
Dabei gibt es mittlerweile zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen, die viele weiterhin bestehende Vorurteile gegenüber den Nebenerwerbs-Landwirten widerlegen – und hier insbesondere von der Universität Hohenheim – wo sich Rainer Doluschitz mit seinen Kollegen lange Zeit mit dem Thema befasste.
Die Wissenschaftler haben immer wieder Befragungen unter den Nebenerwerblern durchgeführt, um herauszufinden, was ihre Motivation ist. Wir wollen an dieser Stelle noch einmal einige Argumente zusammentragen, die das "Für und Wider" beim Engagement der Nebenerwerbsbauern nennen.
Fakt ist: Mehr als die Hälfte der Bauern wirtschaften im Nebenerwerb und möglicherweise werden es angesichts des großen ökonomischen Drucks, der auf allen Bauern lasstet, eher mehr als weniger.
Die Beständigkeit dieser Betriebsform zeigt sich auch darin, dass ein beachtlicher Teil der Betriebe bereits in der zweiten oder dritten Generation bestehen oder noch länger.
Gut ausgebildet – und rational handelnd

Aber nun zu den Fakten: Befragungen von Nebenerwerbslandwirten lassen eindeutig erkennen, dass die Betriebsleiter - ebenso wie hauptberuflich wirtschaftenden Bauern – an der zukunftsfähigen Ausrichtung ihrer Betriebe interessiert sind. Sie wollen ihre Betriebe ganz überwiegend erfolgreich, rentabel und langfristig bewirtschaften.
Entgegen der üblichen Annahmen, dass Nebenerwerbsbetriebsleiter nicht das notwendige Fachwissen und Know-how für eine erfolgreiche Produktion von qualitativ hochwertigen Produkten verfügen, zeigt sich, dass die Nebenerwerbslandwirte gut ausgebildet sind und durchaus rational handeln.
Sie haben einen Weg gefunden, den landwirtschaftlichen Betrieb mit ihrem außerlandwirtschaftlichen Job in Einklang zu bringen und in beiden Bereichen erfolgreich zu sein.
Die Wissenschaftlerin Katharina Schmid fordert deshalb auch: „Ihnen muss das Recht eingeräumt werden, die gleiche Behandlung hinsichtlich Förderung und Beratung zu erhalten“. Viele Nebenerwerbsbauern wünschen sich außerdem (wie ihre hauptberuflichen Kollegen) eine Erhöhung der öffentlichen Wertschätzung und die Anerkennung der Leistungen, die sie für die Gesellschaft erbringen.
Die Legende vom Einstieg in den Ausstieg

Viele Nebenerwerbslandwirte wehren sich gegen die noch immer weit verbreitete These, der Nebenerwerb sei nur der „Einstieg in den Ausstieg". Die Untersuchungen der Uni Hohenheim zeigen: Nebenerwerbslandwirtschaft stellt heutzutage eine dauerhafte Betriebsform dar – meist über Generationen hinweg. Auch die Erkenntnis, dass „diese Form der Landbewirtschaftung in Betriebsgrößen hineinwächst, die früher eindeutig als Haupterwerbsbetriebe galten" zeugt von der Entwicklungsfähigkeit dieser Betriebsform.
Der Vorsitzende des Fachausschusses „Nebenerwerbslandwirtschaft und Erwerbskombination" des Deutschen Bauernverbands Werner Räpple sagt dazu: "Nebenerwerbslandwirtschaft steht für bäuerliches Eigentum und leistet einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Kulturlandschaft. Sie ermöglicht und sichert Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft in den Dörfern. Die Nebenerwerbslandwirtschaft ist essentieller Bestandteil der deutschen Landwirtschaft und des ländlichen Raumes“.
In der öffentlichen Diskussion wird der Begriff Nebenerwerb hingegen überwiegend als „negativer Begriff verwendet“, schreibt die Agrarökonomin Katharina Schmid, „der lediglich die Haupterwerbstätigkeit ausschließt".
Unter Ökonomen wird die Nebenerwerbslandwirtschaft hingegen „als eine Erwerbsform definiert, bei der die Landwirte neben der landwirtschaftlichen Arbeit mindestens einem weiteren nicht landwirtschaftlichen Erwerb nachgehen.
Die ganze Familie hilft mit

