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Umfrageergebnis

Geteilte Meinungen zur Drosselung der Milchmenge

Melken im Melkstand
am Dienstag, 14.04.2020 - 13:08 (1 Kommentar)

Muss die Milchmenge wegen der Corona-Krise auf breiter Front runter? Ein Drittel der Milcherzeuger sagt ja.

Umfrageergebnis zur Milchmengensteuerung

Die Corona-Krise hat den Milchmarkt in heftige Turbulenzen gestürzt. Die Auszahlungspreise sind noch stabil, doch der Börsenwert der Milch ist stark gefallen. Viele Milchviehhalter diskutieren darum in sozialen Netzen über eine Reduktion der Milchanlieferung. Vor allem in einigen WhatsApp-Gruppen wird teilweise heftig gestritten.

Wir haben die Nutzer von agrarheute zur Teilnahme an einer Blitzumfrage aufgefordert. Allein über das Osterwochenende haben fast 2.000 Nutzer an der Befragung teilgenommen. Das Ergebnis: Rund ein Drittel hat sich für eine Verringerung der Milchmenge ausgesprochen. Das ist die größte Einzelgruppe.

Ein Viertel für molkereispezifische Mengensteuerung

Allerdings zeigt die agrarheute-Umfrage auch: Ein Viertel der Teilnehmer ist der Meinung, eine Mengensteuerung sollte von den Molkereien jeweils individuell mit ihren Milcherzeugern vereinbart werden. Und ein weiteres Viertel der Nutzer glaubt, dass eine Drosselung der Milchmenge nicht funktionieren wird, weil sowieso nicht alle mitmachen würden.

Immerhin 14 Prozent der Teilnehmer halten eine Mengenreduktion für unnötig, weil die Nachfrage der Großverbraucher mit einer Lockerung der Pandemieauflagen schon in zwei oder drei Wochen wieder anspringen wird. Relativ gering ist mit 4 Prozent der Anteil derjenigen, der eher auf EU-Zuschüsse zur privaten Lagerhaltung (PLH) als auf eine Mengenreduzierung setzt.

Klöckner warnt den Einzelhandel vor zu viel Preisdruck

Klöckner beim Agrargipfel

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hatte erst vorige Woche zusammen mit ihrem französischen Kollegen die EU-Kommission aufgefordert, die private Lagerhaltung zu bezuschussen.

Darüber hinaus warnte Klöckner den Lebensmitteleinzelhandel vor allzu hohem Preisdruck auf die Milchviehhalter in der aktuellen Situation. „Wenn die Händler die Endverbraucherpreise erhöhen sollten, dann erwarte ich, dass davon auch ein fairer Anteil bei unseren Landwirten ankommt“, sagte die CDU-Politikerin der „Rheinischen Post“ am Osterwochenende.

Die Regierung in Berlin arbeite mit aller Kraft daran, wirtschaftliche Pleiten bei Bauern in der Corona-Krise zu verhindern, so Klöckner. Aber die Landwirte brauchten auch „faire Preise, faire Vertragsverhandlungen“. 

Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken kommt

„Die Milchbauern haben es gerade schwer, weil die Weltmarktpreise schlecht sind und auch die Nachfrage der Gastronomie eingebrochen ist“, sagte die Ministerin. Wenn Ware knapper werde, könne sie zwar teurer werden. „Davon müssen dann aber auch die Urproduzenten etwas haben“, forderte Klöckner.

Klöckner erinnerte daran, dass Deutschland kurz davorstehe, die europäische Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken umzusetzen. Zudem werde auch eine Beschwerdestelle für Landwirte eingeführt, da diese nicht mit dem stark konzentrierten Lebensmitteleinzelhandel auf Augenhöhe seien. „Darauf werden wir ein Auge haben“, so die Ministerin.

Stegemann: Die Krise nicht herbeireden

Albert Stegemann, CDU-Agrarsprecher

Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, warnte davor, am Milchmarkt voreilig eine Krise herbeizureden. Zugleich stellte Stegemann fest: „Weltweite Rezessionen gehen mit fallenden Rohstoffpreisen einher, auch für Agrarprodukte. Daher müssen wir uns auf niedrigere Milchpreise einstellen.“

Der Unionspolitiker verwies auf eine überaus instabile Marktlage in Zeiten der Corona-Pandemie. Am Milchmarkt seien extreme Mengenverlagerungen zu beobachten. Der März sei von hohen Absätzen im Lebensmitteleinzelhandel geprägt gewesen, insbesondere bei abgepackter Butter. Blockware, die an Großhandel und Gastronomie gehe, sei dagegen faktisch nicht mehr gefragt. 

In dieser Marktlage helfen keine „One size fits all“-Lösungen, wie etwa eine pauschale Drosselung der Milchproduktion, so Stegemann. Die aktuelle Situation unterstreicht vielmehr, dass eine verbindliche Planung und Steuerung von Anlieferungsmengen zwischen Molkereien und Milcherzeuger zwingend notwendig seien. Hier habe sich in der Branche seit der letzten Milchkrise viel getan.

"CDU wird Milchbauern nicht allein lassen"

Entscheidend ist nach Einschätzung von Stegemann, dass die Warenströme am Milchmarkt schnellstmöglich mit der veränderten Nachfrage synchronisiert werden. „So brauchen wir in der Übergangsphase beispielsweise Erleichterungen bei den Verpackungsauflagen, solange die Rückverfolgbarkeit gewährleistet ist. Denn gerade Verpackungen sind ein echter Produktionsengpass“, stellte der Abgeordnete fest.

Darüber hinaus müssten sich die EU-Mitgliedstaaten rasch über mögliche Marktmaßnahmen verständigen. Die Private Lagerhaltung könnte dabei helfen, mögliche lieferkettenbedingte Engpässe im zweiten Halbjahr abzufedern. „Sollten Milchbauern oder Molkereien trotz aller Anpassungen unverschuldet in existenzielle Probleme geraten, lassen wir sie als Politik nicht allein“, versprach der CDU-Parlamentarier.

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