
Fast überlebenswichtig ist für Getreidebauern deshalb ein Vermarktungsplan – oder neudeutsch: ein Marketingplan. Darüber sollte man schon lange vor der Ernte nachdenken. Denn wichtig ist: Bei der Vermarktung sollten Landwirte nichts dem Zufall überlassen. Und ebenso wichtig: Auch in extremen Marktsituationen sollte man auf keinen Fall seinen Emotionen folgen – denn die sind meist ein schlechter Berater.
Besser ist es, einen festen Plan zu haben, der sowohl die Vermarktungsziele definiert, als auch die betrieblichen Kosten berücksichtigt. Zwar kann niemand die Entwicklung der Getreidepreise voraussagen, dennoch folgen diese saisonalen Mustern. An denen kann man sich bei seinen Verkaufsüberlegungen sehr gut orientieren. Dabei spielt natürlich eine entscheidende Rolle, ob und wieviel seiner Ernte man einlagern möchte und kann.
Fakt ist nämlich: Bei allen Getreidearten ist der Erntetermin in der Regel der mit Abstand schlechteste Zeitpunkt zum Verkaufen. Im Schnitt der letzten acht Jahre lag der beste Zeitpunkt, seinen Weizen zu vermarkten, in den ersten drei bis vier Monaten eines Jahres (siehe Grafik) – also etwa von Januar bis April.
Beim Raps war der optimale Verkaufstermin ähnlich und beim Körnermais waren es überwiegend die Sommermonate vor der neuen Ernte. Deutlich wird dabei eine Sache: Wer als Landwirt Getreide einlagern kann, hat eindeutig die besseren Karten.
Marketingplan beim Getreide - ohne Emotionen verkaufen

Getreidevrmarktung ist eine Herausforderung, weil jeder Landwirt gerne an der Spitze des Marktes verkaufen möchte – doch niemand weiß, wann das sein wird. Einige Bauern halten das Getreide deshalb das ganze Jahr über fest und warten auf die große Rallye. Das ist der schlechteste Weg, um erfolgreich zu sein - und oft vergebens.
Besser ist es hingegen, der Landwirt verkauft sein Getreide schrittweise, um sein Risiko zu verringern. Zu bedenken ist dabei: Die Märkte sind in den letzten Jahren erheblich volatiler geworden, was die Notwendigkeit eines Marketingplans nochmals unterstreicht. Die Entwicklung eines realistischen Plans zur Steuerung des Preisrisikos und zur Erzielung des bestmöglichen Preises soll helfen, Situationen zu vermeiden, in denen der Landwirt in finanzielle Schwierigkeiten gerät oder gar die Überlebensfähigkeit des Betriebs gefährdet wird.
Ein guter Marketingplan muss sich deshalb in erster Linie auf das Risikomanagement konzentrieren. Einer der einfachsten Ratschläge, wenn es um die Vermarktung von Getreide geht, ist: einfach dann zu verkaufen, wenn man einen Gewinn erzielen kann – und nicht auf den höchsten Preis zu warten!
Besser ist aber noch, der Landwirt legt für sich drei oder vier konkrete Preisgrenzen fest. Wenn diese erreicht werden oder der Markt in ihre Nähe kommt, dann muss die Vermarktung beginnen.
Ernte einfach so verkaufen oder Vorkontrakte?

Für die Vermarktung von Getreide oder Raps hat der Landwirt eine Reihe von Alternativen. Die erste und einfachste Möglichkeit ist: Der unmittelbare Verkauf der Ernte am Kassamarkt ohne eine andere Strategie. Dies ist zwar gängige Praxis vieler Landwirte, dürfte aber auch die riskanteste Strategie und die finanziell am wenigsten erfolgreiche sein.
Eine weitere wichtige Alternative, die viele Landwirte bei der Vermarktung ihres Getreides nutzen, sind Vorkontrakte auf Termin mit einem Händler. Dieser Vorkontrakt ist definiert als eine Vereinbarung zum Kauf oder Verkauf zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem bestimmten Preis. Dabei schließt der Getreidebauer, der einen solchen Kontrakt nutzt, mit seinem örtlichen Getreidehändler eine Vereinbarung, sein Getreide zu einem bestimmten Preis zu verkaufen und das Getreide zur Erntezeit zu liefern.
Diese Vereinbarung wird normalerweise während der Vegetationsperiode – also einige Monate vor der Ernte getroffen, kann jedoch auch schon erfolgen, bevor die neue Ernte überhaupt gedrillt ist.
Alternative: der Terminmarkt kann helfen – aber auch teuer werden
Eine dritte Alternative ist die Nutzung des Terminmarktes. Der Terminmarkt ähnelt einem Terminkontrakt dahingehend, dass es sich um eine Vereinbarung zwischen zwei Parteien handelt, Getreide zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft zu einem bestimmten Preis zu kaufen oder zu verkaufen.
Terminkontrakte oder Futures werden jedoch an Börsen gehandelt – etwa in Paris oder Chicago - und arbeiten mit Mechanismen, die von der Börse festgelegt werden, um die Funktion des Kontrakts zu gewährleisten. Wenn ein Getreideproduzent den Terminmarkt nutzt, um seine Ernte zu verkaufen, spricht man von einer Absicherung.
Um eine Absicherung zu platzieren, verkauft der Landwirt einen Terminkontrakt, normalerweise irgendwann während der Vegetationsperiode, und kauft ihn dann zu einem späteren Zeitpunkt zurück, normalerweise, wenn die Ernte am Kassamarkt verkauft wird. Allerdings hat der Landwirt trotzdem ein Risiko: Nämlich wenn sich die Getreidepreise weiter nach oben bewegen - so wie in diesem Jahr.
Dann muss man Geld auf sein Hedge-Konto nachschießen, um die anfängliche Margin beizubehalten. Dies kann sowohl emotional als finanziell ziemlich belastend sein und in der Konsequenz zu schlechten Entscheidungen führen. Wenn die Terminmarktpreise jedoch fallen, dann kommt dem Landwirt die Differenz der Preise zu Gute bzw. fließt auf sein Konto.
Die aktuellen Erzeugerpreise für beispielsweise Raps können Sie im Marktbereich von agrarheute einsehen.
Einlagern erhöht den Spielraum – und die Kosten

