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Produktionskosten und Betriebsmittel

Kostenlawine überrollt die Bauern – Das sind die Gründe

agrarkosten.
am Donnerstag, 03.06.2021 - 12:13 (Jetzt kommentieren)

Landwirte sind Kummer gewöhnt. Doch diesmal ist es wirklich hart. Der Grund: Die Kosten für die Agrarproduktion explodieren – egal ob für Ackerbauern oder Tierhalter.

Betriebsmittelpreise.

Bereits im Januar waren die Preise für landwirtschaftliche Betriebsmittel auf ein neues Allzeithoch gestiegen. Doch die Kostenspirale dreht sich immer weiter nach oben.

Dabei geht es längst nicht mehr nur um den extrem starken Preisanstieg bei Futtermitteln, Dünger, Energie oder Diesel. Mittlerweile hat die Kostenexplosion auch alle anderen Vorprodukte, Betriebsmittel und Vorleistungen erreicht. Auch Investitionsgüter wie Landmaschinen und Produktionstechnik verteuern sich kräftig und die Baukosten gehen gerade durch die Decke.

„Preissteigerungen in einzelnen Sektoren hat es zwar auch in der Vergangenheit gegeben, aber noch nie in dieser Breite“, sagt auch Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks.

Alle Vorprodukte und Rohstoffe deutlich teurer

Energiepreise.

Das Phänomen ist aber nicht auf Deutschland oder Europa beschränkt. Im Gegenteil: An den globalen Börsen kann man gerade zusehen wie die Rohstoffpreise immer neue Höchstmarken durchbrechen.

In Deutschland meldete das Statistische Bundesamt im März einen Preisanstieg für gewerbliche Produkte von knapp 4 Prozent. Erzeugnisse aus dem Vorleistungsbereich verteuerten sich um fast 6 Prozent. Einen ähnlich starken Preissprung hat es zuletzt vor 10 Jahren gegeben, berichten die Statistiker.

Dabei handelt es sich um die Preise, die die Hersteller ab Werk verlangen – also bevor diese Produkte weiterverarbeitet werden oder in den Handel kommen. Damit sind sie ein wichtiger Frühindikator für die weitere Entwicklung der Einkaufpreise für Betriebsmittel in der Landwirtschaft – und natürlich auch für die Preisdynamik in der gesamten Wirtschaft.

Die aktuelle Entwicklung sei „außergewöhnlich“, weil nahezu alle Rohstoffpreise, angefangen von Öl bis hin zu Holz sowie Vorprodukten, erheblich im Preis angestiegen seien, sagt auch Claus Michelsen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin.

Stärkste Teuerung seit fast 20 Jahren

Futterkosten.

Ökonomen der DZ Bank gehen davon aus, dass die Teuerung im Jahresverlauf deutlich zunehmen wird. Nach Einschätzung der Bundesbank könnte die Inflationsrate in Deutschland zum Jahresende möglicherweise 4 Prozent erreichen. Das wäre heftig und der höchste Wert seit fast 20 Jahren (1993).

Schaut man auf die jüngste Kostenentwicklung für landwirtschaftliche Betriebsmittel, dann ist für weitere Preisanstiege eigentlich keinerlei Spielraum. Doch danach wird es nicht gehen. Die Gründe für den starken Preisanstieg sind nämlich weiter wirksam: Unterbrochene und nicht funktionierende Lieferketten, ein riesiger Rückstau beim Schiffstransport sowie knappe und sehr teure Container.

Dazu kommen: Weitere Verzögerungen bei der Verladung und beim Transport von Rohstoffen und Produkten als Folge der Corona-Restriktionen und Exportbeschränkungen.

Hinzu kommt: Der starke Anstieg der Energie- und Treibstoffpreise und speziell in Deutschland die weiter steigenden Stromkosten. Einen zusätzlichen Schub erhält die Teuerung hierzulande durch die seit diesem Jahr geltende CO2-Steuer. Diese macht nicht nur Diesel und Heizöl teurer sondern sie verteuert indirekt auch alles wofür man Energie benötigt.  

Lieferketten weiter unterbrochen – keine Entwarnung

Preise für bauten.

Befeuert wird die Kostenexplosion noch von einer anderen Seite: In vielen Ländern fährt die Wirtschaft nach dem dramatischen Corona-Einbruch die Produktion jetzt wieder hoch. Doch dafür braucht man dringend Rohstoffe und Vorprodukte.

Das Resultat: Eine explodierende Nachfrage trifft auf eine extrem knappes Angebot – und auf diese Konstellation verweisen die explodierenden Preise. Vor einigen Wochen hatte die Europäischen Zentralbank (EZB) über die sich abzeichenden Engpässe und Lieferprobleme in der Wirtschaft berichtet. Die Banker hatten zahlreiche Industrieunternehmen nach der Versorgung mit Rohstoffen und Vorprodukten befragt.

Trotz voller Auftragsbücher wurden die Aktivitäten vieler Firmen durch die Lieferprobleme ausgebremst, sagen die EZB-Banker. Und das Problem wird nicht so schnell verschwinden: Weltweit gibt es erhebliche Engpässe bei der Versorgung mit Halbleitern, Industriemetallen, Chemikalien, Plastik – und offenbar auch bei Düngemitteln und Pflanzenschutz. In Deutschland ist außerdem auch Schnitt- und Bauholz extrem knapp und sehr teuer.

Entwarnung gibt es jedoch nicht: Die Probleme nehmen weiter zu, bevor sich die Situation in der zweiten Jahreshälfte dann allmählich entspannen könnte, glaube die EZB-Banker und andere Analysten. Für Landwirte heißt das aber: Es wird auf der ganzen Linie ein extrem teures Jahr.

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