
Landwirtschaftliche Betriebe werden in den unterschiedlichsten Formen geführt. Entweder geht es in Richtung des Haupterwerbs, der danach strebt, sich zu vergrößern und wettbewerbsfähig zu bleiben, oder kleinere landwirtschaftliche Betriebe werden häufig nur noch im Nebenerwerb geführt, weil andere Einkunftsquellen vorhanden sind oder sie Geschäftsfelder außerhalb der Landwirtschaft im Rahmen der „Diversifizierung“ schaffen.
Vor allem kleinere Nebenerwerbsbetriebe sollten sich jedoch vor der sogenannten Liebhaberei in Acht nehmen. Spricht ihnen das Finanzamt die Gewinnerzielungsabsicht ab, zieht das nämlich zahlreiche Nachteile nach sich. Das betrifft unter anderem die Einkommensteuer, die Umsatzsteuer, die Gewerbesteuer und auch das Bewertungs- und Erbschaftsteuerrecht.
Welche Voraussetzungen muss ein landwirtschaftlicher Betrieb für das Finanzamt erfüllen?
Einkommensteuerlich gilt ein Betrieb für das Finanzamt nur dann als existent, wenn er insbesondere folgende Voraussetzungen erfüllt:
- selbstständige Betätigung
- nachhaltige Betätigung
- Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr
- Absicht, Gewinne zu erzielen
Sofern Produkte an Endabnehmer abgesetzt werden, dürften die ersten drei Kriterien in der Regel erfüllt sein. Die fehlende Absicht, Gewinne zu erzielen, ist allerdings problematisch und wird im steuerlichen Fachjargon als „Liebhaberei“ bezeichnet.
Geringe Ertragskraft des Kapitals in der Landwirtschaft ist steuerlich riskant
In Literatur und Rechtsprechung gibt es eine Vielzahl an Ausführungen zu diesem Begriff. Die Besonderheit in der Landwirtschaft ist, dass das hohe eingesetzte Kapital, das im Flächeneigentum gebunden ist, nur einer relativ geringen Ertragskraft gegenübersteht, sodass es schnell zu steuerlichen Verlusten kommen kann.
Anhaltende Verlustphasen, die sogenannte Liebhaberei, werden bei der Einkommensteuer aber nicht anerkannt. Nur wenn eine „Einkunftserzielungsabsicht“ erkennbar ist, also die Absicht, in einer Periode einen Gewinn zu erzielen, werden eingetretene Verluste anerkannt.
So prüft das Finanzamt auf Liebhaberei
Die Prüfung der Liebhaberei durch die Finanzbehörden erfolgt in zwei Stufen. In der ersten Stufe wird eine Gewinnprognose angestellt: Sie ist negativ, wenn bei objektiver Betrachtung des Betriebs sicher damit zu rechnen ist, dass er nach seiner Art und der Betriebsführung sowie unter Berücksichtigung der Ertragserwartungen keinen positiven Totalerfolg erwirtschaften kann.
Worauf das Finanzamt bei der Liebhaberei noch achtet
In der zweiten Stufe werden persönliche Gründe für die Hinnahme der Verluste untersucht: Der Umstand, dass aus einer Tätigkeit über einen längeren Zeitraum nur Verluste erzielt werden, deutet zwar auf ein Fehlen der Einkunftserzielungsabsicht hin. Die erlittenen Verluste allein reichen jedoch nicht aus, um generell eine fehlende Einkunftserzielungsabsicht zu unterstellen.
Es muss vielmehr „aus weiteren Beweisanzeichen“ der Schluss möglich sein, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit aus im Bereich der Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt.
Insbesondere verlustbehaftete Nebenerwerbslandwirte sowie Betriebe mit neuen Geschäftsideen müssen daher „Vorsorge“ treffen und nach einem schlüssigen Konzept wirtschaften. Damit Verluste steuerlich nicht anerkannt werden, muss der steuerliche Totalgewinn negativ sein.
