Getreide gleich verkaufen oder einlagern? - Strategien für die Ernte


Getreidebauern haben 2022 gut Geld verdient. Die Preise waren hoch und sind nach Ernte gestiegen. Die Einlagerung hat sich gelohnt. Trotz hoher Kosten waren die Gewinne hoch. Das könnte dieses Jahr anders werden. Die Preise sind gefallen. Doch die Kosten sind weiter hoch.

Für Landwirte ist wichtig, die Sicht auf die Getreidemärkte gegenüber dem Vorjahr zu ändern. Die Kosten für die Lagerung von Getreide sind aufgrund von steigenden Kosten für Energie, Trocknung, Zinsen und Transportgebühren erheblich höher. Gleichzeitig sind die Lagerbestände aus der letzten Ernte in der Europäischen Union und in Deutschland auf sehr hohem Niveau, sagen Getreidehändler und Marktanalysten.
Ursache sind sowohl die hohen Importe aus der Ukraine als auch der zuletzt hinter den Erwartungen bleibende Export. Das heißt aber auch: Diese Mengen drücken zusätzlich zur neuen Ernte auf den heimischen Getreidemarkt. Noch ist nicht klar, wie groß die neue Ernte am Ende wirklich wird. Und welche Preise für sie gezahlt werden.
Die Folgen von Trockenheit und Dürre in Europa und den USA könnten die Erntemengen und damit die Preise noch erheblich beeinflussen. Durch die Lagerung der neuen Ernte haben Landwirte die Möglichkeit abzuwarten, wie sich die Marktpreise ändern werden. Eine Garantie für steigende Preise gibt es aber nicht.
Einlagerung kostet Geld – man muss rechnen

Die Vermarktungsstrategie eines Getreidebauern basiert dabei in der Regel auf seinem akuten Geldbedarf und seiner Risikobereitschaft. Die Preisentwicklung der letzten Jahre zeigt: Für die meisten Erzeuger war es wegen der weiteren Entwicklung der Marktpreise sinnvoll, das Getreide nach der Ernte einzulagern – und nicht an einen Händler zu verkaufen. Denn die höchsten Preise erzielte man in den ersten Monaten des nächsten Jahres (siehe Grafik).
Doch das ist kein Naturgesetz. Zum einen können die Preise in den Monaten nach der Ernte deutlich fallen. Und: Bei der Lagerung von Getreide müssen die Opportunitäts- und die Lagerkosten berücksichtigt werden. Um Getreide mit Gewinn einzulagern, „muss der Grenznutzen für die Lagerung der Ernte größer sein als die Grenzkosten“, sagen Ökonomen.
Die Lagerung auf dem Hof bleibt dennoch ein wichtiges Vermarktungsinstrument. Bei richtigem Einsatz kann ein Landwirt seinen Gewinn erheblich steigern. Allerdings kostet die Lagerung dieses Jahr deutlich mehr Geld, während die Getreidepreise erheblich gefallen sind. Das muss ein Landwirt bei der Entscheidung für oder gegen eine Lagerung auf jeden Fall berücksichtigen. Ebenso dass die Getreidepreise weiter deutlich fallen können.
Dieses Jahr ist nicht wie 2022 - andere Strategie?
Wichtig ist deshalb, dass Landwirte die Marktsituation möglichst kritisch einschätzen und diese auch regelmäßig überprüfen. Analysten aus den USA weisen darauf hin, dass sich die meisten Menschen daran orientieren, was in der letzten Zeit passiert ist. Danach könnten die Vermarktungserfahrung aus dem Jahr 2022 zu der Erwartung führen, dass das kommende Jahr ähnlich verlaufen wird. Die Folge wäre, dass man unbewusst davon ausgeht, dass die Getreidepreise ähnlich hohe Werte auf dem Markt erreichen werden, wie im vorigen Jahr, ohne auf dem Markt nach Informationen zu suchen, die diese Idee unterstützen würden.
Die Lagerung auf dem Bauernhof ist jedoch kostspielig und erfordert sorgfältige Überlegungen. Die Erzeuger lagern in der Hoffnung ein, dass die Preise nach der Ernte steigen. Es besteht aber die Möglichkeit, dass die Preise sinken und die Lagerung der Ernte zu einem Verlust führen würde. Selbst wenn die Preise gleichbleiben, können durch die Lagerung Verluste aufgrund entgangener oder gezahlter Zinsen entstehen, die als Opportunitätskosten bezeichnet werden.
Eine Möglichkeit, das Preisrisiko zu mindern, besteht darin, während des gesamten Vermarktungszeitraums regelmäßig Getreide zu verkaufen. Durch die Lagerung haben Landwirte die Möglichkeit, den Verkaufszeitraum zu verlängern und so ihr Preisrisiko zu diversifizieren.
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