
Es hört sich an, wie eine unendliche Erfolgsgeschichte: Immer mehr Landwirte stellen ihre Betriebe auf Bio um. Und sie bewirtschaften immer mehr Fläche. Derzeit werden etwa 10 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche von 10 Prozent der Betriebe nach ökologischen Kriterien bewirtschaftet, stellt das Statistische Bundesamt in der aktuellen Landwirtschaftszählung 2020 fest. Fast 10.000 Bio-Höfe sind in letzten zehn Jahren hinzugekommen. Gleichzeitig hat die Zahl der konventionellen Betriebe um 45.400 abgenommen. Wenn das kein Argument für Bio ist!?
Doch der Anteil der Bioproduktion an den einzelnen Produktionsbereichen – etwa bei Milch oder Getreide – ist erheblich kleiner als der Anteil der Bio-Produzenten – und das hat wirtschaftliche Gründe. Hinzu kommt eine Sache, über die nicht so gerne gesprochen wird: Auch Biobetriebe steigen nämlich wieder aus. Das zeigte jedenfalls eine Untersuchung des Thünen-Instituts vor einigen Jahren. Die Ursachen für diesen Wiederausstieg sind ebenfalls wirtschaftlicher Natur, wie die Thünen-Wissenschaftler damals herausgefunden haben.
„Das ist für die Landwirte eine ganz normale betriebsstrategische Entscheidung“, hatte der für die Studie verantwortliche Agrarökonom Jörn Sanders damals gesagt. Und manche Bauern kehren dann sogar in die konventionelle Produktion zurück. Auf den ersten Blick scheint das vielleicht nicht verständlich, doch ein Vergleich der betrieblichen und wirtschaftlichen Kennzahlen der beiden Betriebsgruppen kann vielleicht etwas Licht ins Dunkel bringen.
Für so einen Vergleich bieten die Ergebnisse der Testbetriebe des Buchführungsnetzes des Bundeslandwirtschaftsministeriums eine gute Grundlage. Dort sind alle agronomischen und wirtschaftlichen Daten über lange Zeiträume detailliert vorhanden.
Biolandbau: Produktivität ist wesentlich schlechter

Ein wichtiger Grund für konventionelle Landwirte, auf Bio umzustellen, sind sicherlich die hohen Preise. Vergessen wird dabei jedoch oft, dass die Kosten, bezogen auf die produzierte Menge, ebenfalls sehr hoch sind. Grund sind die erheblich niedrigeren Erträge und Tierleistungen.
Vergleicht man die in beiden Bereichen wichtigsten Produktionszweige, also den Ackerbau und die Milchproduktion, dann zeigt sich: Die Getreideerträge der konventionellen Landwirte lagen im Schnitt der letzten zehn Jahre bei 70 dt je Hektar. Gleichzeitig ernteten die Ökobauern nur 34 dt je Hektar – also gerade einmal halb so viel. Das hat natürlich Einfluss auf die Umsatzerlöse.
Wenn man sämtliche Aspekte berücksichtigt, hat diese gewaltige Ertragslücke am Ende auch Einfluss auf die Nachhaltigkeit der Produktion – das zeigen verschiedene Studien. Die Hauptursache der Ertragsdifferenz ist der Verzicht auf mineralischen Dünger und chemischen Pflanzenschutz. Das spart zwar Kosten, kostet jedoch gleichzeitig die Hälfte des Ertrages.
Ähnlich ist die Situation bei der Milch, auch wenn die Differenz nicht ganz so groß ist. So lag die Milchleistung bei den konventionellen Milchbauern zuletzt etwa bei 8.300 kg Milch im Jahr. Die Ökobetriebe kamen lediglich auf 6.400 kg. Auch wenn die Öko-Leistung in den letzten zehn Jahren moderat zugenommen hat, erzeugen die konventionellen Milchbauern also 30 Prozent mehr Milch je Kuh. Hauptgrund für die Leistungsdifferenz dürfte die im Ökobereich deutlich stärker regulierte und beauflagte Fütterung und der geringere Einsatz von Kraftfutter sein.
Erheblich höhere Preise – Umsatzerlöse trotzdem niedriger

