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Risikomanagement beim Milchpreis

So funktioniert das Milch-Festpreismodell des DMK

Kuh beim Melken
am Sonntag, 13.12.2020 - 05:00 (Jetzt kommentieren)

Mit "Fixed Price" hat die Molkerei Deutsches Milchkontor eG (DMK) ein Festpreismodell eingeführt. Der Geschäftsführer der Genossenschaft, Dr. Klaus Hein, erläutert im Interview mit agrarheute, wie die Preisabsicherung für Landwirte an der Börse funktioniert.

Dr. Klaus Hein, Geschäftsführer Deutsches Milchkontor eG

Herr Dr. Hein, auf welche Börsenpreise stützt sich das Fixed Price Modell?

Die Preise basieren im Kern auf den Börsenmilchwerten von Butter und Magermilchpulver an der EEX, der Leipziger Warenterminbörse.Terminbörsen sind schon lange etabliert. Der Handel mit dem Produkt Milch ist allerdings noch verhältnismäßig jung und entwicklungsfähig. Hier arbeitet DMK zusammen mit etablierten Brokern.

Ist die EEX überhaupt liquide genug, um einen realistischen Preis abzuleiten?

Insgesamt war die Entwicklung des Börsenhandels an der EEX in den letzten Jahren positiv. Es wird grundsätzlich von einer weiter steigenden Entwicklung ausgegangen. Dabei werden anerkannte Preisfeststellungen für Deutschland, Frankreich und den Niederlanden als Datenbasis verwendet, sodass die Indizes den Marktpreis der referenzierten Produkte in der EU reflektieren. Die Preise spiegeln damit die Marktsituation ausreichend wider.

Wie berechnet das DMK aus den Börsenpreisen den Milcherzeugerpreis? Wie hoch ist die Differenz zwischen dem Börsenrohstoffwert und dem Erzeugerpreis?

Der angebotene Festpreis ersetzt den DMK-Grundpreis für die abgesicherte Menge. Das DMK berücksichtigt bei der Kalkulation des Festpreises neben den bekannten, durch das Börsengeschäft entstehenden Kosten auch das Basisrisiko und das auf den Festpreis mit der Milchgeldabrechnung noch Zuschläge, wie zum Beispiel Logistik- und Milkmaster-Bonus, bezahlt werden. Der angebotene Festpreis ist systembedingt niedriger als der Börsenmilchwert.

Durch das Börsengeschäft entstehende Kosten sind zum Beispiel Liquiditätskosten, Gebühren für die Absicherung und Managementkosten.  Sobald der DMK-Festpreis errechnet und angeboten wurde, kommen auf den Landwirt keine Kosten oder Abschläge mehr zu. Die individuellen Zuschläge wie etwa der Logistikbonus, werden wie gewohnt im Rahmen der Milchgeldabrechnung eingerechnet. 

Milchtankwagen der DMK Group

Wird das DMK die angebotenen Fixpreise regelmäßig veröffentlichen?

Eine Veröffentlichung ist nicht geplant.

Wie lange gilt der vereinbarte Festpreis?

Die Festpreise werden für 12 Monate im Voraus angeboten. Dabei können der aktuelle Monat sowie die beiden folgenden Monate (Leermonate), aufgrund der großen zeitlichen Nähe zum aktuellen Marktgeschehen nicht abgesichert werden.

Kann der Landwirt innerhalb der Laufzeit die preislich fixierte Milchmenge nach oben oder unten anpassen?

Eine Aufstockung ist möglich. Über die Festpreisplattform kann die Milchmenge bis zur Grenze von maximal 30 % der Monatsmilchmenge kontinuierlich aufgestockt werden. Die Menge der Aufstockung wird dann zu dem jeweils angebotenen Preis abgesichert, der auch höher oder niedriger ausfallen kann als vorher angebotene Preise. Das ist im nächsten Handelsslot möglich, nicht vorher. Eine Verringerung des Angebots ist systembedingt nicht möglich. Bereits vorgenommene Absicherungen sind rechtlich bindend, sowohl für die Landwirte als auch die Molkerei, da das DMK die Mengen mit Warentermingeschäften absichert.

