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Agrarpoltik und Strukturwandel

Höfesterben auf Niederländisch: Jeder achte Schweinebauer gibt auf

Schweinebauer streichelt ein Schwein durch eine Abtrennung hindurch
am Freitag, 21.08.2020 - 05:00 (Jetzt kommentieren)

In den Niederlanden hat die Zahl der Schweinbauern in nur einem Jahr um 12 Prozent abgenommen. Das heißt: Jeder achte Schweinebauer ist ausgestiegen.

Anders als in Deutschland haben in den Niederlanden aber mehr Mäster das Handtuch geworfen als Schweinezüchter. Die Zahl der gehaltenen Schweine blieb trotz der zahlreichen Betriebsaufgaben relativ stabil.

Beschleunigt wurden die Betriebsaufgaben offenbar durch ein „staatliches Rauskaufprogramm“ – den sogenannten Aktionsplan Ammoniak, ­­ den viele Schweinemäster genutzt haben.

In anderen Betriebszweigen – wie der Milchviehhaltung – fiel die Zahl der Betriebsaufgaben deutlich moderater aus. Die Zahl der Milchkühe nahm sogar erstmals seit drei Jahren wieder zu. Dagegen schrumpfte die Schafhaltung drastisch, offenbar auch wegen der verstärkt auftretenden Wölfe.

Es geben deutlich mehr Schweinemäster als Sauenhalter auf

Grafik Anzahl der Schweinebetriebe in den Niederlanden 2000 bis 2020

Die Zahl der Schweinefarmen ist von knapp 4.100 im Jahr 2019 um 12,0 Prozent auf 3.600 im Jahr 2020 zurückgegangen. Damit haben innerhalb nur eines Jahres rund 500 Schweinehalter die Hoftüren dicht gemacht.

Gleichzeitig war das der stärkste jährliche Rückgang seit 20 Jahren – damals zählte man in den Niederlanden allerdings noch 14.500 Schweine haltende Betriebe. Also viermal so viele wie jetzt.

Die durchschnittliche jährliche Abnahmerate bei den Schweinefarmen lag in den letzten 20 Jahren bei 6,7 Prozent. In den letzten beiden Jahren hatten allerdings jeweils weniger als 3 Prozent der Betriebe aufgegeben – und damit deutlich weniger als in den Vorjahren.

Aber offenbar haben das staatliche Rauskaufprogramm, in Verbindung mit weiter steigenen ökologischen Anforderungen und Tierwohl-Auflagen, dem niederländischen Strukturwandel zuletzt einen sehr kräftigen Schub gegeben.

Wie hoch der politischen und gesellschaftliche Druck auf die niederländischen Bauern ist, zeigen auch die zahlreichen Protestaktionen und Demonstrationen.

Besonders stark war der Rückgang bei den Schweinmästern. Hier zählte man 13,4 Prozent weniger Betriebe als 2019. Bei Zuchtschweinen betrug der Rückgang der Betriebe „nur“ 5,2 Prozent.

Zahl der Schweine (noch) stabil – Betriebe immer größer

Grafik zur Anzahl der Schweine in den Niederlanden in 2000 bis 2020

Der niederländische Schweinebestand ist um 1,2 Prozent auf etwas mehr als 12 Millionen Schweine geschrumpft. Etwa seit 2008 bewegt sich die Zahl der in den Niederlanden gehaltenen Schweine relativ stabil zwischen 12,0 und 12,6 Millionen Tieren. Davor wurden etwas mehr als 13 Millionen Schweine gehalten.

Die durchschnittliche Zahl der pro Betrieb gehaltenen Schweine nahm kontinuierlich von 900 Schweinen im Jahr 2000 auf 3.400 im Jahr 2020 zu. Das ist mehr als eine Verdreifachung der Betriebsgröße in den letzten 20 Jahren.

Die Zahl der Schweinebauern könnte jedoch weiter schrumpfen, da viele die sogenannte "Warmsanierung" in Anspruch genommen haben. Landwirtschaftsministerin Carola Schouten geht außerdem davon aus, dass sich durch das Programm auch die Anzahl der Schweine noch um etwa 1 Million verringert wird.

Linda Janssen, Vorsitzende der POV (Vertreterin der Schweinebauern), ist von den Zahlen nicht überrascht. „Unsere Landwirte brauchen Skaleneffekte, um mit anderen Ländern konkurrieren zu können. Die Kosten der Produktion sind aufgrund der hohen Anforderungen an die Schweinehaltung viel höher als anderswo.

"Man sieht daran auch, dass die „Produktionsrechte“ von Landwirten, die in den letzten Jahren aufgehört haben, von Unternehmen übernommen wurden, die oft bereits eine Reihe von Ställen hatten“, sagt Janssen.

Wieder mehr Milchkühe – Schafbestand schrumpft wegen Wölfen

Kühe grasen auf der Weide vor einem Stall

Am 1. April 2020 wurden in den Niederlanden 3,8 Millionen Rinder gezählt, 0,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Rinderfarmen ging jedoch um 2,4 Prozent auf 24.000 zurück. Die Zahl der Milchkühe nahm indessen um 1,0 Prozent auf 1,6 Millionen zu, während der weibliche Jungviehbestand um 1,6 Prozent auf 886.000 stieg.

Der Rinderbestand war in den Jahren 2017, 2018 und 2019 noch geschrumpft. Grund war der Phosphatreduktionsplan, der für die niederländische Milchviehhaltung 2017 in Kraft trat. Die Unternehmen mussten ihre Milchkuhbestände reduzieren, um das Herdenwachstum zu stoppen. In diesem Jahr ist der Viehbestand erstmals wieder leicht gewachsen.

Auch die Zahl der Milchziegen hat in den Niederlanden weiter zugenommen. Die Milchziegenpopulation wuchs um 4,3 Prozent auf 476.000 Tiere. Die Zahl der Schafe (ohne Lämmer) ging hingegen um 5,8 Prozent auf fast 550.000 zurück.

Saskia Duives, Vorsitzende der LTO-Abteilung für Schafzucht, hat eine Erklärung für den starken Rückgang bei Schafen: „Wir bemerken allmählich die Anwesenheit des Wolfes. Schafzüchter verbringen viel Zeit und Geld damit, ihre Herden zu schützen, indem sie die Weiden umzäunen. Nicht jeder mag das, besonders wenn ein Wolf bereits einen Teil der Herde besucht und angegriffen hat, geben die Schafhalter auf".

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