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EU-Direktzahlungen

Dürrehilfen: Direktzahlungen kommen in Deutschland nicht früher

am Mittwoch, 25.07.2018 - 09:29 (Jetzt kommentieren)

Deutsche Bauern bekommen EU-Direktzahlungen nicht vor Ende Dezember, weil die EU-Kommission auf ihren strikten Verwaltungsvorgaben besteht.

EU-Kommissar Phil Hogan

Die Not auf den dürregeschädigten Höfen ist groß. Auf vielen Betrieben wird das Geld knapp, weil die Getreideernte zu niedrig oder gar ganz ausgefallen ist. Für Tierhalter steigen die Futterkosten ins Unermessliche.

Auf dem letzten Agrarrat hat EU-Kommissar Phil Hogan erlaubt, dass die Mitgliedstaaten die EU-Direktzahlungen schon vor dem 16. Oktober auszahlen können, also mehr als zwei Monate früher als bisher. Doch daraus wird definitiv nichts.

 

Wie das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) auf agrarheute-Anfrage mitteilt, wird Deutschland die EU-Direktzahlungen, wie bisher, erst Ende des Jahres auszahlen. Der Grund: Brüssel besteht nämlich weiterhin darauf, dass "bei den Direktzahlungen keine Vorschusszahlungen erfolgen dürfen, solange die Kontrollen nicht bei allen Antragstellern abgeschlossen sind."

Ziel: im Dezember Direktzahlungen komplett zu überweisen

Wie das BMEL weiter schreibt, seien die Bundesländer zwar bestrebt, die Kontrollen so schnell wie möglich durchzuführen und die Direktzahlungen im Dezember vollständig auszuzahlen.

Doch aufgrund nationaler Regelungen müssen Antragsteller bestimmte Verpflichtungen wie keinen Einsatz von Klärschlamm, mineralischen Stickstoffdüngemitteln oder chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln im Antragsjahr auf ökologischen Vorrangflächen mit Zwischenfruchtanbau bis Jahresende einhalten. Darüber hinaus dürfen Landwirte auf Brachflächen bis 15. November noch gewisse landwirtschaftliche Tätigkeiten durchführen. 

Hogan bekräftigt Haltung

Laut BMEL habe Deutschland die Europäische Kommission schon seit Jahren immer wieder aufgefordert, Zahlungen bereits vor Abschluss aller Kontrollen zuzulassen.

Nach Darstellung des BMEL lasse die Europäische Kommission hier aber keine Ausnahmen zu. Sie habe dies zum Beispiel bei der Sitzung des Verwaltungsausschusses Direktzahlungen am 12. Juli 2018 erneut betont. "Kommissar Hogan hat dies beim letzten Agrarrat nochmals bekräftigt," teilt eine BMEL-Sprecherin mit.

Nicht auf staatliche Hilfen bauen

Deutsche Bauern müssen daher hoffen, dass Bund und Länder beim Treffen am 31. Juli nationale Beihilfen beschließen. Doch noch steht nicht fest, ob die aktuelle Dürrekatastrophe als Ereignis nationalen Ausmaßes wie frühere Katastrophen wie die Dürre 2003 oder das Hochwasser vor fünf Jahren einzuordnen ist.

Die Einstufung der aktuellen Dürrekatastrophe wollen Bund und Länder aber erst nach Vorlage aller Ernteergebnisse treffen. Der BMEL-Erntebericht liegt voraussichtlich aber erst in der zweiten Augusthälfte vor.

Bis dann Finanzhilfen auf den Höfen ankommen, wird wohl nach unserer Einschätzung dauern. Und ob die Beträge die Not auf den Höfen wirklich lindern werden, bleibt abzuwarten.

Unternehmensberater empfehlen daher Landwirten, zügig einen Liquiditätsplan aufzustellen und bei Bedarf mit der Hausbank über Liquiditätskredite zu sprechen. Auch die Landwirtschaftliche Rentenbank bietet diese Kredite zu Sonderkonditionen an.

Kommentar: Politik führt deutsche Bauern an der Nase herum

Josef Koch

Verfolgt man das Beispiel mit den Direktzahlungen, müssen sich Landwirte, die die Dürre hart trifft, so fühlen, als ob sie an der Nase herumgeführt werden. EU-Agrarkommissar Hogan verspricht zwar vorgezogene Direktzahlungen, weiß aber genau, dass die deutschen Bauern davon nicht profitieren können.

So lange die EU-Kommission starr an ihren Verwaltungsvorgaben klebt und den Abschluss aller Kontrollen fordert, bekommen deutsche Bauern keinen Cent der EU-Prämie früher. Hier gaukelt die EU-Kommission den Landwirten etwas vor. So könnte die EU meines Erachtens bei den prekären Situationen auf den Höfen mal die Fünf gerade sein lassen und bei ihren Verwaltungsvorgaben Abstriche machen.

Auch das Bundesagrarministerium argumentiert in der Angelegenheit nicht ganz sauber. Zum Beispiel können die Bundesländer nicht komplett Zwischenfrüchte auf ökologischen Vorrangflächen prüfen, wenn Landwirte diese vielfach erst ab Mitte Februar umbrechen dürfen, die Direktzahlungen aber schon im Dezember kommen. Da hat Deutschland wohl doch Spielraum.

Schließlich ist meines Erachtens die Gefahr gering, dass Landwirte ungerechtfertigt EU-Geld bekommen, selbst wenn die Kontrollen noch nicht komplett abgeschlossen sind. Ohnehin erlaubt Hogan ja nur einen Vorschuss bis zu 70 Prozent der EU-Direktzahlungen. Für eventuelle Rückforderungen bei Auflagenverstößen gäbe es immer noch einen Spielraum.    

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