
Eine australische Studie hat sich erstmals mit den Folgen und den ethischen und sozialen Herausforderungen beim Einsatz von Robotern in der Landwirtschaft befasst. Einer der Autoren, Dr. Mark Howard, Fellow für Philosophieforschung, sagte: "Es bestehe das Risiko, dass Roboter beispielsweise die Biodiversität und die Nachhaltigkeit der Landwirtschaft im Allgemeinen negativ beeinflussen könnten."
Ein weiteres Problem sehen die Wissenschaftler darin, dass kleinere oder in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene Betriebe die neuen Technologien "verpassen" oder bei den nötigen Investitionen nicht mithalten können, was zu einer stärkeren Zentralisierung des Eigentums und der Flächen in der Landwirtschaft führen würde.
Ein weiterer Aspekt, auf den die Wissenschaftler hinweisen, ist, dass es auch zu Missmanagement beim Einsatz von Chemikalien, zu stärkerer Bodenverdichtung aufgrund schwerer Roboter und Maschinen und auch zu potenzieller Lebensmittelverschwendung kommen könnte, weil die Verbraucher künftig stärker standardisierte oder „perfekte“ Produkte erwarten.
Schwerwiegende Nachteile befürchtet – große Herausforderungen

Die in der Fachzeitschrift Precision Agriculture veröffentlichte Studie kommt zu dem Schluss, dass Agrarroboter zwar noch nicht weit verbreitet sind, dass jedoch immer mehr Technologien für die Präzisionslandwirtschaft und Automatisierung von landwirtschaftlichen Arbeitsprozessen auf den Markt kommen.
Schon jetzt nutzen Landwirte zunehmen GPS-fähige Traktoren und Erntemaschinen, Robotermelkanlagen, Roboter-Obst- und Gemüsesammler-Maschinen und auch Drohnen.
Die Forscher haben in ihrer Studie jedoch davor gewarnt, dass die zunehmende Einführung von arbeits- und kostensparenden Robotern in der Landwirtschaft auch schwerwiegende Nachteile udn Nebenwirkungen haben könnte. Mit ihrer Arbeit haben die Wissenschaftler die erste Analyse über ethische und soziale Fragen veröffentlicht, die durch den verstärkten Einsatz von Robotern in der Landwirtschaft aufgeworfen werden.
Nach Einschätzung von Professor Robert Sparrow und Dr. Mark Howard wurden den ethischen und politischen Herausforderungen, die sich aus der Automatisierung der Landwirtschaft ergeben, bisher deutlich zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.
Veröffentlicht wurde die Studie im November in der Zeitschrift Precision Agriculture.
Starke Standardisierung in Erzeugung und Verarbeitung

„Obwohl Roboter noch nicht weit verbreitet in der Landwirtschaft eingesetzt werden, wird erwartet, dass Technologien für die Präzisionslandwirtschaft sowie die Automatisierung in der Lebensmittelverarbeitung und -verpackung weiter zunehmen werden", sagte Professor Sparrow. „Wir sehen bereits jetzt die Entwicklung und den zunehmenden Einsatz von GPS-fähigen autonomen Traktoren und Erntemaschinen, von Robotermelkanlagen, automatisierten Molkereien, Obst- und Gemüsesammel-Robotern und Drohnen zum Bestäuben von Pflanzen sowie die Automatisierung in Schlachthöfen und bei der Verarbeitung von mit Lebensmitteln."
Die Autoren stellen aber auch fest: Angesichts der Probleme bei der globalen und lokalen Ernährungssicherung, die vor großen Herausforderungen durch den Klimawandel, Bodenverarmung, Verlust der biologischen Vielfalt, Wasserknappheit und Bevölkerungswachstum steht, könnten Roboter den Landwirten helfen, diese Herausforderungen zu bewältigen. Sie können Ertrag und Produktivität verbessern und gleichzeitig den Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden reduzieren und die Wasserverschwendung begrenzen.
Die Wissenschaftler weisen jedoch darauf hin: Die zunehmende Einführung von Robotern in der Landwirtschaft kann auch schwerwiegende negative Folgen haben, einschließlich Missmanagement beim Einsatz von Chemikalien, Bodenverdichtung aufgrund schwerer Roboter und potenzieller Lebensmittelverschwendung, weil Verbraucher standardisierte oder "perfekte" Produkte erwarten könnten.
Die Automatisierung könnte außerdem zu einer noch stärkeren Standardisierung der Züchtung und Erzeugung durch genetische Veränderung von Kulturpflanzen und Nutztieren führen, damit deise besser für die Ernte und Betreuung durch Roboter geeignet sind.
Kleine Betriebe werden verdrängt – Zentralisierung von Eigentum

