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Flächenfraß und Energiewende

Solarparks auf fruchtbaren Äckern – Flächenfraß für die Umwelt?

Solarpark auf Ackerland
am Donnerstag, 04.03.2021 - 06:00 (7 Kommentare)

Investoren zahlen Landeigentümern sehr hohe Pachtpreise für die Errichtung von Solarparks auf Ackerland. Diese Flächen gehen der landwirtschaftlichen Produktion verloren.

Solarpark

Investoren bauen immer mehr Solaranlagen auf Ackerland. Teilweise sind diese Solarparks mehrere 100 Hektar groß. Der Grund für die Landverpächter ist einfach: Die Pachtpreise für Solarflächen sind bis zu zehnmal höher als für Ackerland. Pachterlöse zwischen 2.000 und 3.000 Euro je Hektar sind keine Seltenheit.

Dazu kommt: Diese hohen Einnahmen sprudeln mindestens 20 Jahre lang. Wenn das kein Argument für Landverpächter ist und offenbar auch für immer mehr Landwirte, ihr Land für Photovoltaikanlagen herzugeben. Das zeigen jedenfalls aktuelle Beispiele aus Brandenburg, Bayern, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Baden–Württemberg.

Ein Wunder ist das natürlich nicht, angesichts immer schneller steigender Auflagen und Kosten für die Bauern in der landwirtschaftlichen Produktion. Und dazu kommt noch ein gutes Gewissen: Denn was kann man besseres für die Umwelt tun, als grünen Strom zu erzeugen? Zumal die bis zuletzt stark geförderte Windenergie kaum noch wächst und für große nichtlandwirtschaftliche Investoren immer weniger attraktiv ist.

Da kommt der neue Solarboom gerade recht. Vergessen oder einfach verdrängt wird dabei: Die Flächen verschwinden völlig aus der landwirtschaftlichen Produktion und fehlen für die Nahrungsmittelversorgung. Deshalb sagt etwa der Bayerische Bauernverband (BBV): Solaranlagen ja – aber bitte vorrangig aufs Dach. Dort ist Platz und die landwirtschaftlichen Fläche bleiben frei.

Doch der Flächenfraß durch Solarparks scheint kaum zu bremsen: Die Anträge für den Bau neuer Anlagen stapeln sich in den Rathäusern. Allerdings gehen die Bundesländer ganz unterschiedlich vor und es gibt, wie so oft – von Bundesland zu Bundesland abweichende Regelungen. So ist beispielsweise in Rheinland-Pfalz bis 2021 eine Errichtung nur auf Grünland in benachteiligten Gebieten möglich – in Bayern und Baden-Württemberg seit 2017 aber auch auf entsprechendem Ackerland.

Solarparks auf mehreren 100 Hektar Ackerfläche

solarpark.

Beispiel Brandenburg: Dort gibt es nach Angaben des Landeswirtschaftsministeriums derzeit mehr als 28.000 Solar-Standorte. Zunächst wurden dafür – wie in anderen Bundesländern auch – vor allem Brachflächen oder ehemalige Militärflächen genutzt. Nun werden jedoch immer mehr Solarparks auf Ackerland beantragt und errichtet. So berichtete der RBB über den geplanten Bau einer Anlage in einem Ackerbaubetrieb mit 2.500 Hektar Betriebsfläche.

Der Betriebsleiter plant, auf 286 Hektar seines Ackerlandes einen Solarpark zu errichten. Der Landwirt will mit seinem Betrieb mehr Geld verdienen. Er sagt: „Wir haben mittlerweile Trockenperioden von teilweise vier bis fünf Wochen, weil wir keinen Regen bekommen, und das zeigt sich deutlich in den Erträgen". Zu gering seien die Erträge, sagt der Landwirt gegenüber dem RBB. Diese Verluste möchte er jetzt mit den Einnahmen aus der Solarenergie ausgleichen.

Doch er will auch dafür sorgen, dass genügend von dem künftigen Geldsegen in die Taschen der Bürger und Gemeinde fließt. Dafür sieht er gute Möglichkeiten - zum Beispiel mit Bürgerstrom. Aber nicht allen Bürger, Bauern und Politiker sind mit dem Ausbau der Solarenergie einverstanden. Vor allem, weil die Anträge für Solaranlagen auf Ackerflächen rasant zunehmen. Allein beim uckermärkischen Landratsamt liegen nach Informationen des RBB Anfragen für den Bau von Solaranlagen auf mehr als 2.000 Hektar.

Birgit Bader, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag, sagte gegenüber dem RBB: „Ich befürchte, dass hier natürlich in erster Linie die landwirtschaftlichen Produktionsflächen aus der Bewirtschaftung genommen werden und wir die in Zukunft brauchen. Außerdem könnte der Tourismus dadurch Schaden nehmen und das Landschaftsbild massiv beeinträchtigt werden."

