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DLG-Unternehmertage

Global oder regional: Wo stecken die besten Chancen für Landwirte?

Die deutsche Landwirtschaft muss so viele gegensätzliche Anforderungen erfüllen, dass es für die Unternehmer eine Herausforderung ist, ein Geschäftsmodell auszuarbeiten. Bei allem Streben nach mehr Regionalität haben die Unternehmertage der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft deutlich gemacht: Auch ein Blick ins Ausland lohnt sich.
am Donnerstag, 07.09.2023 - 15:05 (2 Kommentare)

Chancen für Unternehmer in der Landwirtschaft liegen sowohl vor der Haustür als auch im Ausland. Das konnten die Teilnehmer der DLG-Unternehmertage am 5. und 6. September 2023 in Magdeburg an vielen Beispielen erkennen.

Landwirte bewegen sich in einem Spannungsfeld zwischen Regionalität und dem Einfluss internationaler Märkte. Regionale Produkte sind – zumindest in wirtschaftlich stabileren Zeiten – bei den Verbrauchern beliebt, zugleich ist der Exportmarkt für Deutschland und Europa von immenser Bedeutung. Wie da den richtigen Weg für den eigenen Betrieb finden? 

Für jeden Landwirt dürfte die Antwort „betriebsindividuell“ ausfallen. Ein Blick über den Tellerrand beziehungsweise ins Ausland schadet aber nie. Bei den DLG-Unternehmertagen unter dem Motto „Internationale Perspektiven und Strategien“ hatten Landwirte dazu ein vielfältiges Angebot.

Wolfgang Grupp: Wenn andere billiger produzieren, bin ich ein Versager

Wolfgang Grupp

Als prominenten Impulsgeber zur Eröffnung der DLG-Unternehmertage 2023 hatte die DLG den Trigema-Geschäftsführer Wolfgang Grupp eingeladen. Grupp, der das ausschließlich in Deutschland produzierende Familienunternehmen auf wirtschaftlich stabile Beine gestellt hat, plädierte für den Standort Deutschland. Es sei die allererste Pflicht eines Unternehmers, seine Aufgaben in der Heimat zu erfüllen. 

Der Vertrauensverlust gegenüber dem Standort Deutschland liege allein am Verhalten der Unternehmer und Manager. „Wir brauchen die Verantwortung und Haftung der Entscheidungsträger zurück“, sagte Grupp und verwies auf die Rechtsform „eingetragener Kaufmann“ (e. K.) von Trigema. Kein Verständnis zeigte der Textilunternehmer für das Denken von Inhabern, die, wenn sie scheitern, schnell Eigeninsolvenz anmelden und der Steuerzahler dafür aufkommen muss. Die Politik müsse funktionierende Rahmenbedingungen schaffen, beispielsweise durch Einführung eines Steuerrabatts für die Unternehmen, die die volle Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. 

Als Riesenchance bezeichnete der Baden-Württemberger die Globalisierung. „Wenn andere billiger produzieren, bin ich ein Versager“, bekundete er. Indiskutabel sei für ihn allerdings der Mindestlohn, der aus seiner Sicht auch zwischen 15 und 18 Euro liegen könne. Darüber hinaus sprach Grupp sich für eine Würdigung der Fachkräfte und den familiären Zusammenhalt aus. Ausreichend Rücklagen ermöglichten es zudem, Krisen wie den Gasmangel zu bewältigen.

Landwirtschaft hat andere Bedingungen als Textilindustrie

Hubertus Paetow

Dass zwischen der Textilindustrie und der Landwirtschaft ein Unterschied besteht, machte im Anschluss an den Vortrag von Grupp DLG-Präsident Hubertus Paetow deutlich. „Landwirte sind in besonderer Weise von natürlichen und politischen Faktoren abhängig“, erklärte Paetow. Die Zukunft der Landwirtschaft sei von Widersprüchen geprägt. Während die Nachfrage groß sei, ließen die Entscheidungen von Politik und Gesellschaft Zweifel daran aufkommen, ob die deutsche Landwirtschaft noch ausreichend im internationalen Wettbewerb bestehen kann. 

Paetow warnte vor der planwirtschaftlichen, hyperbürokratischen Feinsteuerung. Diese könne zu einem maximal unternehmerverachtenden und völlig ungeeigneten System führen. Als entscheidenden Faktor für Innovationen nannte der DLG-Chef den Zugang zum Fortschritt und auch zur Sicherheit. Resignation sei laut Paetow aber keine Option. Landwirtschaft habe es in Deutschland immer gegeben. Der größte Standortvorteil seien die hochmotivierten Mitarbeiter und Unternehmer. „Der ganze Werkzeugkasten für die Bewältigung der Zielkonflikte ist vorhanden – wir müssen nur zufassen“, gab Paetow sich optimistisch.

Mut für einzigartige Produkte haben: Reis aus Teichen und Gemüse aus dem Stall

Guido Leutenegger

Beispiele aus dem In- und Ausland zeigten den Landwirten auf der DLG-Tagung, welche Unternehmerweisheit sich bewährt hat: Seine eigenen Stärken kennen, um beim Geschäftsmodell darauf setzen zu können. Und Mut haben, besondere Produkte anzubieten, die vielleicht sogar eine Geschichte erzählen. 

Guido Leutenegger, der als Schweizer seine Heimat im brandenburgischen Linum gefunden hat, berichtete zum Beispiel von seiner Übernahme einer ehemaligen DDR-Fischzuchtanlage. Für seine kleine Karpfenzucht benötigt er nur die Hälfte der Teiche, die er vorfand. Seit diesem Jahr nutzt Leutenegger die übrigen Teiche, um Reis anzubauen. Wie er berichtete, erwartet er eine Reisernte von 6 bis 7 Tonnen. 

Um die Nachnutzung der leeren Schweineställe auf dem elterlichen Betrieb machte sich Thorsten Lansmann Gedanken. Er ist Mitgründer des Franchiseunternehmens Stallgrün, das Schweinehaltern, die sich von ihren Tieren getrennt haben, das Indoor Farming näher bringen soll. Lansmann erklärte, wie der Anbau von Gemüse und Kräutern im umfunktionierten Stall kontrollierte Umweltbedingungen bietet und authentische Produkte für den Verbraucher hervorbringt.

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