Laut dem Umweltbundesamt fielen allein in Deutschland im Jahr 2018 18,9 Millionen Tonnen Verpackungsabfall an. Kaffeebecher, verpackte Salate oder warme Speisen zum Mitnehmen haben daran einen nicht unerheblichen Anteil.
Daher ist es seit Anfang 2023 gesetzlich vorgeschrieben, Speisen und Getränke zum Mitnehmen auch in merhwegfähigen Verpackungen anzubieten. Letztlich kann der Kunde entscheiden, ob er sich für die Einwegverpackung entscheidet, die nach dem Verzehr weggeworfen wird, oder für ein Behältnis, das mehrwegfähig ist, also durch Spülen oder sonstiges Aufbereiten mehrmals verwendet werden kann.
Mehrwegverpackung: rechnet sich schon ab der 10. Nutzung
Für die Gastronomie gibt es Pfandsysteme für Takeaway-Angebote wie Speisen oder Getränke. Diese Behälter bestehen meist aus Kunststoffen wie recyclebarem Polypropylen (PP) oder Polybutylenterephthalat (PBT) oder aber aus Edelstahl. Die meisten dieser Systeme sind für min. 300, teilweise sogar für min. 3.000 Umläufe ausgelegt. Rechnen tun sie sich oft bereits ab 10 bis 15 Nutzungen.
Das Mehrweggeschirr aus Kunststoff ist mikrowellengeeignet und spülmaschinenfest und kann je nach Anbieter mit Aufdrucken wie zum Beispiel dem Hoflogo bedruckt werden.
Mehrweggeschirr: Diese Systeme gibt es
Das Mehrweggeschirr kann gegen Pfand oder aber mit Hilfe eines digitalen Systems inkl. Registrierung und Nutzung von QR-Codes ausgegeben werden. Nach dem Gebrauch können die Kunden die Becher und Schalen bei allen am jeweiligen Mehrweg-Pfandsystem teilnehmenden Betrieben zurückgeben.
Für den Gastronomen fallen entweder bestimmte monatliche Mitgliedsbeiträge an (ab rund 20 Euro pro Monat), oder aber ein Nutzungsentgeld pro Befüllung des Mehrweggeschirrs, das je nach Anbieter zwischen 10 und 20 Cent betragen kann. Zum Teil verkaufen Anbieter das Geschirr an Betriebe, meist kann es von den Gastronomen lediglich ausgeliehen werden. Die Pfandgebühr für das Geschirr ist für den Hofgastronomen dann ein durchlaufender Posten.
Neben solchen Poolsystemen gibt es Gastronomiebetriebe, die eigene Gefäße anbieten oder gemeinsam mit anderen lokalen Betrieben als Verbund einheitliche Gefäße anschaffen. Darüber hinaus können Hofgastronomen selbstverständlich immer Behältnisse befüllen, die ihre Kunden selbst mitgebracht haben.
Essbares Besteck und Geschirr: aufessen satt recyclen
Für To-go-Behälter und -Besteck gibt es auch essbare Alternativen, beispielsweise aus Weizen- oder Roggenmehl, Wasser und Rapsöl oder aus Apfelfasern, die als Nebenprodukt bei der Apfelsaftherstellung entstehen. Die Kunden können Behälter und Besteck verspeisen. Wer das nicht mag, kann die Reste einfach im Kompost oder Biomüll entsorgen.
Interview: Was kommt mit der Mehrwegpflicht auf Hofladeninhaber zu?
Gerade für die Betreiber von kleinen Hofläden, Bauernhofcafés oder Bistros auf dem landwirtschaftlichen Betrieb bedeutet das eine gehörige Umstellung sowohl in der Organisation wie auch in der Preisgestaltung. Aber die vieldiskutierte Mehrwegpflicht kann auch eine Chance für die Betreiber bedeuten, erklärt Dr. Sophia Goßner von der Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) im Interview.
Welcher Mehraufwand kommt auf einen Hofladenbetreiber mit Bistro zu?
Das ist pauschal nicht zu beantworten, da es u. a. auch davon abhängt, für welches System der Betrieb sich entscheidet. Er kann sich beispielsweise einem bestehenden System anschließen, aber auch ein individuelles Mehrweg-Pfandsystem aufbauen.
Mit welcher Kostensteigerung muss gerechnet werden (in %)?
