
Doch die nötigen Summen für den Neu- und Umbau von Ställen oder den Zukauf von Maschinen werden immer größer. Die Folge: Auch die Verschuldung der Höfe hat in den letzten Jahren geradezu explosionsartig zugenommen. Zwar haben die Landwirte etwas mehr Eigenkapital als vor 10 Jahren zu Verfügung – das Problem ist aber: Die Investitionsvorhaben sind oft viel größer als vor 10 Jahren.
Hinzu kommt, dass die Halbwertzeit der Investitionen – das heißt, die Möglichkeit, das eingesetzte Kapital auch abzuschreiben, erheblich kürzer sind. Und das ist eine Folge der Politik, in der sich die Rahmenbedingungen und Anforderungen an die Landwirtschaft in immer schnellerem Tempo ändern. Das bestätigte auch die Chefin des Thünen-Instituts für Betriebswirtschaft, Prof. Hiltrud Nieberg: Sie sagte vor einiger Zeit auf einer Veranstaltung in Berlin: „Ein junger Landwirt, der heute einen neuen Schweinestall bauen will, hat ein Risiko von 50 Prozent, eine Fehlinvestition zu tätigen“.
Für Nieberg ist die fehlende Planungssicherheit die entscheidende Ursache für den derzeitigen Unmut der Landwirte. Die Wissenschaftlerin spricht sich deshalb dafür aus, „in der derzeitigen Diskussion über die Zukunft der Landwirtschaft ökonomische Fragen angemessen zu berücksichtigen.“
Doch danach sieht es nicht unbedingt aus. Vielmehr rücken künftig ganz andere Fragen in den Mittelpunkt der agrarpolitischen Debatte. Dafür muss man nur einmal die Stoßrichtung des Green Deal und dessen Folgen für die Landwirtschaft betrachten.
Landwirte investieren 40 Prozent mehr – in 10 Jahren

Doch so schnell werfen Landwirte die Flinte nicht ins Korn. Das bestätigen die Daten des Testbetriebsnetzes des BMEL: Zu sehen ist dort, dass die Bruttoinvestitionen der Bauern in den letzten 10 Jahren um fast 40 Prozent zugenommen haben.
Am stärksten gewachsen – nämlich um mehr als 50 Prozent – sind die Investitionen in Boden. Anders gesagt: Der Zukauf von Boden zur Betriebssicherung und zum betrieblichen Wachstum bindet immer mehr Kapital. – Das gilt im übrigen auch für die immer schneller steigenden Pachtpreise – Das Problem: Diese Geld kann nicht für neue Maschinen, Technologien, Anlagen und Stallbauten verwendet werden – und verbessert nicht die Produktivität.
Ein Blick auf das Anlagevermögen der Haupterwerbsbetriebe bestätigt diese Entwicklung: In der betrieblichen Bilanz der deutschen Bauern macht der Boden den mit Abstand größten Vermögensposten aus – nämlich etwa zwei Drittel des Anlagevermögens. Aber zurück zu den Investitionen: Kräftig zugenommen haben in den letzten 10 Jahren auch die Investitionen in technische Anlagen und Maschinen: Die Daten des BMEL sagen um 52 Prozent!
Weniger Geld haben die Landwirte dagegen in Wirtschaftsgebäude und andere bauliche Anlagen gesteckt. Auch in den Kauf von Tieren wurde weniger Geld investiert – was sich aber mit der insgesamt rückläufigen Anzahl der Tiere erklären lässt.
Und es gibt noch ein interessanten Fakt: Am höchsten waren die Investitionen – bezogen auf die Betriebsfläche – in der Schweinehaltung, dicht gefolgt von den Milchbauern. Am wenigsten Geld steckten die Ackerbauern in ihre Betriebe – nämlich nur halb so viel wie die Schweinhalter.
Landwirtschaft: Schulden explodieren – vor allem in der Tierhaltung

Was auch manchen Landwirt überraschen wird: Die Bauern haben im Verlauf der letzten 10 Jahre auch etwas mehr Eigenkapital gebildet. Bezogen auf die Betriebsfläche beträgt der Zuwachs etwa 10 Prozent. Doch ein anderer wichtiger Indikator ist geradezu explodiert: Nämlich die Verschuldung der Betriebe – in der Sprache der Betriebswirte: Die betrieblichen Verbindlichkeiten. Gemeint sind hier die Schulden und Kredite sowohl bei Privat-Personen – als auch bei Banken. Wobei auf letztere etwa 85 Prozent der Gesamtschuld entfallen.
Zum besseren Verständnis die Zahlen:
- Zugenommen haben die Verbindlichkeiten in den letzten 10 Jahren um fast 50 Prozent – auf rund 2800 Euro je Hektar.
- 10 Jahre zuvor waren es noch 1000 Euro weniger.
- Überraschend dabei ist: In der Dekade davor – also von 2001 bis 2010 – hat sich der Grad der betrieblichen Verschuldung im Prinzip überhaupt nicht verändert.
Das heißt im Umkehrschluss: Die ökonomischen, finanziellen und politischen Bedingungen müssen sich erst danach grundlegend gewandelt haben und massive wirtschaftliche Anpassungen in den Betrieben ausgelöst haben. Die abschließende Frage lautet: War das in allen Betriebsformen so? Die Antwort lautet nein!
Die BMEL-Daten zeigen nämlich:
- Bei den Milchbauern ist die Verschuldung – bezogen auf die Betriebsfläche – in nur 10 Jahren um etwa 80 Prozent geradezu explodiert.
- Bei den Ackerbauern haben die Verbindlichkeiten um 25 Prozent zugenommen und bei Schweinhaltern um 15 Prozent.
Doch das ist nur die halbe Wahrheit: Trotz der geringsten Zunahme ist die Höhe der absoluten Verbindlichkeiten bei den Schweinbauern mit knapp 4.400 Euro je Hektar erheblich höher als bei den Milchbauern mit 3.500 Euro und erst recht als bei den Ackerbauern mit 1700 Euro je Hektar. Klar ist also: Bei den Milchbauern hat die Schuldenlast in den letzten 10 Jahren am schnellsten zugenommen – bei den Schweinhaltern ist dennoch am höchsten.
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