Die Wissenschaftler äußerten außerdem die Sorge, dass vor allem kleinere oder in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene Betriebe bei der Einführung der neuen Technologie nicht mithalten können, was zu einer stärkeren Zentralisierung des Eigentums in der Landwirtschaft und der Flächen führen dürfte.
„Es besteht außerdem die Gefahr, dass Roboter die Biodiversität und die ökologische Nachhaltigkeit der Landwirtschaft im Allgemeinen negativ beeinflussen", sagte Dr. Howard. Er fordert deshalb eine Politik, „die die Entwicklung von Robotern fördert, die zur kleinräumigen, lokalen und biologisch vielfältigen Landwirtschaft beitragen und nicht nur die bereits bestehenden und teilweise nicht nachhaltigen landwirtschaftlichen Praktiken zu fördern."
Branchenexperten haben zudem vorgeschlagen, dass Roboter auch zur Verbesserung des Wohlbefindens von Tieren in Tierhaltungsbetrieben eingesetzt werden könnten, für maßgeschneiderte Fütterungs- und Tränksysteme, für die schnellere Identifizierung kranker Tiere und die Verabreichung von Medikamenten. Hinzu kommen humanere veterinärmedizinische Verfahren sowie humanere und effizientere Mittel des Schlachtens.
Weniger Arbeitskräfte benötigt – Herausforderungen beim Tierwohl

„Es muss außerdem anerkannt werden, dass intensive landwirtschaftliche Praktiken naturgemäß erhebliche Herausforderungen für den Tierschutz darstellen", sagte Dr. Howard. „Die Aktivitäten von Robotern können die Probleme beim Tierschutz in der Praxis tatsächlich verschärfen“, sagt der Wissenschaftler.
Positiv haben die Forscher herausgestellt, dass aufgrund der körperlich schweren Arbeit in Landwirtschaft und ihrer saisonalen Natur Roboter für bestimmte Aufgaben wie Unkrautjäten, Obst- und Gemüsepflücken, Lebensmitteltransport und Verpackungsaufgaben entwickelt werden könnten, die die Produktivität und die Menge der auf den Markt gebrachten Produkte erhöhen könnten.
Die Arbeitskosten könnten ebenfalls gesenkt werden, aber dies würde natürlich eine Verringerung der Beschäftigungsmöglichkeiten bedeuten, insbesondere in ländlichen Gebieten, in denen die Beschäftigungsmöglichkeiten knapper sind. Die Forscher weisen auch darauf hin, die Branche müsse auch das potenzielle Risiko berücksichtigen, dass böswillige Akteure versuchen könnten, die Automatisierung auf den Farmen anderer Nationen zu „hacken“ oder Cyberangriffe gegen sie zu starten.
Ganzheitlicher Ansatz gefordert - ethische und politische Folgen

„Die dringende Notwendigkeit, zu nachhaltigeren landwirtschaftlichen Praktiken überzugehen und gleichzeitig die weltweit gestiegene Nachfrage nach landwirtschaftlichen Erzeugnissen zu befriedigen, bedeutet, dass es eine starke ethische Notwendigkeit gibt, zu untersuchen, wie Roboter eingesetzt werden können, um diese Ziele zu erreichen", betonte Professor Sparrow.
„Das Ausmaß der gegenwärtigen globalen Umweltkrise und die damit verbundene Herausforderung für die Ernährungssicherheit legen nahe, dass jede Option in Betracht gezogen werden sollte, um die Nachhaltigkeit der Landwirtschaft zu verbessern."
Die Autoren sagten deshalb, „ein ganzheitlicher Ansatz für die Einführung der Robotertechnologie in der Landwirtschaft sei erforderlich, um zunächst die Bedenken der Öffentlichkeit und die möglicherweise auftretenden sozialen und politischen Auswirkungen sowie die umfassende Berücksichtigung der ethischen und politischen Auswirkungen ihres Einsatzes zu berücksichtigen“.
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