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Agrarpolitik und Ernährungskrise

Gute Ackerflächen stilllegen – Ein Wohlstandsproblem?

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am Donnerstag, 14.09.2023 - 13:16 (3 Kommentare)

Im vorigen Jahr war die Flächenstilllegung ausgesetzt. Wegen der globalen Ernährungskrise. Nun ist die Krise vorbei. Nach Meinung der Politik. Die Stilllegungsregel von 4 % soll wieder gelten.

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Die Direktzahlungen der Landwirte sind an bestimmte Auflagen geknüpft. Dazu gehört die Flächen-Stilllegung von vier Prozent der Ackerflächen. Voriges Jahr wurde die EU-Maßnahme wegen des Ukraine-Kriegs ausgesetzt. Hintergrund waren befürchtete Versorgungsengpässe bei Getreide. Bedingung war: Die Landwirte durften auf den Flächen Getreide, Sonnenblumen und Hülsenfrüchte anbauen – keinen Mais. 

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hatte das Vorgehen unterstützt. Doch nun will der Landwirtschaftsminister die Erlaubnis rückgängig machen. „Mittlerweile haben sich die Getreidemärkte wieder stabilisiert. Die notwendigen EU-Regelungen zum Schutz von Klima, Artenvielfalt und Umwelt können nicht erneut ausgesetzt werden, weil dafür das EU-Basisrecht geändert werden müsste,“ sagte der Minister dem BR. 

Das Bundeslandwirtschaftsministerium schreibt dem BR: „Wer jetzt immer noch Klima- und Artenschutz mit fadenscheinigen Argumenten zurückfahren will, der ist alles andere – nur sicherlich kein Freund der Landwirtschaft.“

Ökologischer Nutzen oder Ernährungssicherheit

Ähnlich wie Özdemir argumentiert auch Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) aus Mecklenburg-Vorpommern. Er sagt gegenüber dem NDR: „Krieg gegen Lebensmittel“, in diese Diskussion wolle er „jetzt nicht verfallen“. Europa habe es sich zum Ziel gesetzt, bis spätestens 2050 CO2-neutral zu sein. Dazu zähle auch die Landwirtschaft, so Backhaus. 

Landwirte sehen die Sache etwas anders: „Das ist ein Wohlstandsproblem, dass wir nicht bereit sind zu helfen, wo Hilfe benötigt wird - nämlich bei den Nahrungsmitteln, sagt der Landwirt Aurel Hagen dem NDR.“ 

Der Ackerbauer hat das Gefühl, „der scheinbare ökologische Nutzen“ werde „vor die Ernährung von Menschen gestellt.“ Seiner Ansicht nach bräuchten die Flächen, die zur Stilllegung gedacht sind, nur für eine begrenzte Zeit für den Anbau von Weizen oder Raps genutzt werden, meint der Landwirt - „aber das entscheidet die Politik.“ 

Die CDU/CSU-Fraktion war Ende Juni mit einer Initiative gescheitert, die Pflicht zur Stilllegung von 4 % der Ackerflächen ab 2024 dauerhaft auszusetzen. Der Bundestag hat den Antrag der CDU/CSU-Fraktion jedoch abgelehnt. Darin sollte die Bundesregierung aufgefordert werden, sich dafür einzusetzen, dass die Stilllegungsverpflichtung im Rahmen der Konditionalität wie bereits in diesem Jahr auch künftig nicht zum Tragen kommt.

Aus der Zeit gefallen?

Mitte August hatte EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski mitgeteilt, dass die ausgesetzte Flächenstilllegung auf das diesjährige Erntejahr kaum Auswirkungen gehabt habe. 

EU-Landwirte hätten ihre Anbaufläche für Getreide danach nicht vergrößert. Dennoch sei die Getreideproduktion in diesem Jahr um fünf Prozent gestiegen. Deshalb ist nicht damit zu rechnen, dass die EU die Ausnahmeregelung verlängert. 

Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbands, hält die Entscheidung, wieder Flächen stillzulegen, für „aus der Zeit gefallen“. Er sagte dem BR: „Hier dann stilllegen und die Produkte von irgendwo in der Welt importieren mit den Fußabdrücken, die sie dann haben, das wäre sehr unehrlich und das wäre auch nicht nachhaltig.“

Mit Material von BR, NDR

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