In seinem Schlussbericht hält das Institut für ZukunftsEnergie- und StoffstromSysteme (IZES) fest: Der Landwirtschaft kam bisher eine viel zu hohe Bedeutung als Verursacherin für die Gewässereutrophierung durch Phosphor zu. Eine ganz andere Eintragsquelle kam dagegen bisher viel zu wenig zur Sprache: Das Klärwasser aus Kläranlagen.
Mit den verschiedenen Maßnahmen, die sich für Landwirte besonders durch die Düngeverordnung immer weiter verschärft haben, lassen sich die Phosphatkonzentrationen nach Ansicht des IZES kaum verringern. Ein viel größeres Potenzial stecke in der Optimierung von Kläranlagen.
Weil in bisherigen Studien trotzdem die Landwirtschaft als Hauptverursacherin für die Phosphatbelastung identifiziert wird, nimmt die IZES-Studie die alten Ergebnisse als Grundlage, von denen eines nach dem anderen widerlegt wird.
Falsche Grundlagen und Berechnungen
Sowohl die vorangegangenen Studien als auch die IZES-Untersuchung gehen von einer 200 km² großen Fläche im mittleren Saarland aus, in der sich die Bäche Theel und Ill befinden. Hier gibt es sowohl eine ausgeprägte landwirtschaftliche Bewirtschaftung als auch eine dichte Besiedlung ohne viel Industrie. Kennzeichnend für das Gebiet sind außerdem verschiedene Schutzgebiete und Wasserschutzzonen; den Zielen aus der Wasserrahmenrichtlinie wird eine hohe Priorität eingeräumt. So wurden laut IZES Maßnahmen wie der Erosionsschutz, Abstandsregeln zu Gewässern, eine Begrenzung der P-Düngung oder die Förderung des Ökolandbaus in den Einzugsgebieten von Theel und Ill umgesetzt.
Wie die Autoren des IZES feststellen, sei in den bisherigen Betrachtungen von falschen Grundlagen und Berechnungen ausgegangen worden. So sei zum einen der Ansatz, dass in der Analyse ausschließlich der Gesamtphosphor herangezogen wurde, nicht richtig. Diese Herangehensweise führe dazu, dass die Bedeutung der landwirtschaftlichen Bodeneinträge über- und die Bedeutung der Abwasserentsorgung unterschätzt werde. Die unterschiedliche Bioverfügbarkeit der Phosphorverbindungen werde nicht berücksichtigt. Dadurch werde die Verantwortlichkeit der Landwirtschaft als Verursacherin der Gewässereutrophierung fälschlicherweise um ein Zehnfaches angehoben.
Beitrag der Kläranlagen kommt rechnerisch zu kurz

Weiterhin kritisieren die IZES-Forscher, dass mit den P-Jahresfrachten in den vorherigen Erhebungen Werte herangezogen wurden, die für die Eutrophierung nicht entscheidend seien. Sie berücksichtigten die Vegetations- beziehungsweise Jahreszeiten nicht, was aber notwendig sei, um den Einfluss der Landwirtschaft richtig einzuordnen.
Außerdem führe diese Methode dazu, dass die Kläranlagen, die das ganze Jahr über Klärwasser eintragen, einen höheren Anteil an den P-Konzentrationen hätten als ihnen in der Jahresfracht bisher zugeschrieben worden sei. Dagegen seien für die Einträge aus der Landwirtschaft zu hohe Ausgangswerte genutzt worden. Deshalb sei die Berechnung der Phosphor-Gesamteinträge in den älteren Studien unrealistisch.
Darüber hinaus sei von einer zu hohen Viehdichte ausgegangen worden – auch unter der Annahme, dass Gülle und Mist zu einem Teil in Biogasanlagen landen. Eine Berücksichtigung der Tierarten habe bisher ebenfalls gefehlt und für die Feststellung der tatsächlichen Ausbringungsorte von angefallenen Wirtschaftsdüngern sei die Datenlage unzureichend gewesen. Zudem sei wegen Nutzung veralteter Daten von einem zu geringen Flächenanteil mit ökologischer Bewirtschaftung ausgegangen worden.
Auch wegen fehlender Kenntnisse zu den Bodengehaltsklassen lasse sich die Umsetzungsmenge von Phosphat nicht bestimmen. Schließlich müssten die Veränderungen im Düngerecht und ihre Auswirkungen auf die Gewässereutrophierung noch untersucht werden.
Optimierung bei Kläranlagen würde zu deutlich geringeren P-Konzentrationen führen
Der Zusammenhang zwischen den Jahresmittelwerten der Gewässerkonzentrationen von dem bioverfügbaren Orthophosphat und dem Gesamtphosphor und den Kläranlagenablaufkonzentrationen sei hingegen „statistisch außerordentlich gut“ belegt, so die Autoren. Die Daten zeigten, dass die Kläranlagenabläufe die mit Abstand bedeutendste Ursache für die hohen Orthophosphatkonzentrationen seien. Verbesserungen an den Ablaufkonzentrationen der Kläranlagen hätten auch zu geringeren Konzentrationen in den Gewässern geführt.
Um die Konzentrationen deutlich zu reduzieren, müsse die Phosphorfällung an den Kläranlagen technisch optimiert werden. Das die einzige erfolgversprechende Möglichkeit. Die Studien, auf die die Autoren Bezug nehmen, hätten den Ökolandbau als einzigen Möglichkeit dargestellt, um die Gewässerqualität zu verbessern.
Die Förderung des Ökolandbaus und weitere landwirtschaftliche Maßnahmen (Erosionsschutz, Abstände zu Gewässern, reduzierte P-Düngung) befürworten die Wissenschaftler trotzdem – jedoch aus Gründen des Bodenschutzes und nicht wegen einer Verringerung der P-Konzentrationen. „Von weiteren Maßnahmen in der Landwirtschaft ist kein positiver Effekt auf die Eutrophierung von Theel und Ill zu erwarten“, heiß es im Schlussbericht.
Zum vollständigen Bericht, der die Titel der ursprünglichen Studien enthält, geht es hier.
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