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Landwirtschaftszählung 2020

Hofnachfolge: Will eigentlich niemand mehr Bauer werden?

Landwirtschaft.
am Dienstag, 28.09.2021 - 14:45 (Jetzt kommentieren)

Wie viele Bauern haben einen Hofnachfolger? In welchem Produktionszweig und in welchem Bundesland ist die Situation am schwierigsten?

Traktor.

Landwirte müssen viele Herausforderungen meistern: Kenntnisse im Pflanzenbau sind wichtig, man muss sich mit Tieren auskennen, man muss Betriebswirt sein und Steuerexperte. Wichtig für den betrieblichen Erfolg ist auch, seine Erzeugnisse möglich gut zu vermarkten am besten auch noch alles 6 Monate im Voraus zu planen.

Wieviele junge Menschen sind dazu heute noch bereit? Denn der Arbeitstag endet oft nicht nach 8 Stunden, und auch am Wochenende müssen die Tiere versorgt und die Ernte vom Feld geholt werden. Hinzu kommt: Die agrarpolitischen und gesellschaftlichen Anforderungen werden für Landwirte nicht einfacher. Viele Bauern sind mit den Verhältnissen unzufrieden und fühlen sich und ihre Arbeit – nämlich die Produktion von Nahrungsmitteln – von der Gesellschaft nicht ausreichend gewürdigt. Ein Indikator dafür sind die massiven Bauernproteste der letzten Jahre.

Nun hat das statistische Bundesamt in der aktuellen Landwirtschafts-Zählung gefragt: Wieviel Betriebe haben einen Hofnachfolger gefunden? Und außerdem: Im welchem Produktionszweig ist es am schwierigsten, einen Nachfolger zu finden und gibt es Unterschiede zwischen den Bundesländern?

Dabei ergeben sich einige überraschenden Erkenntnisse, die man so vielleicht nicht erwarten konnte – und die auch etwas Mut machen.

Mehr Hofnachfolger gefunden – aber nur wenige Frauen

hofnachfolge

Erste Überraschung: Immerhin knapp 37 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe haben ihre Hofnachfolge geregelt. Das hört sich zwar nicht viel an, doch vor 10 Jahren war die Situation noch schlechter. Damals hatte nur knapp 31 Prozent der Betriebe schon einen Nachfolger gefunden. Das heißt: Immerhin 6 Prozentpunkte mehr glauben trotz der schwierigen Bedingungen daran, dass sie mit der Landwirtschaft eine Zukunft haben.

Berücksichtigen muss man bei dieser Einordung jedoch auch: Die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe bzw. Einzelunternehmen hat in den letzten 10 Jahren ziemlich dramatisch abgenommen– nämlich um 40 Prozent!

Destatis hat zudem die Situation nach Haupterwerb und Nebenerwerb unterschieden: Danach hatten von den Haupterwerbsbetrieben 41 Prozent die Hofnachfolge geregelt – von den Nebenerwerblern waren es nur 33 Prozent – also deutlich weniger. Dabei lag der Anteil der Haupterwerbsbetriebe an den insgesamt untersuchten Einzelunternehmen bei 45 Prozent – vor 10 Jahren waren es noch 52 Prozent.

Auch das ist ein deutlicher Trend, den die Landwirtschafts-Zählung ans Licht gebracht hat: Der Anteil der Nebenerwerbshöfe nimmt nicht etwa ab sondern zu – und immer mehr Haupterwerbsbetriebe erwirtschaften einen immer größeren Teil ihres Einkommens mit nicht landwirtschaftlichen Tätigkeiten. Das sind etwa Bauernwald und Forst, Erneuerbare Energie, der Hofladen, Arbeiten für andere Betriebe und noch viele andere Dinge.

Interessant ist auch ein anderer Aspekt: Der Anteil der weiblichen Hofnachfolgerinnen hat zwar gegenüber der letzten Zählung von 2010 zugenommen – nämlich von 14 auf 18 Prozent. Die meisten Betriebe werden jedoch weiter von Männern geleitet – nämlich gut 82 Prozent. Eine Besonderheit gibt es aber auch hier: Der Anteil weiblicher Betriebsleiter ist in den ostdeutschen Bundesländern zum Teil deutlich höher als im Westen – er bewegt sich zwischen knapp 20 Prozent in Sachsen und reichlich 26 Prozent in Brandenburg.

In Bayern wollen junge Leute Bauer werden

Hofnachfolge.

