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Getreidemarkt und Getreidepreise

Kollabiert der Getreidemarkt - wenn der Getreidedeal platzt?

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am Freitag, 07.07.2023 - 11:57 (1 Kommentar)

Wenn Russland den Getreidedeal nicht verlängert, wären wohl vor allem die Europäer betroffen. Schon jetzt fließt sehr viel ukrainisches Getreide auf den europäischen Markt. Mit massiven Folgen für Preise in den osteuropäischen Ländern. Die Ukraine sagt, man hat einen Plan B.

Getreidehafen.

Das Schwarzmeer-Getreideabkommen könnte platzen. Russland, die Ukraine, die Türkei und die Vereinten Nationen konnten bisher keine Einigung über die Fortsetzung der ukrainischen Getreideexporte aus Schwarzmeerhäfen erzielen, die am 18. Juli auslaufen.

Moskau hat wiederholt erklärt, dass es kaum eine Chance sieht, einer Verlängerung der Schwarzmeer-Getreideinitiative über den 18. Juli hinaus zuzustimmen, weil die Sanktionen des Westens seine eigenen Bemühungen, sowohl Getreide als auch Düngemittel zu exportieren, massiv behindern. „Russland kann keine optimistische Einschätzung der Aussichten auf eine Verlängerung des Getreideabkommens abgeben“, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, am Donnerstag.

Am 30. Juni erklärte auch Außenminister Sergej Lawrow, er sehe keine Rechtfertigung für eine Verlängerung der Vereinbarungen. Der stellvertretende russische Außenminister Sergej Werschinin kritisierte zudem „den rein kommerziellen Charakter des Getreideabkommens der Schwarzmeer-Initiative, das weit von dem erklärten humanitären Ziel, bedürftigen Ländern zu helfen, entfernt sei“.

Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden bis Anfang Juli im Rahmen des Abkommens rund 32,8 Millionen Tonnen exportiert. Etwas mehr als die Hälfte der Exporte entfiel auf Mais, und mehr als ein Viertel war Weizen. Dabei floss ein Großteil davon nach Europa und sorgte für übervolle Getreidelager und fallenden Getreidepreise in den angrenzenden osteuropäischen Ländern.

Osteuropas Märkte komplett überfordert

Getreide verladen.

Wenn Russland einer Verlängerung des Abkommens nicht zustimmt, ist unklar, ob die Ukraine weiterhin so große Mengen Getreide exportieren kann. Ein großes Problem dürften die hohen Kosten für die Versicherung der Schiffe sein. Schiffe, die das Schwarze Meer überqueren wollen, müssen bereits für Tausende von Dollar versichert werden. Reedereien könnten zögern, ihre Schiffe durch das Kriegsgebiet zu schicken, wenn keine russische Genehmigung vorliegen.

Auch der Transport von Getreide mit der Bahn und durch LKWs oder über die Donauhäfen könnte sehr schwierig werden. Seit Beginn des Krieges hat die Ukraine große Mengen Getreide über die östlichen EU-Länder exportiert – es gibt jedoch zu wenige Güterwaggons, um das gesamte Getreide der Ukraine über Land zu exportieren. Gleichzeitig ist die Transportlogistik bereits jetzt komplett überlastet.

Deshalb protestieren Landwirte in den osteuropäischen EU-Ländern wie Polen, Rumänien und Ungarn gegen hohe ukrainische Lieferungen auf ihre lokalen Märkte. Dieses Getreide sollte eigentlich nur durch ihre Länder fließen und dann in andere Länder verschifft werden, zum Beispiel über den mittlerweile völlig überlasteten rumänischen Schwarzmeer-Hafen Constanta oder auch über die Donau.

Doch diese Mengen sind so groß und das importierte Getreide ist so günstig, dass es die lokalen Märkte massiv stört und den Absatz der heimischen Bauern blockiert. Dieses Problem könnte sich bei einem Ende des Schwarzmeerabkommens noch verschärfen.

Als Reaktion darauf verhängte die Europäische Union Einfuhrbeschränkungen, die vorsehen, dass ukrainisches Getreide zwar durch Bulgarien, Ungarn, Polen, Rumänien und die Slowakei transportiert, in diesen Ländern jedoch nicht verkauft werden darf.

Der Plan B der Ukraine

Die Ukraine würde im Rahmen eines „Plans B“ ohne russische Unterstützung weiterhin Getreide über das Schwarze Meer zu exportieren, sagte der ukrainische Landwirtschaftsminister.

Landwirtschaftsminister Mykola Solsky sagte gegenüber Reuters, dass Russland trotz des Abkommens bereits die Nutzung des größten ukrainischen Schwarzmeerhafens Pivdennyi blockiert habe und nur einem Schiff pro Tag die Lieferung ukrainischer Lebensmittel in bestimmte Länder erlaube.

Er schlug vor, dass seine Regierung Versicherungsgarantien für Unternehmen anbieten könnte, damit diese weiterhin versenden können, ohne dass Russland sich an einem neuen Abkommen beteiligt. „Plan B schließt die vierte Partei (Russland) in dieser Beziehung aus“, sagte er.

Solsky sagte auch, dass die Ukraine bereits einen speziellen Versicherungsfonds in Höhe von rund 547 Millionen US-Dollar für Unternehmen eingerichtet habe, deren Schiffe im Rahmen einer neuen Vereinbarung ukrainische Schwarzmeerhäfen anlaufen würden.

„Wenn wir völlig blockiert sind, was in der Tat (schon) fast der Fall ist, dann können die Schiffe mit garantierter Versicherung unserer Regierung über diesen Korridor fahren“, sagte Solsky.

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