Auch diese Frage ist abhängig davon, für welches System bzw. welchen Anbieter Betriebe sich entscheiden. Bei den Mehrweg-Pfandsystemen für die To-go-Angebote in der Gastronomie z. B. gibt es Anbieter, bei denen man das Geschirr kaufen muss. Bei wieder anderen wird es nur geliehen. Manche Anbieter verlangen ein Nutzungsentgelt pro Befüllung des Mehrweggeschirrs, andere wiederum nicht. Teilweise werden auch Paketpreise angeboten. Eine Übersicht zu den Konditionen verschiedener Anbieter findet sich z. B. unter https://esseninmehrweg.de/wp-content/uploads/2021/03/Pool-Mehrwegsysteme-fuer-die-Mitnahme-von-Speisen-in-Deutschland.pdf.
Wie kann ich die Mehrkosten umlegen auf die Gäste?
Klar ist, Gastronomie- und Imbissbetriebe haben ab 1. Januar 2023 die Pflicht, neben Einwegbehältern für Speisen und Getränke zum Mitnehmen zusätzlich nicht teurere Mehrwegverpackungen anzubieten. Die Mehrkosten müssen insofern bereits bei der Kalkulation der Speisenpreise bzw. bei der Kalkulation der Produktpreise berücksichtigt und umgelegt werden.
Mehrweg: kann günstiger ausfallen als Einmalverpackungen
Bietet das Mehrwegsystem auch Chancen (nicht nur für die Umwelt)?
Was häufig vergessen wird: Auch die Einmalverpackungen verursachen Kosten! Die durchschnittlichen Kosten für Einwegverpackungen liegen in Deutschland z. B. bei 9 Cent pro Einwegbecher und bei 18 Cent pro Einwegschale.
Darüber hinaus kann das Mehrwegpfandsystem auch eine administrative und finanzielle Erleichterung mit sich bringen, denn Mehrwegverpackungen sind gemäß Verpackungsgesetz nicht systembeteiligungspflichtig! Die Voraussetzungen hierfür sind:
- Die Verpackung ist von vornherein dazu bestimmt, mehrfach zum gleichen Zweck wiederverwendet zu werden und
- für die Rückgabe und Wiederverwendung wird eine ausreichende Logistik vorgehalten sowie
- ein Pfand oder ein vergleichbarer Anreiz fördert die tatsächliche Rückgabe.
Kleine Hofläden sind von der Mehrwegpflicht befreit
Könnte die Pflicht zum Mehrwegsystem das Aus für einzelne Hofladen-/Cafébetreiber bedeuten?
Aus meiner Sicht definitiv nein. Es gilt zum einen zu beachten, dass sehr kleine Betriebe von der Pflicht ausgenommen sind: Nämlich Betriebe mit insgesamt nicht mehr als fünf Beschäftigten, deren Verkaufsfläche 80 Quadratmeter nicht überschreitet. Diese müssen jedoch ihren Kunden zumindest die Möglichkeit anbieten, die Waren in von Kunden mitgebrachten Mehrwegbehältnisse abzufüllen.
Darüber hinaus gibt es bei den Anbietern von Mehrwegpfandsystemen sehr unterschiedliche Preismodelle und Konditionen. Ein Vergleich lohnt sich!
Was kommt in den nächsten Jahren noch auf die Direktvermarktung zu?
Die rechtlichen Neuerungen, die für Direktvermarkter und Hofgastronomen zum Thema Verpackungen in den nächsten Jahren noch zu erwarten sind, habe ich in einer Tabelle im Beitrag „Nachhaltig verpackt – Gesetzliche Anforderungen und Lösungsmöglichkeiten für Hofgastronomie und Direktvermarktung“ zusammengefasst. Die wichtigsten sind:
- Ab 3. Juli 2024: Einweggetränkebehälter aus Kunststoff dürfen nur noch in Verkehr gebracht werden, wenn ihre Kunststoffverschlüsse und -deckel für die gesamte Nutzungsdauer fest mit dem Behälter verbunden sind.
- Ab 1. Januar 2024: Pfandpflicht für mit Milch und Milcherzeugnissen befüllte Einweggetränkeverpackungen
- Ab 1. Januar 2025: Mindestrezyklatquote von 25 % bei PET-Einweggetränkeflaschen
- Ab 1. Januar 2030: Mindestrezyklatquote von 30 % für alle Einwegkunststoffgetränkeflaschen
Hier ist Ihre Meinung gefragt
Werden Sie Teil unserer Community und diskutieren Sie mit! Dazu benötigen Sie ein myDLV-Nutzerkonto.