Große Unterschiede was die gesicherte Nachfolge betrifft, gibt es auch zwischen den Bundesländern. Grob gesagt trifft dabei folgende Aussage zu: In den Bundesländern in denen sich auch die Zentren der landwirtschaftlichen Produktion befinden, ist die Hofnachfolge schon in größerem Umfang abgesichert als in den übrigen Ländern.

Im Detail sieht das dann folgendermaßen aus: Die meisten Höfe für die es bereits einen Nachfolger gibt, befinden sich in Bayern: nämlich fast 44 Prozent – das ist der absolute Spitzenwert. Vor 10 Jahren war nur auf 37 Prozent der bayerischen Höfe die Nachfolge geregelt – das sind 7 Prozent weniger.

Allerdings darf man dabei auf keinen Fall vergessen, dass es in Bayern (und auch in den anderen Bundesländern) vor 10 Jahren noch deutlich mehr Höfe gab – nämlich laut Destatis etwa 75 Prozent oder rund 26.000 Betriebe mehr als 2020. Damit relativiert sich natürlich auch der höhere Anteil der gesicherten Hofnachfolger deutlich.

An Position zwei der Bundesländer liegt Nordrhein-Westfalen: Hier haben gut 40 Prozent der Höfe einen Nachfolger gefunden. Etwas weniger sind es dann in Niedersachsen – nämlich nur 37 Prozent, gefolgt von Schleswig-Holstein mit reichlich 35 Prozent.

In den ostdeutschen Bundesländern ist die Betriebsstruktur ohnehin deutlich anders als im Westen (dort gibt es besonders viele juristische Personen, bei die Betriebsleiter nach anderen Kriterien ausgewählt werden). Bein den ostdeutschen Einzelunternehmen ist die Hofnachfolge je Bundesland zwischen 28 Prozent in Brandenburg und 34 Prozent in Sachsen-Anhalt geregt. 

Veredlungsbetriebe finden am besten Nachfolger

Hofnachfolge.

Und es gibt noch einen Kriterium zwischen den Betrieben, bei dem sich die gesicherte Nachfolge deutlich unterscheidet: Das ist die betriebswirtschaftliche Ausrichtung oder anders gesagt der Produktionsschwerpunkt. Dieser Aspekt dürfte zudem auch am stärksten zwei Aspekt sichtbar machen: Zum einen den unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Druck – etwa auf Tierhaltung oder Ackerbau. Zum anderen aber auch die ökonomische Vorteilhaftigkeit oder einfacher gesagt: die Einkommensmöglichkeiten der einzelnen Betriebszweige und Produktions-Richtungen.

Klarer „Sieger“ dieser Kategorie ist  vielleicht etwas überraschend: Die Veredelung. Hier haben 53 Prozent aller Betriebe bereits einen Hofnachfolger gefunden. Vor 10 Jahren waren es nur 42 Prozent also deutlich weniger. Doch auch hier muss man die deutlich geschrumpfte Anzahl der Betriebe berücksichtigen – in der Veredlung meldet Desatis für die letzten 10 Jahre einen Rückgang der Veredlungsbetriebe-Betriebe um 60 Prozent!! Und diese Entwicklung könnte sich mit aktuellen schweren Krise am Schweinemarkt noch verschärfen.

Auf Position zwei im Ranking der gesicherten Hofnachfolge liegen die Verbundbetriebe Tierhaltung und Pflanzenbau – nämlich mit knapp 49 Prozent geregelter Nachfolge. Am schlechtesten ist die Hofnachfolge bei den Gartenbaubetrieben und bei Dauerkulturen gesichert. Hier haben nur zwischen 23 und 24 Prozent der Höfe einen Nachfolger gefunden.  

Etwas überraschend ist auch: Im Futterbau (also in der Milchproduktion), haben trotz der über lange Zeit sehr angespannten ökonomischen Situation rund 38 Prozent der Betriebe bereits einen Nachfolger gefunden. Vor 10 Jahren waren es nur 32 Prozent.

Dabei sind aber auch hier zwei Dinge zu berücksichtigen: Einerseits haben auch im Futterbau in den den letzten Jahren etwa 45 Prozent bzw. mehr als 40.000 Betriebe aufgehört. Zum anderen sind die Futterbaubetriebe/Milchbauern die mit Abstand größte Gruppe unter den Betriebsformen und stellen einen Anteil von gut 40 Prozent an allen erfassten Einzelunternehmen.

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