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Dürrestress ist das neue Normal

Hybridweizen der Sorte Hymalaya
am Freitag, 14.08.2020 - 10:40 (1 Kommentar)

Die Landwirte reagieren und passen ihre Fruchtfolgen an den Klimawandel an – und an die Politik. Pflanzenzüchter spüren das.

„Wir befinden uns aktuell im dritten Dürrejahr in Folge. Dürre – so ist zu befürchten – ist die neue Normalität“, sagt Paul Steinberg. Er ist Produktmanager beim Pflanzenzüchter Saaten-Union. Und das Züchtungsunternehmen spürt sehr deutlich, dass die Landwirte auf die veränderten Niederschlagsmuster und extremen Temperaturen reagieren.

Die Ackerbauern erweitern ihre Fruchtfolgen. Sie setzen verstärkt auf eine Stabilisierung der Erträge statt auf Sorten mit spitzenmäßigem Ertragspotenzial. Und sie fragen Sorten nach, die möglichst gut an die regionalen Bedingungen angepasst sind, also beispielsweise besonders früh oder spät abreifen.

Mehr Nischenkulturen und Zwischenfrüchte nachgefragt

Marcus Iken, Geschäftsführer der Saaten-Union

Auch die veränderten politischen Rahmenbedingungen machen sich auf dem Acker bemerkbar. Insbesondere die Düngeverordnung erfordert Anpassungen. Aber auch der Druck zur Verringerung des chemischen Pflanzenschutzes und das Fehlen vertrauter Wirkstoffe spielen eine Rolle.

Wie Marcus Iken, Geschäftsführer der Saaten-Union vor Journalisten in Köln erläuterte, verzeichnete die Saaten-Union im vergangenen Geschäftsjahr bei insgesamt leicht steigendem Umsatz beim Hybridgetreide einen Umsatzrückgang um 6 Prozent und beim Mais um 7 Prozent. Klare Gewinner waren Futterpflanzen und Zwischenfrüchte mit einem Umsatzplus von über 30 Prozent. Auch der Bereich Ökosaatgut und Nischenkulturen wie Durum oder Dinkel entwickelten sich positiv.

Insgesamt verbuchte die Saaten-Union inklusive der Rapool-Ring GmbH im Wirtschaftsjahr 2019/20 ein Umsatzplus von 1,4 Prozent auf gut 200 Mio. Euro.

Züchter freuen sich über mehr Vielfalt auf dem Feld

Parzellenweise Ernte von Züchtungsbeständen

Iken wertete die wieder zunehmende Nachfrage nach Nischenkulturen und einem breiteren Sortenspektrum bei den großen Kulturen wie Weizen und Gerste positiv. „Wir mittelständischen Züchter haben die Genetik und können den Landwirten auch außerhalb der großen Kulturen entsprechendes Saatgut anbieten“, sagte Iken. Die Saaten-Union will die Sparte Ökosaatgut und Nischenkulturen jedenfalls ausbauen. Investiert wird beispielsweise in neue Hafersorten für Lebens- und für Futtermittel.

Um die Landwirte bei der Vermarktung der Nischenkulturen wie Dinkel oder Grobleguminosen zu unterstützen, bietet die Saaten-Union auf ihrer Internetseite eine „Abnehmerkarte“. Dort können Landwirte für ihre Region gezielt nach möglichen Vermarktungspartnern für ihre Wunschkultur suchen. Denn wer Emmer oder Dinkel anbauen möchte, sollte den Absatz besser vor der Aussaat klären.

Ein breites Kulturartenspektrum ist die beste Risikoabsicherung

Paul Steinberg, Produktmanager bei der Saaten-Union GmbH

Produktmanager Steinberg sieht in einem breiten Kulturartenspektrum jedoch die beste Risikoabsicherung. Denn niemand könne vorhersehen, ob und wann ganz genau Klimastress für die verschiedenen Arten einsetze. Während 2018 alle Kulturarten unterdurchschnittliche Leistungen brachten, hätten im vorigen Jahr Roggen und Gerste deutlich weniger gelitten als andere Kulturen.

Das Ziel müsse lauten, realistische Erträge möglichst effizient zu erreichen. Zwischenfrüchte spielen laut Steinberg eine wichtige Rolle, um den Humusgehalt und die Bodenstruktur zur verbessern. Das wiederum wirkt sich positiv auf den Wasserhaushalt des Bodens aus. Die Antwort auf „Dürrestress als neue Normalität“ laute also „Vielfalt und Flexibilität“.

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