Nebenerwerbslandwirte bewirtschaften ihren landwirtschaftlichen Betrieb oft mit einer hohen Arbeitsbelastung neben einer außerlandwirtschaftlichen, hauptberuflichen Tätigkeit. Die Herausforderungen, die auf diese Weise entstehen, werden häufig von der ganzen Familie geschultert und auch bewältigt.
Alle Familienmitglieder bringen sich in der Regel bei der Verrichtung der landwirtschaftlichen Arbeit mit ein. Damit repräsentieren die Nebenerwerbsbauern im Prinzip weiterhin den klassischen Familienbetrieb, sagen die Hohenheimer Wissenschaftler in einer Studie. „
In gewisser Weise bildet diese traditionelle Erwerbsform somit einen Gegenpol zu den zunehmend wachstumsorientierten Haupterwerbsbetrieben“ und ist, insbesondere aufgrund ihrer Beiträge für die Erhaltung der Kulturlandschaft, durchaus erhaltenswert“ heißt es dort.
Darüber hinaus leistet die Nebenerwerbslandwirtschaft umfangreiche Beiträge für die Erhaltung „lebendiger“ ländlicher Räume. Bei der Ausstattung mit Produktionsfaktoren sind die Nebenerwerbsbetriebe den Haupterwerbsbetrieben indessen unterlegen. Dies führt aber nicht zwingend zu der Folgerung, dass diese Betriebe nicht wirtschaftlich handeln, schreiben die Wissenschaftler.
Je mehr Tiere – je mehr Arbeit
Die für die Bewirtschaftung der Flächen notwendigen Maschinen erwerben die Nebenerwerbslandwirte sehr gezielt. Die Mehrheit der Nebenerwerbsbetriebe hat im Wesentlichen die Grundausrüstung an Geräten in ihrer Maschinenausstattung im Eigentum, zeigen die Untersuchungen. Der Umfang der betrieblichen Wochenarbeitszeit ist eindeutig davon abhängig, ob auf dem Betrieb Tiere gehalten werden.
In viehhaltenden Betrieben sind alle Familienangehörigen anteilsmäßig mehrere Stunden pro Woche in der Tierhaltung beschäftigt. Besonders hoch ist die wöchentliche Arbeitszeit in Sonder- und Dauerkulturen sowie in der Schweinehaltung. Nebenerwerbslandwirte haben wie Haupterwerbslandwirte die Möglichkeit EU-Subventionen in Anspruch zu nehmen und an Förderprogrammen teilzunehmen.
Betrachtet man das Investitionsverhalten in Abhängigkeit von der Betriebsgröße kommen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis: Vor allem in Betrieben unter 20 Hektar landwirtschaftliche Fläche erfolgen regelmäßig oder gelegentlich Investitionen von außerlandwirtschaftlichem Kapital erfolgen (80 Prozent der Betriebe).
Mit zunehmender Betriebsgröße nehmen die Investition von außerlandwirtschaftlichem Einkommen in den Nebenerwerbsbetrieb jedoch ab. Mit ihrem Haupteinkommen können Nebenerwerbslandwirte in Krisenzeiten somit "schlechte Jahre" ausgleichen, was nach Einschätzung der Wissenschaftler zur Dauerhaftigkeit dieser Erwerbsform beiträgt.
Zufriedenheit ist ziemlich hoch

Eine Mehrheit der Betriebsleiter ist offenbar mit der Situation als Nebenerwerbslandwirt zufrieden, zeigen die Studien. Dabei hängt die Zufriedenheit der Nebenerwerbslandwirte auch davon ab, wie gut sich die Landwirtschaft mit der außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit vereinbaren lässt.
Dabei ist eine geringe Distanz zwischen Arbeitsplatz und Hofstelle wichtig, um Wegezeiten zu minimieren und in dringenden Situationen möglichst schnell an der Hofstelle eintreffen zu können.
Im Zuge dieses Anpassungsprozesses des landwirtschaftlichen Betriebs an eine außerlandwirtschaftliche Tätigkeit haben sich viele Nebenerwerbslandwirte für die Inanspruchnahme von überbetrieblichen Dienstleistungen entschieden, die meist von Lohnunternehmen ausgeführt werden. Dabei handelt es sich vor allem um solche Arbeiten, die zum einen für die Nebenerwerbslandwirte zu einer enormen Entlastung in den Arbeitsspitzen führen.
Ideelle Gründe und Traditionsbewusstsein

Trotz der hohen Arbeitsbelastung sind viele Nebenerwerbslandwirte zufrieden mit ihrer Situation, zeigen die Untersuchungen. Dabei haben ideelle Beweggründe für die Weiterführung des Nebenerwerbsbetriebes eine hohe Bedeutung. So dominiert nach der Untersuchung von Katharina Schmid vor allem die Freude an der Landwirtschaft und die Möglichkeit, auf dem Betrieb – im Gegensatz zur außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit – sein "eigener Herr" zu sein.
Ökonomische Motive wie die Sicherheit eines Zweiteinkommens spielen dagegen nur eine untergeordnete Rolle. Die Selbstständigkeit ist für viele Betriebsinhaber neben dem Grund, den Betrieb aus Traditionsbewusstsein fortzuführen, ein dominierendes Motiv.
Weitgehend einig sind sich die Nebenerwerbslandwirte auch in der Ablehnung der gängigen Annahme, dass sie ihren Betrieb nur als Übergang in den Ausstieg aus der Landwirtschaft führen. Ebenso auf Ablehnung stößt jedoch die Annahme, dass die Betriebsleiter den Betrieb vom Nebenerwerb in den Haupterwerb umstellen wollen, fanden die Wissenschaftler heraus.
Zu viele Auflagen – zu wenig Förderung

Natürlich bringt die Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes im Nebenerwerb auch Probleme. Viele der von den Wissenschaftlern gefundenen Schwierigkeiten unterscheiden sich jedoch wenig von denjenigen im Haupterwerb. So äußerten die Nebenerwerbslandwirte besonders ihren Unmut über die vielen Auflagen und Aufzeichnungspflichten, denen sie nachkommen müssen. Denn wie die Haupterwerbsbetriebe unterliegen auch die Nebenerwerbsbetriebe den gesetzlichen Vorgaben zum Beispiel der Düngeverordnung.
Auch die als gering empfundene Wertschätzung der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit und die allgemein unbefriedigenden Preise für Nahrungsmittel wurden kritisiert. Hinsichtlich der Förderpolitik haben viele Nebenerwerbslandwirte das Gefühl, gegenüber ihren haupterwerblich wirtschaftenden Kollegen benachteiligt zu werden.
Vor allem die Tatsache, dass die Höhe der Direktzahlung pro Betrieb an dessen Größe gekoppelt ist, wird immer wieder kritisiert. Nach Meinung der Nebenerwerbslandwirte werden durch dieses Verfahren kleinere Betriebe benachteiligt.
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