Allerdings erlösen die Biobauern für ihre Produkte deutlich höhere Preise – die außerdem bisher erheblich stabiler waren als im konventionellen Bereich. Das ist sicher einer der Hauptgründe für die Umstellung von Konventionell auf Öko. Doch abgerechnet wird zum Schluss, bzw. man muss am Ende schauen, was wirklich im Portemonnaie bleibt.
Bei Getreide haben die Biobauern in den letzten zehn Jahren für ihren Weizen im Schnitt 41 Euro je dt erlöst; das ist mehr als doppelt so viel wie die konventionellen Ackerbauern mit 18 Euro je dt bekamen. Bei Milch sind die Preisunterschiede nicht ganz so groß. Hier bekamen die Ökobauern im Mittel rund 41 Cent je kg. Bei den konventionellen Landwirten waren es nach den Daten des Bundes knapp 35 Cent.
Doch wie die Statistik zeigt: Die Umsatzerlöse bezogen auf die bewirtschaftete Fläche waren in der konventionellen Landwirtschaft am Ende höher – wegen der höheren Produktivität. Im konventionellen Getreideanbau erwirtschafteten die Landwirte in den letzten zehn Jahren Umsatzerlöse von 351 Euro je Hektar, im Vergleich zu 187 Euro bei Biobauern. Ein Vorteil von fast 90 Prozent.
Bei der Milch liegt das Verhältnis etwas enger bei 849 zu 755 Euro je Hektar für Biobauern. Ein Abstand von 12 Prozent. Bei Schweinen erwirtschaften die konventionellen Landwirte Umsatzerlöse von 724 Euro je Hektar, im Vergleich zu 197 Euro je Hektar bei Biolandwirten – ein fast vierfacher Vorsprung für die konventionellen Bauern.
Über alle Produktionsbereiche hinweg, weisen die konventionellen Landwirte im Mittel der letzten 10 Jahre Umsatzerlöse von 3.450 Euro je Hektar aus – Biobetriebe kommen auf 2.060 Euro und damit auf deutlich weniger. Trotz der für konventionelle Betriebe niedrigeren Preise und deutlich höheren Kosten (betriebliche Aufwendungen) für Dünger, Pflanzenschutz, Saatgut und Tierzukäufe, ist das sogenannte Betriebsergebnis der konventionellen Bauern daher höher als das der Biobetriebe.
Grund ist die höhere Produktivität. Die Frage ist nun: Warum war das Einkommen der Biobetriebe in den letzten 10 Jahren dennoch etwa 10 Prozent höher? Diese scheinbar schwierige Frage lässt sich relativ einfach beantworten.
Drei Viertel des Einkommens sind Subventionen

Der Hauptgrund für die höheren Einkommen der Biobetriebe sind nicht etwa die höheren Preise oder die – außer bei Futter – niedrigeren betrieblichen Kosten, sondern vielmehr die deutlich höheren Subventionen. So machen die staatlichen Subventionen bei den konventionellen Betrieben im Mittel der letzten 10 Jahre knapp die Hälfte des betrieblichen Einkommens aus – bei Biobetrieben sind immerhin drei Viertel des Betriebseinkommens Subventionen.
In Zahlen: Während konventionelle Landwirte im 10-Jahresmittel rund 420 Euro je Hektar Subventionen und Zuschüsse bekamen, waren es bei Biobetrieben etwa 623 Euro. Darin enthalten sind die deutlich höheren Zahlungen für Umweltmaßahmen von 230 Euro - mit steigender Tendenz. Am Ende sind die Einkommen von Biobetrieben etwa 10 Prozent höher. Dazu kommen dann noch verschiedene regionale Fördermaßnahmen der Bundesländer.
Deutlich wird dabei auch: Die scheinbare ökonomische Vorteilhaftigkeit der Biobetriebe ist vor allem eine politische Entscheidung - und keine wirtschaftliche. Der „Wettbewerb als Entdeckungsverfahren“ für die vorteilhaftere Bewirtschaftungsform ist also zumindest verzerrt. Der Ökonom und Nobelpreisträger Friedrich von Hayek hatte gesagt: „Wettbewerb ist ein Verfahren zur Entdeckung von Tatsachen, die ohne sein Bestehen entweder unbekannt blieben oder doch zumindest nicht genutzt werden“.
Absatzwachstum bei stabilen Preisen? Wohl eher nicht

Die Produktion von Bioprodukten ist in den letzten Jahren kräftig gewachsen – ebenso der Konsum. Allerdings sind die Preise für Bioprodukte auf Erzeugerebene und im Handel meist deutlich höher als für konventionelle Ware. Doch hat vor allem der sehr starke Zuwachs von Bioprodukten bei den Discountern und großen Einzelhändlern – beispielsweise die Kooperation zwischen Bioland und Lidl – den Umsatz von Biolebensmitteln erheblich vorangetrieben.
Gleichzeitig wurden dadurch die möglichen Preisspannen weit nach unten aufgefächert. Das hat den Markt für neue, nicht so kaufkräftige Kunden, für die sonst sehr hochpreisige Bio-Ware, erweitert. Ob die Erzeugerpreise - etwa für Milch und Getreide - bei einer fortgesetzten Ausweitung des Angebots stabil gehalten werden können, ist jedoch keineswegs sicher. Denn: Mengenwachstum bei stabilen Preisen würde den marktüblichen Mechanismen von Preisbildung eigentlich widersprechen. Die Bioverbände gehen jedoch davon aus, dass die Nachfrage mit der Angebots-Expansion Schritt hält.
Trotz der zuletzt hohen Zuwachsraten auf Erzeuger- und Verbraucherbene ist der Biomarkt noch immer relativ klein – und wegen der niedrigeren Produktivität, auch durchweg kleiner als der Anteil der Bio-Bauern am jeweiligen Marktsegment. Das zeigen folgende Beispiele: So lag der Marktanateil (bei 10 % Biobauern) bei Biogetreide an der gesamten Getreideproduktion unter 3 Prozent, bei Milch knapp unter 4 Prozent, bei Schweinen sogar unter 1 Prozent und bei Rindfleisch etwa bei 5 Prozent. Zweistellig ist der Bio-Marktanteil lediglich bei Eiern sowie bei Obst und Gemüse.
Fakt ist aber: Mit diesen Mengen könnte man den heimischen Markt insgesamt kaum versorgen. Zudem würde ein Rückgang der Agrarproduktion, aufgrund der geringeren Produktivität im Biolandbau – ohne eine deutliche Senkung des Verbrauchs – zur Verlagerung der Produktion ins Ausland führen. Das hätte dann negative Folgen für die Umwelt und die Qualitätsstandards – wie Studien zeigen.
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