden mit Abstand der größte terrestrische Speicher von organischem Kohlenstoff sind. Die Speicherkapazität ist allerdings regional sehr unterschiedlich und abhängig von den Bodentypen. Vor allem Moor- und moorähnliche Böden speichern im Vergleich zu mineralischen Böden ein Vielfaches an organischem Kohlenstoff.
Landwirtschaftsministerien Julia Klöckner sagte dazu: Daten und Fakten zeigen, wie bedeutend der Agrarboden für den Klimaschutz und für die Klimaanpassung ist“. Doch nicht die vorhandenen Vorräte sind klimarelevant, sondern ihre Veränderungen über die Zeit.
Humusaufbau wird immer wichtiger
Humus besteht überwiegend aus Pflanzenresten und den Umwandlungsprodukten von Bodentieren und Mikroorganismen. Er liefert Nährstoffe für Pflanzen, saugt Wasser auf wie ein Schwamm und hält das Erdreich zusammen. Der Humusgehalt eines Bodens kann anhand des organischen Kohlenstoffs berechnet werden.
Die wichtigste Erkenntnis: Grünland, also Wiesen und Weiden, speichert im Schnitt etwa doppelt soviel Kohlenstoff wie ein Ackerboden. Mit bis zu acht Prozent Humusgehalt findet sich im Grünland sogar mehr Kohlenstoff als in der Erde unter Wäldern. Außerdem sind tonhaltige und feuchte Flächen in Senken und Flussnähe humusreicher als zum Beispiel die sandigen Böden in einigen Regionen Ostdeutschlands.
Der Anteil von Wiesen und Weiden und Weiden an der insgesamt genutzten landwirtschaftlichen Fläche liegt in Deutschland immerhin fast bei 30 Prozent. Lediglich auf 0,1 Prozent der Nutzfläche wachsen Stickstoff speichernde Körnerleguminosen wie Erbsen, Ackerbohne und Lupinen. Mit Abstand am meisten Kohlenstoff fanden die Wissenschaftler in den landwirtschaftlich genutzten Moorböden, vor allem in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Um Humus aufzubauen oder zu stabilisieren, hilft unter anderem auch das Düngen mit Pflanzenresten, Kompost oder Mist.
Pfluglose Bodenbearbeitung bringt nicht viel
Vielleicht etwas überraschend ist: Die pfluglose Bodenbearbeitung, bei der der Acker mit chemischen Pflanzschutzmitteln unkrautfrei gemacht wird, hat offenbar keine positive Wirkung für den Humusaufbau, fanden die Agrarwissenschaftler des Thünen-Instituts heraus.
„Das hat sehr viel mehr damit zu tun, wie viel Kohlenstoff ich in den Boden reinbringe über organische Düngung oder über vernünftige Fruchtfolge. Was ich danach mit dem Kohlenstoff mache, ob ich den durchrühre mit dem Pflug, dann finde ich ihn auch in tieferen Bodenschichten, oder ob ich ihn weiter oben an der Oberfläche liegenlasse, wie beim Pflugverzicht – insgesamt macht das keinen Unterschied für die Kohlenstoffspeicherung im Boden.“ sagte die Agrarwissenschaftlerin Andrea Beste vom Thünen-Team.
Mineraldünger ernährt nach den Erkenntnissen der Forscher zwar die Pflanzen, nicht aber das Bodenleben.
Humus-Zuwächse bei CO2-Handel berücksichtigen
Für Landwirte dürfte vor Hintergrund einer möglichen CO2-Bepreisung bzw. eines Handels mit CO2-Zertifakten die Messung des Humus-Gehalts ihrer Böden immer wichtiger werden. Sollten nämlich für CO2-Emissioen aus der Bodenbearbeitung, mineralischen Düngung oder der Viehhaltung Preise gefordert werden, müsste dies für die Speicherung von CO2 in landwirtschaftlichen Nutzflächen ebenso gelten.
Dann könnten Landwirte die positiven Effekte aus CO2-Speicherung entweder gegen die betriebsinternen Emissionen gegenrechnen lassen. Oder sie könnten diese als Zertifikate bei einem möglichen CO2-Handel an der Börse verkaufen. Das Thünen-Institut kann den Humusgehalt und auch deren Veränderung im Boden jedenfalls schon exakt messen. Dieses Verfahren – oder andere - könnten dann für die betriebliche Messung des Humusgehalts Anwendung finden.
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