Das zeigen Berichte über den professionell organsierten Raub in dünn besiedelten ländlichen Regionen. Ganz besonders betroffen sind offenbar einige ostdeutsche Bundesländer wie Brandenburg mit direkter Grenznähe - aber auch Thüringen und Sachsen-Anhalt haben zu leiden - wie das dortige Landeskriminalamt (LKA) meldete.
Auch die übrigen Bundesländer bleiben jedoch nicht verschont. Das zeigen Berichte von Polizei und regionaler Presse aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Die Diebe machen den Landwirten auch dort das Leben schwer. Sie holen das Vieh aus den Ställen, bauen teure GPS-Technik aus den Landmaschinen aus oder stehlen gleich den ganzen Traktor: Gefasst werden sie aber selten.
Offenbar handelt es sich meist um organisierte Banden. Die Aufklärungsrate ist jedenfalls dramatisch schlecht. Sie lag in Brandenburg zuletzt nur bei knapp 12 Prozent und in Schleswig-Holstein - nicht viel besser - bei 15 Prozent. Bundesweit und systemisch werden solche Straftaten jedoch nicht erfasst – weshalb eine umfassende Auswertung schwierig ist.
Sehr hohe materielle Schäden
Die Schäden die den Landwirten bei den Raubzügen entstehen, sind häufig existenzbedrohend. Begehrte Diebesbeute sind Traktoren, Landmaschinen, GPS-Technik und auch Zuchtvieh. Gestohlen wird offenbar auf Bestellung. Meist wird das Diebesgut nach Weißrussland, Russland oder in die Ukraine verschoben. Das Landeskriminalamt (LKA) Thüringen machte in einer Untersuchung aus dem Jahr 2017 hauptsächlich organsierte Tätergruppen aus Litauen, Polen und Rumänien verantwortlich.
Hendrik Wendorff, der Bauernpräsident Brandenburgs, hatte vor zwei Jahren gefordert, diese schwere Form der wirtschaftlichen Kriminalität stärker zu bekämpfen. Er wies darauf hin, dass sich der Schaden für die betroffenen Betriebe nicht allein auf den wirtschaftlichen Wert belaufe. Hinzu kämen Produktionsausfälle, ein höherer Wiederbeschaffungswert, mögliche Vertragsstrafen oder auch steigende Versicherungsprämien oder Selbstbehalte. Dieser Schaden könne kaum genau beziffert werden. „Er ist aber für die betroffenen Betriebe ganz erheblich“, betonte Wendorff.
Professionelles Vorgehen, kaum Aufklärung
Ein mehrfach vom Maschinenklau betroffener Brandenburger Landwirt, dessen Betrieb nordöstlich von Berlin liegt, erklärte, dass die Diebe in der abgelegenen Gegend sehr professionell vorgingen. Sie kamen nachts, zerschnitten den Zaun, brachen die Türen zu den abgestellten Traktoren auf und setzten sie in Gang. Mit den Maschinen verschwanden sie dann über die Oderbrücke nach Polen.
„Ehe die Polizei eintrifft, sind die Diebe schon über alle Berge. Die Versicherung ersetzt nur den Zeitwert. Dafür bekommt man aber aber keine neuen Traktoren", beklagte der Bestohlene. Zum hohen finanziellen Verlust kommen auch noch 5000 Euro Selbstbeteiligung, die inzwischen jede Versicherung für Land- und Baumaschinen in den grenznahen Regionen verlangt.
Das Landeskriminalamt (LKA) Thüringen hatte für das Bundesland für das Jahr 2017 den Diebstahl von Navigationsgeräten aus fünfzig Traktoren und Mähmaschinen gemeldet. Der Schaden betrug rund 520.000 Euro. Das war doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Außerdem wurden komplette Traktoren mit hochwertiger GPS-Technik gestohlen, der Schaden lag bei rund einer Million Euro. Ähnliche Vorfälle melden LKA und Polizei aus Sachsen- Anhalt, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und anderen Bundesländern.
Viehdiebe räumen Betriebe leer
Ein offenbar immer schlimmer werdender Straftatbestand sind Viehdiebstähle. Allein in Brandenburg wurden in den letzten Jahren mehrere hundert Rinder gestohlen. Anfang 2017 hat die Polizei deshalb eine Sonderkommission „zur zentralen Bearbeitung des bandenmäßig organisierten und grenzüberschreitenden Viehdiebstahls eingerichtet“.
Die Täter kommen in der Regel nachts und suchen sich zumeist Ställe und Weiden mit guter Verkehrsanbindung aus. "Wenn wir am Morgen verständigt werden, sind die Diebe schon über alle Berge", sagt Ines Filohn von der Polizeidirektion Süd in Brandenburg. Die Beute ist teilweise geeignet, ganze Zuchtbetriebe aufzubauen, heißt es. Neben Kälbern und Muttertieren würden auch Zuchtbullen mitgenommen.
Gefälschte Ohrmarken schon dabei
In Deutschland könne man mit einer gestohlenen Herde aber kaum etwas anfangen: Denn die Tiere werden von der Geburt bis zur Schlachtung genauestens nachverfolgt. Oft werden deshalb die Ohrmarken, an denen sich jeder Bulle und jede Kuh in der EU eindeutig identifizieren lässt, noch vor Ort abgeknipst. „Vermutlich haben die Täter gefälschte Marken und Kuhpässe schon dabei, ist von der Polizeit zu hören.
Die gestohlenen Tiere tauchen in aller Regel nie mehr auf. Wenn ganze Herden verschwinden, betrage der Schaden schnell mal Zehntausende Euro, sagt Reinhard Jung, Geschäftsführer des Bauernbunds Brandenburg: "Dann geht es für den einzelnen Landwirt um die Existenz." Das abgebrühte Vorgehen der Täter und der Umstand, dass sie Objekte offenbar über Tage oder Wochen ausspähen – das alles ängstigt natürlich die Landwirte und ihre Familien, ist vom Landesbauernverband Brandenburg zu hören.
In Barndenburg verständigten sich Innenministerium und Landesbauernverband auf ein Maßnahmenpaket, das vor allem auf die enge Vernetzung aller Akteure im ländlichen Raum abzielt. Das wäre sicher auch ein Weg für andere Bundesländer - und natürlich ein besserer Schutz der Betriebe und eine deutlich höhere Aufklärung.
Hier ist Ihre Meinung gefragt
Werden Sie Teil unserer Community und diskutieren Sie mit! Dazu benötigen Sie ein myDLV-Nutzerkonto.