Eine zusätzliche Vermarktungsalternative für Erzeuger bietet die Getreidelagerung. Die Grundidee dahinter ist, dass die Getreidepreise sich zyklisch nach saisonalen Mustern bewegen. Die Preise sind in der Regel kurz nach der Ernte am niedrigsten Punkt, da dann die größte Getreidemenge verfügbar ist.
Mit fortschreitender Saison und abnehmendem Getreidevorrat steigen die Preise und erreichen – etwa beim Weizen und beim Raps – in den ersten Monaten des neuen Jahres ihren Höhepunkt. Durch die Lagerung von Getreide bis zu einem späteren Zeitpunkt kann der Landwirt den saisonalen Preisverfall um die Erntezeit abwarten und sein Getreide dann vermarkten, wenn die Preise am höchsten sind.
Allerdings gibt es auch Ausnahmen von dieser Regel. In diesem Jahr hätte es jedoch gut gepasst – denn Weizen und Raps erreichten im Februar Mehrjahreshochs und konnten jeweils 40 Prozent teurer verkauft werden als zur Ernte. Ein gewisses Risiko ist dabei die sogenannte Basis – also die Differenz zwischen Termin- und Kassamarkt. In der Regel erweitert sich die Basis, wenn die Preise steigen.
Das heißt konkret: Der Kassamarkt hält nicht mit dem Terminmarkt Schritt. In diesem Jahr war das jedoch nicht der Fall.
Einlagerung: Lagerkosten kennen - Verluste vermeiden

Die Lagerung von Getreide auf dem Bauernhof ist jedoch kostspielig und erfordert sorgfältige Überlegungen bei den Marketingentscheidungen. Die Erzeuger lagern natürlich in der Hoffnung ein, dass die Preise nach der Ernte steigen werden. Aber es besteht auch die Möglichkeit, dass die Preise fallen und die Lagerung von Getreide zu einem zusätzlichen Verlust führt.
Selbst wenn die Preise gleich bleiben, können die Landwirte aufgrund der entgangenen oder gezahlten Zinsen, den sogenannten Opportunitätskosten, einen Verlust aus der Lagerung erleiden. Bei der Entscheidung für die Lagerung müssen also auch die Lagerkosten berücksichtigt werden. Durch die Lagerung und den regelmäßigen Verkauf von Getreide während des gesamten Jahres kann das Preisrisiko jedoch sehr breit gestreut werden.
Zu bedenken ist auch: Die Lagerkosten können recht unterschiedlich ausfallen, je nach Art und Größe der Lagerstätte, der Finanzierung und der Abschreibungsmethode. Auch die Kosten für Trocknung, Belüftung, Reparatur und Wartung müssen berücksichtigt werden, ebenso wie zusätzliche Logistikkosten, im Vergleich zum Verkauf direkt vom Mähdrescher.
Wann sich ein eigenes Getreidelager lohnt, lesen Sie auf agrarheute.
Abwarten und Gewinn machen

Fakt ist also: Durch die Lagerung von Getreide können Landwirte abwarten, und beobachten wie sich die Marktpreise verändern. Die Marketingstrategie eines Getreidebauern basiert dabei auf seinem unmittelbaren Geldbedarf und seiner Risikobereitschaft. Für die meisten Erzeuger ist es ökonomisch jedenfalls nicht sinnvoll, Getreide unmittelbar zur Ernte auf den Markt zu bringen.
Bei der Lagerung von Getreide müssen aber sowohl die Lager- als auch die übrigen Opportunitätskosten berücksichtigt werden. Die Lagerung von Getreide kostet also ebenfalls Geld, und dies muss bei der Entscheidung, ob gelagert werden soll oder nicht, berücksichtigt werden. Der sogenannte Grenznutzen der Getreidelagerung muss am Ende größer sein als die Grenzkosten, die entstehen, damit die Sache sich rechnet.
Viele Untersuchungen zeigen aber: Die Lagerung von Getreide auf dem Bauernhof ist ein erfolgreiches Marketinginstrument. Bei Einhaltung einer durchdachten Marketingstrategie kann dies die Nettoeinahmen des Getreidebauern deutlich erhöhen.
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