Diese Kriterien müssen für die Gewinnprognose berücksichtigt werden
In die sogenannte Totalgewinnprognose sind folgende Kriterien einzubeziehen:
- Saldierung bereits entstandener Verluste mit den zukünftig (realistisch geschätzten) zu erwartenden Gewinnen
- Einbeziehungen von Wertsteigerungen des Betriebsvermögens (insbesondere stille Reserven im Grund und Boden)
Der Prognosezeitraum beginnt mit Betriebseröffnung und endet mit der Aufgabe oder Veräußerung beziehungsweise Liquidation des Betriebs. Er umfasst bei landwirtschaftlichen Betrieben regelmäßig 30 Jahre und bei Forstbetrieben sogar 100 Jahre. Die Prognose ist nach neuerer Rechtsprechung bei einer unentgeltlichen Hofübergabe generationenübergreifend vorzunehmen. Somit dürfen die Finanzämter keinen zu kurzen Vergleichszeitraum wählen.
Wie werden Anlaufverluste in der Landwirtschaft berücksichtigt?
Zudem ist der Totalgewinn von Anlaufverlusten zu unterscheiden. Verluste in der Anlaufzeit (maximal acht bis zehn Jahre) einer neu eröffneten und erst aufzubauenden Tätigkeit können grundsätzlich mit anderen Gewinnen verrechnet werden. Dies gilt auch dann, wenn für die Tätigkeit in der Aufbauphase eine eindeutige positive Totalgewinnprognose nicht möglich ist, weil erst die weitere Entwicklung der Tätigkeit abgewartet werden muss.
Wird die Tätigkeit während der Anlaufphase eingestellt, bleiben die Verluste abzugsfähig. Etwas anderes gilt nur dann, wenn von Anfang an keine realen Gewinnchancen zu erwarten waren.
Wie werden unterschiedliche Betriebszweige berücksichtigt?
Landwirtschaftliche Betriebe können aus unterschiedlichen Betriebszweigen bestehen, wobei nicht jeweils gesonderte Teilbetriebe vorliegen müssen. Die Prüfung der Liebhaberei beschränkt sich demnach auf den jeweiligen Betriebszweig.
Ein Beispiel: Landwirt Huber betreibt eine kleine Landwirtschaft im Nebenerwerb und eine Forstwirtschaft. Die Landwirtschaft erwirtschaftet seit Jahrzehnten Verluste, die auch bereits Hubers Vater verzeichnete. In der Forstwirtschaft wird hingegen eine „Schwarze Null“ als Betriebsergebnis erzielt. Daneben ist Huber bei einem größeren Automobilhersteller hauptberuflich angestellt.
Die Lösung: Landwirtschaft und Forstwirtschaft sind unterschiedliche Betriebszweige. Die Verluste aus der Landwirtschaft werden isoliert von der Forstwirtschaft als Liebhaberei festgestellt und können nicht mit den positiven Einkünften aus der Arbeitnehmertätigkeit verrechnet werden.
Das gilt für 13a-Landwirte bei der Gewinnermittlung
Bei der Gewinnermittlung nach § 13a Einkommensteuergesetz (EStG) sind steuerlich keine Verluste möglich, da diese Betriebe aufgrund der Art der Gewinnermittlungsvorschrift stets Gewinne ausweisen. Die Gewinne müssen versteuert werden.
Das gilt auch dann, wenn betriebswirtschaftlich nachgewiesen werden könnte, dass tatsächlich kein Gewinn, sondern ein Verlust entsteht. Es besteht somit nur die Möglichkeit, freiwillig die Gewinnermittlungsart des § 13a EStG zu verlassen und eine Einnahmenüberschussrechnung zu erstellen.
Worauf muss ich als Betriebsgründer in der Landwirtschaft achten?
Insbesondere bei Betriebsneugründungen überwachen die Finanzämter die Liebhaberei genau. Jedoch auch bei bestehenden Betrieben, die längere Verlustphasen erleiden, schauen die Finanzämter hin. Regelmäßig werden dabei die Steuerbescheide vorläufig erlassen. Sofern im Nachhinein die Liebhaberei festgestellt wird, werden die einkommensmindernd geltend gemachten Verluste aberkannt und es kommt zur Steuernachzahlung.
Gleichzeitig werden im Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei die stillen Reserven im Betrieb festgestellt. Es liegt somit keine steuerpflichtige Betriebsaufgabe vor, sondern eine Art „Stilllegung“. Falls die stillen Reserven anwachsen und die Grundstücke später verkauft werden sollten, werden die im Liebhabereizeitraum entstandenen stillen Reserven nicht besteuert.