Was passiert, wenn der Börsenwert in der Laufzeit deutlich steigt? Gibt das DMK dies an die Erzeuger mit Festpreis weiter?

Genau wie bei Verkäufen von Produkten, steht ein vereinbarter Preis bis zur Lieferung. Die Festpreisangebote basieren auf den tagesaktuellen Geldkursen der Warenterminbörse. Landwirte entscheiden eigenständig, ob sie einen Teil ihrer Milchmenge zu den angebotenen Preisen anbieten wollen. Bestätigte Absicherungsgeschäfte sind durch DMK abgesichert worden und entsprechend verbindlich, sowohl für den Landwirt als auch DMK. Sollte es zu besseren Festpreisen an einem anderen Absicherungstag kommen, kann die Menge bis zur vordefinierten Grenze je Monat erhöht werden. Bereits getätigte Absicherungen können nicht mehr zurückgenommen werden.
 

EEX Leipzig

Was passiert, wenn ein Landwirt die preislich gefixte Milchmenge nicht liefern kann, z.B. wegen einer Tierseuche? 

Diese Sonderfälle sind in der Kalkulation der Festpreise als Risikoabschlag einbezogen, da daraus für das DMK Verluste entstehen können. Für den Landwirt ergeben sich in diesen Sonderfällen keine weiteren Konsequenzen. Es besteht keine Produktionspflicht, wohl aber eine Anlieferungspflicht für erzeugte Milch.

Gelten für die fixierte Milch besondere Qualitätsanforderungen?

Da der angebotene Festpreis den DMK Grundpreis ersetzt, gelten die gleichen Bedingungen für den Landwirt. Das bedeutet, dass alle betriebsindividuellen Preiskorrekturen, Zu- und Abschläge (also Fett- und Eiweißkorrektur, Logistikbonus, Milkmaster sowie GVO oder auch Qualitätsabzüge) dem Festpreis hinzugerechnet werden müssen. Hierbei ist wichtig zu beachten: Alle Zu- und Abschläge wie auch die Fett- und Eiweißkorrektur beziehen sich entsprechend der Milchlieferordnung auf die vollständige Monatsmilchmenge.

Entsteht für die Genossenschaft aus dem Engagement an der Terminbörse ein wirtschaftliches Risiko? Belastet das Fixed Price Modell den frei floatenden DMK-Milchpreis?

Das DMK-Modell basiert auf den realen Marktentwicklungen. Es unterliegt den normalen Gesetzen von Angebot und Nachfrage sowie der daraus entstehenden Marktentwicklung. Entsprechend sind Risikoabschläge im Modell berücksichtigt, Festpreis-Angebote werden durch die gegenläufigen Absicherungsgeschäfte neutral gestellt.

Welchen Anteil am eigenen Rohmilchbezug ist die DMK maximal bereit, über die Börse abzusichern?

Mitglieder der DMK eG können maximal 30 % ihrer Monatsmilchmenge (als Durchschnitt der letzten 12 Monate) – auch verteilt auf mehrere Angebotsmonate – absichern. Damit schützen wir sowohl die Molkerei als auch den Landwirt vor unerwünschten Erfahrungen. Aufgrund der selektiven Nutzung des Konzepts sehen wir derzeit nicht, dass wir insgesamt an Umsetzungsgrenzen stoßen beziehungsweise hier Einschränkung vornehmen müssen.

Letztlich muss das DMK die Liquidität und die Prozesse im Auge behalten. Auch der Landwirt sollte sich Zeit zum Sammeln von Erfahrungen geben. Darüber hinaus steht es jedem Landwirt frei, sich zusätzlich unabhängig von dem DMK an der Warenterminbörse eigenständig über einen Broker abzusichern.

Herr Dr. Hein, wir bedanken uns für das Gespräch.

Hier geht es zu den aktuellen Auszahlungpreisen der Molkereien und den Börsenkursen.

 

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