Steigende Pachtpreise durch große Investoren

Solarpark

Baden-Württemberg hat den Bau von Solarparks auf landwirtschaftlichen Flächen – wie Bayern auch – mit der Freiflächenöffnungsverordnung im März 2017 möglich gemacht. Zum Schutz der landwirtschaftlichen Produktion werden jedoch höchstens 100 Megawatt genehmigt. Zuvor war der Bau nur auf sogenannten Konversionsflächen oder Randstreifen von Autobahnen und Gleisen zulässig.

Allerdings sind Freiflächen-Solaranlagen auf Äckern oder Grünland nur in landwirtschaftlich benachteiligten Gebieten erlaubt. Doch sind dies in Baden-Württemberg rund 900.000 Hektar, zwei Drittel davon sind landwirtschaftliche Nutzfläche. Nach den Daten der Bundesnetzagentur haben seit 2017 rund zwanzig Solarpark-Projekte in Baden-Württemberg einen Zuschlag erhalten – deutlich weniger als etwa in Bayern.

Der Grund: Unter den südwestdeutschen Bauern sind offenbar die Sorgen wegen der steigenden Pachtpreise und des Verlusts landwirtschaftlicher Flächen groß. Doch am Ende entscheiden auch hier die Kommunen über die Baugenehmigung. Befürworter und Nutznießer gibt es genug – vor allem aus der Wirtschaft – aber auch unter Landwirten, Bürgern und Umweltschützern.

So wirbt etwa die Baywa aktiv für den Bau von Solaranlagen bei Landwirten mit dem Argument: „Nutzen Sie Ihre Flächen für den Bau von Solarparks. ... leisten Sie einen Beitrag zur Entschärfung des Flächennutzungskonflikts und tragen zum Gelingen der Energiewende bei. Mit einem Pachtvertrag über mindestens 20 Jahre profitieren Sie von einem gesicherten Nutzungsentgelt, ohne selbst Investitionen tätigen zu müssen.“

Das sind ziemlich viele Versprechen, für die unter hohem ökonomischen Druck stehenden Landwirte.  

Zuwachs in Bayern vor allem auf Ackerland

Solarflächen

Bayern erlaubt seit 2017 ebenfalls den Bau von Solarparks auf Äckern. Dort ist deren Zahl auf landwirtschaftlichen Flächen deutlich schneller gewachsen als in Baden-Württemberg oder in anderen Bundesländern. Die Zahl der neu gebauten PV-Freiflächenanlagen soll zudem von derzeit jährlich 70 auf 200 Anlagen pro Jahr deutlich erhöht werden.

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger freut sich über den starken Zuwachs. Den Zuwachs führt er auf die steigende Nutzung von Ackerland zurück: „Unsere Initiative zur Ausweitung der Photovoltaik auf Ackerflächen ist ein voller Erfolg und wird die ökologische Energiewende voranbringen", ist der Minister überzeugt.

Doch auch in Bayern sind nicht alle Landwirte mit dem Bau von Solaranlagen auf Ackerland einverstanden. So sagt Burkhard Hartmann, Kreisvorsitzender der BBV-Arbeitsgemeinschaft Jagdgenossenschaften, gegenüber dem Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt, dass Photovoltaikanlagen für Ihn Flächenfraß sind. Zwar würden die Böden nicht versiegelt, doch sie fallen dauerhaft aus der landwirtschaftlichen Produktion. Und außerdem sieht er einen großen Einschnitt in das Tourismuspotenzial.

Der Bayerische Bauernverband unterstützt vor allem den dezentralen Ausbau von Photovoltaik als zusätzliches ökonomisches Standbein für die Bauernfamilien – doch sollten diese Anlagen "vorrangig auf Dachflächen installiert werden", heißt es in einem Positionspapier. Das wünschen sich offenbar auch viele Landwirte, die vor allem durch den Einstieg großer Energieunternehmen in den Bau von Solarparks eine Explosion der Pachtpreise befürchten und eine Verdrängung der aktiven Landwirte.

Das bestätigt das Positionspapier des BBV. Dort heißt es: „Es ist unerlässlich, dass PV-Anlagen die örtlichen und regionalen agrarstrukturellen Belange berücksichtigen, und dass den Tierhaltungsbetrieben keine notwendigen Futterflächen für die Lebensmittelproduktion entzogen werden. So bedrängen große Investoren die Landwirte mit bis zu jährlich 2.000 Euro/ha Pachtgeboten und bringen damit den Flächenmarkt erheblich durcheinander.“

Das deckt sich im Prinzip mit der Entwicklung in den meisten anderen Bundesländern und sollte nicht unbedingt das Ziel einer nachhaltigen Energiepolitik sein.

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