Folgen der Liebhaberei für die Umsatzsteuer
Trotz der ertragsteuerlichen Liebhaberei wird der Betrieb weiterhin als umsatzsteuerliches Unternehmen angesehen, sodass die Umsätze umsatzsteuerbar sind. Sollten die Umsätze weniger als 22.000 Euro pro Kalenderjahr betragen, können Sie die Kleinunternehmerregelung für sich in Anspruch nehmen. Demnach müssen Sie keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen und keine Rechnungen stellen. Der Vorsteuerabzug entfällt jedoch.
Pauschalierende Landwirte können die Kleinunternehmerregelung nur in Anspruch nehmen, wenn sie auf die Anwendung der Umsatzsteuerpauschalierung verzichten. Diese Erklärung bindet die Landwirte für mindestens fünf Kalenderjahre.
Liebhaberbetriebe unterliegen nicht der Gewerbesteuerpflicht
Landwirtschaftliche Betriebe unterliegen nicht der Gewerbesteuer. Sollte jedoch im Rahmen der Diversifizierung ein gewerblicher Betriebsteil entstehen, wäre auch auf die Gewerbesteuer zu achten. Bei Liebhaberei besteht allerdings kein Gewerbebetrieb mehr und damit auch keine Gewerbesteuerpflicht.
Bewertungsrechtlich bleibt ein land- und forstwirtschaftlicher Liebhabereibetrieb ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft und wird nicht als Grundvermögen bewertet. Dementsprechend kann auch die Verschonung für Betriebsvermögen in der Erbschaft- und Schenkungsteuer angewandt werden.
Wenn ertragsteuerlich eine Liebhaberei festgestellt wurde, ist für umsatzsteuerliche Zwecke meist weiterhin eine Gewinnermittlung zu erstellen, zum Beispiel als Einnahmenüberschussrechnung, damit die umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlagen und die Vorsteuern ermittelt werden können.
Wann stellt die Liebhaberei für Landwirte steuerlich eine Chance dar?
Festzuhalten bleibt: Sollten bei bestehenden Betrieben längere Verlustphasen eintreten oder sich im Rahmen der Neugründung über die Anlaufphase hinaus Verluste abzeichnen, nehmen Sie frühzeitig mit ihrem Steuerberater Kontakt auf.
Ziel muss es sein, einerseits die Verluste steuerlich abzusichern und andererseits Konzepte aufzuzeigen, dass der Betrieb wieder in die Gewinnzone rutscht. Hier müssen steuerliche- und betriebswirtschaftliche Beratung Hand in Hand gehen. Der Wille des Betriebsleiters, betriebliche Abläufe zu überdenken, muss gegeben sein.
Jedoch kann die Feststellung der Liebhaberei auch eine Chance sein, steuerliche Pflichten nicht mehr erfüllen zu müssen. Auch dieser Gedankengang sollte mit einem steuerlichen Berater geplant werden, um unschöne Überraschungen zu vermeiden.
Checkliste: Anzeichen für einen Liebhaberbetrieb in der Land- und Forstwirtschaft
Wichtige Anzeichen für das Finanzamt, dass der Betrieb nur aus persönlichen Gründen und Neigungen geführt wird:
Art der Tätigkeit: Sport, Hobby, Erholung, Freizeit
- Schrebergärten, private Haus- und Nutzgärten, Wochenendgrundstücke
- Der Betreiber eines Gestüts ist zugleich passionierter Reiter und Freund der Pferdezucht.
- Der Steuerpflichtige will die Weinbautradition der Familie fortführen.
- Es bestehen private Erholungsinteressen und persönliche Begeisterung für den eigenen Forstbetrieb.
- Dem Steuerpflichtigen geht es vor allem um die Schaffung eines gehobenen Wohnsitzes auf dem Lande.
Reaktion auf Verlustphasen
- Verluste werden „anstandslos“ hingenommen.
- Der Betrieb wird unverändert fortgeführt.
Art der Betriebsführung
- Wird der Betrieb nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt?
- Ist der Betrieb in der Wesensart im Stande, Gewinne zu erzielen?
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