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Milchmarkt und Corona-Krise

MIV: Preis-Forderungen der Milchbauern sind unrealistisch

milchkühe.
am Mittwoch, 18.11.2020 - 12:31 (2 Kommentare)

Der Milchindustrieverband hält die Forderungen der Milchbauern nach deutlich höheren Milchpreisen für unrealistisch.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Forderungen von landwirtschaftlichen Organisationen, die sich im milchdialog zusammengeschlossen haben, hat auch der Milchindustrie-Verband (MIV) in einer digitalen Pressekonferenz folgendermaßen Stellung bezogen: Nicht nur für die Landwirte, auch für die Molkereien ist die aktuelle wirtschaftliche Lage sehr herausfordernd: Denn beide Seiten kämpfen mit Kostensteigerungen, die am Markt nicht honoriert werden.

Hinzu kommt, dass die Pandemie die Rentabilität der Molkereien deutlich geschmälert hat. Die Organisationsaufwendungen sind durch Corona enorm gestiegen und Pandemiepläne kostenintensiv, erklärt Peter Stahl, der Vorsitzende des Milchindustrie-Verbandes.

MIV: keine Demonstrationen – sondern Zusammenarbeit

Der MIV vertritt die Auffassung, dass Demonstrationen – wie in der vergangenen Woche – nicht dazu beitragen, die Probleme zu lösen. Vielmehr sollten Molkereien und Landwirte gemeinsam darauf hinarbeiten, die Vermarktung und damit einhergehend auch die Kommunikation für die Milch zu stärken, ist die Forderung des MIV.

Vorgeschlagen wird außerdem, dass jeder Akteur seinen Einfluss auf die Agrarpolitiker geltend machen sollte. Denn: Wenn Änderungen gewünscht werden, sollte man seine Mehrheiten finden, findet der MIV.

Weiter heißt es: Die Endverhandlungen zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) 2023 laufen gerade. Dort setzt sich der MIV für einen marktwirtschaftlichen Ansatz ohne staatliche Mengensteuerung ein.

Exporte fördern- keine weiteren Kostensteigerungen!

Herstellung von Käse in einer Fabrik

Nach Auffassung des MIV wäre es außerdem wichtig die Exporte zu fördern und so die Situation zu entspannen und die Märkte zu sichern. Nur so ließe sich langfristig auch ein guter Milchpreis sicherzustellen, heißt es weiter.

Die andauernden Handelskriege mit den USA oder Russland schaden der Milchvermarktung, stellt der MIV weiter fest. Und es gibt noch ein Problem: Der drohende Brexit.

Außerdem ist der MIV überzeugt: Mengenbeschränkende Maßnahmen sind nur zielführend, wenn von Anfang an klargestellt wird, welche Länder ihre Produktion drosseln sollen. Doch die aktuellen Entwicklungen zeigen eine andere Tendenz: Alle großen Milchländer dehnen ihre Produktion derzeit aus.

„Die Politik kann der Milchbranche auch substanziell helfen, indem sie dafür sorgt, dass die Molkereien nicht von Kostensteigerungen erdrückt werden, wie zum Beispiel durch Änderungen im Verpackungsrecht oder Kennzeichnungsrecht“, sagt MIV-Chef Stahl. „Das alles kostet Geld.“

Da kann man nur ergänzen: Den Landwirten geht es mit den explodierenden Kosten ähnlich!

Geforderten Preiserhöhungen unrealistisch

milchpreise.

Abschließend stellt der MIV fest: Die Molkereien kennen die wirtschaftlichen Verhältnisse auf den Höfen sehr gut. Eine Forderung von "mindestens 15 Cent mehr pro Liter Milch" (plus 40 Prozent) hilft nach Auffassung des MIV jedoch nicht. Der Grund: Die Marktpreise der Rohmilch richten sich nach Angebot und Nachfrage.

Hinzu kommt, dass die Märkte untereinander verbunden sind: Etwa 15 Prozent der europäischen Milch werden am Weltmarkt zu Weltmarktpreisen abgesetzt. Und diese schwanken nicht zuletzt auch durch die volatilen Devisenkurse.

Weiter heißt es: 50 Prozent der deutschen Milcherzeugnisse werden im Ausland verkauft. Das Meiste im EU-Binnenmarkt. Darüber hinaus ist Deutschland auch ein großer Importeur von Milcherzeugnissen.

Deshalb kommt der MIV zu dem Schluss: Die geforderte Preiserhöhung sind aus seiner Sicht nicht einfach so zu realisieren. Deshalb ist der Protest für eine nationale Preiserhöhung in den Augen des MIV der falsche Ansatz.

Kurzfristig keine höheren Milchpreise – in den Dialog treten

milchbauer.

Kurzfristig erwartet der MIV keine drastischen Preissteigerungen, die eine Preiserhöhung wie die geforderten 40 Prozent rechtfertigen. Der deutsche Milchpreis liegt meistens im Durchschnitt der europäischen Nachbarn und voraussichtlich wird sich das auch nicht ändern.

Und der MIV hat noch einen weiteren Kritikpunkt: Die protestierenden landwirtschaftlichen Organisationen fordern, dass alle Molkereien gleichzeitig ihre Preise gegenüber den Abnehmern anheben sollen. Um die Forderungen erfüllen zu können, wären aber Preisabsprachen nötig – die nach deutschem und europäischem Kartellrecht streng verboten sind.

Zum Schluss heißt es in der Stellungnahme des MIV: Molkereien und Landwirte müssen sich in einem schwierigen Marktumfeld behaupten. Dies gelingt nur, wenn beide Seiten in einen gemeinsamen Dialog treten. Dazu tragen Forderungsschreiben, die in den Betriebsstätten unser Mitgliedsunternehmen abgegeben werden, leider nicht bei.

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