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Arbeitsmarkt und Fachkräftemangel

Fachkräftemangel und 3 Millionen Erwerbslose – wie passt das zusammen?

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am Mittwoch, 06.09.2023 - 15:27 (2 Kommentare)

In Deutschland fehlen 1,7 Millionen Fachkräfte. Gleichzeitig sind 3 Millionen Menschen erwerbslos. Wie passt das zusammen?

Arbeiter.

"Drei Millionen Erwerbslose in Deutschland wünschen sich eigentlich eine bezahlte Arbeit. Diese Menschen im Alter zwischen 15 und 74 Jahren stehen aber aus unterschiedlichen Gründen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung", sagt jedenfalls das Statistische Bundesamt (Destatis). 

Die Gruppe wird auch als „stille Reserve“ bezeichnet und machte im vergangenen Jahr rund 16 Prozent aller Nichterwerbspersonen aus. 2021 waren es rund 17 Prozent. Zur „stillen Reserve“ gehören Personen ohne Arbeit, die zwar kurzfristig nicht für den Arbeitsmarkt verfügbar sind oder aktuell nicht aktiv nach einem Job suchen, "sich aber trotzdem eine berufliche Tätigkeit wünschen". 

Arbeitslose sind hingegen Personen, die bei der Bundesagentur für Arbeit auch als solche registriert sind und sozialgesetzlichen Vorgaben entsprechen. Aus den unterschiedlichen Konzepten folgt, dass es Personen gibt, die zwar im Sinne der ILO-Definition Erwerbslose sind, bei der Bundesagentur für Arbeit aber nicht als arbeitslos zählen oder umgekehrt.

Erwerbslosigkeit hat ökonomische und soziale Folgen

Windrad.

Erwerbsarbeit spielt in Deutschland (eigentlich) sowohl in gesellschaftlicher als auch in individueller Hinsicht eine zentrale Rolle. Arbeit sichert den Lebensunterhalt, dient der Selbstentfaltung und ist wesentlicher Teil des Alltags. 

Erwerbslosigkeit schränkt umgekehrt Erwerbslose nicht nur in finanzieller Hinsicht ein. Die Einkommensverluste zwingen Erwerbslose meist nicht nur zum Konsumverzicht, sondern führen zu einer eingeschränkten Teilnahme am gesellschaftlichen Leben für die Erwerbslosen und alle von ihnen abhängigen Personen. 

Ebenso groß ist die Bedeutung der Erwerbslosigkeit auf gesellschaftlicher Ebene: Dem Steuersystem fehlen Einnahmen und den Sozialversicherungssystemen entstehen Ausgaben. Mit einem Anteil von knapp 57 Prozent sind Frauen dem Statistikamt zufolge in der „stillen Reserve“ überrepräsentiert.

1,7 Millionen Menschen suchen keine Arbeit

Rund 58 Prozent der Betroffenen verfügen über mindestens eine mittlere Qualifikation, haben also eine abgeschlossene Berufsausbildung oder die Hochschul-/Fachhochschulreife. Sie sind teils nicht kurzfristig verfügbar, weil sie beispielsweise Angehörige versorgen müssen. 

Oder sie suchen gar nicht aktiv nach Arbeit, weil sie glauben, keinen passenden Job finden zu können. Zu diesen beiden Gruppen zählt das Statistikamt nach Auswertung des Mikrozensus 2021 knapp 1,3 Millionen Personen. 

Dazu kommt eine dritte, besonders arbeitsmarktferne Gruppe von Menschen, die weder aktiv einen Job suchen noch verfügbar sind, in der Mikrozensus-Befragung aber einen generellen Arbeitswunsch geäußert haben. Hier geht es um 1,7 Millionen Menschen, die bis 2021 in Deutschland nicht zur „stillen Reserve“ gerechnet wurden.

Fachkräftemangel und 1,74 Millionen offene Stellen

Für den Standort Deutschland ist die hohe Zahl an Erwerbslosen in Zeiten des Fachkräftemangels ein Problem, da viele Unternehmen händeringend nach Mitarbeitenden suchen. 

Im zweiten Quartal gab es einer Stellenerhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zufolge bundesweit 1,74 Millionen offene Stellen. In vielen Branchen wird über einen Mangel an Fachkräften geklagt. 

Das Problem dürfte sich Ökonomen zufolge künftig noch verschärfen, wenn die geburtenstarken Jahrgänge, die sogenannten Baby-Boomer, in Rente gehen.

Mit Material von Destatis: Stille Reserve am Arbeitsmarkt

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